Bethesda – Reston (54 km)
Wir sind angekommen! Nach 33 Etappen mit insgesamt 2127 km durch 11 Bundesstaaten. Schon ein komisches Gefühl, wenn man nach so vielen Tagen auf dem Rad beim Aufwachen feststellt: heute ist der letzte Radfahrtag. Aber der war nicht ohne!
Unser Hotel bot zwar kein Frühstück an, aber im selben Gebäude gab es Starbucks und Brown Bag. Wir haben uns für letzteres entschieden und uns jeder einen Veggie Scramble (Rührei mit rotem und grünen Paprika, Pilzen, Zwiebeln und Feta, dazu Toast) sowie gemeinsam eine Granola Bowl (griechischer Joghurt mit Erd- und Blaubeeren, geröstetem Müsli und etwas Ahornsirup) bestellt und natürlich Kaffee. Das Ganze haben wir draußen auf der Terrasse genossen, wo die Temperaturen noch sehr angenehm waren. Drinnen war es klimatisiert und einfach zu kalt!
Danach zum letzten Mal unser übliches Ritual: Fahrradklamotten anziehen, Taschen zusammenpacken, Wasserflaschen füllen und los geht’s. Ach so: nicht vergessen in den Kühlschrank zu schauen. Da hatten wir noch vier kleine Wasserflaschen eingestellt. Leider haben wir auch schon zweimal unsere leckeren Käsestangen da vergessen.
Unser Hotel lag nur ein paar hundert Meter vom Trail weg, so hatten wir kein Problem mit dem Berufsverkehr.
Es ging zunächst durch den Wald und dann am Potomac entlang nach Georgetown. Hier wurden Erinnerungen an meinen vierwöchigen Aufenthalt 2009 geweckt, denn ganz in der Nähe der Route lag damals mein Hotel und das Kino, indem ich Michael Moores Film „Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“ gesehen hatte, gibt es auch noch. Auch die Restaurants von Washington Habour Waterfront sind noch da, allerdings glaube ich nicht, dass es dieselben von damals sind. Genug der Nostalgie. Die Skulptur am Trail war auf jeden Fall neu. Wir fuhren nun am Kennedy Center vorbei zum Lincoln Memorial. Zahlreiche Schüler- und Touristengruppen waren unterwegs, außerdem wird gerade gebaut. Wir machten ein Foto und beschlossen, unsere Route um eine Runde über die National Mall bis zum Capitol zu erweitern. Zunächst einmal fuhren wir hoch zum Washington Memorial und genossen den Blick auf das Lincoln Memorial auf der einen und das Capitol auf der anderen Seite. Das Angebot einer jungen Frau ein Foto von uns zu machen, nahmen wir gerne an. Eigentlich wollten wir von hier zurückfahren, doch ein Foto von unseren Rädern und uns vor dem Capitol war uns doch noch einen kleinen Umweg wert. Auf der anderen Seite der Mall fuhren wir wieder zurück zum Lincoln Memorial. Dabei erhaschten wir auch noch einen Blick aufs Weiße Haus, in dem heute unser Bundeskanzler zu Besuch sein sollte. Viel war nicht zu sehen, denn es wird mächtig gebaut.
Wir gönnten uns noch eine Pause und aßen den mitgebrachten Obstsalat vom Frühstück. Nun ging es weiter nach Reston, unserer Endstation. Glücklicherweise ging es immer auf separaten Radwegen bzw. Trails entlang. Auf der Theodore-Roosevelt-Brücke war der Trail zwar nur ein normaler Fußweg und das Geländer hätte von mir aus durchaus einen halben Meter höher sein können, aber wir haben den Potomac sicher überquert und das ist es ja, was zählt. Zunächst ging es auf dem Custis-Trail entlang des Potomac vorbei an Roosevelt Island, die nach dem 26. Präsidenten der USA und Begründer vieler Nationalparks Theodore Roosevelt benannt ist. Später verläuft er dann hauptsächlich entlang der Autobahn I-66. Dabei geht es ordentlich bergauf und -ab. Bei der heutigen Hitze von 31 Grad wurde es ganz schön anstrengend. Aber zum Glück hatten wir ausreichend Wasser und Energiereserven in Form von Nüssen und getrockneten Mangos dabei. Der Custis-Trail ging dann in den Washington-Old Dominion (W&OD) Trail über, auf der ehemaligen Eisenbahntrasse der gleichnamigen Eisenbahn, die 1847 unter dem Namen Alexandria & Harper’s Ferry Railroad gegründet wurde. 1860 fuhr der erste Zug, allerdings musste der Bahnverkehr bereits ein Jahr später wegen des Bürgerkriegs wieder eingestellt werden. 1867 ging es wieder los und 1912 erhielt die Bahn ihren jetzigen Namen. Der Bahnverkehr erfolgte zunächst per Dampflok, dann elektrisch und schließlich mit Diesellok. Der Passagierverkehr wurde 1951 eingestellt und der Güterverkehr 1968. 1988 wurde der heutige Trail fertiggestellt. In Vienna sind noch eine alte Lok und das Bahnhofsgebäude zu sehen. Wir trafen einen Radler, dessen Shirt die Aufschrift Trail Patrol trug. Wie wir erfuhren, fährt er den Trail regelmäßig ab, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Als Langstreckenradler auf dem Greenway wollte er uns auch in seinem Bericht erwähnen. Wir sprachen noch über unsere Tour und das Radfahren im Allgemeinen. Mit guten Wünschen verabschiedeten wir uns.
Nun waren es nur noch ein paar Kilometer bis zum Fahrradladen Bike Lane, wo wir mit Birgit, unserer Freundin und Gastgeberin für die nächsten zwei Tage verabredet waren. Birgit hatte sich schon lange vor unserer Ankunft bei Bike Lane erkundigt, ob wir Kartons für den Rücktransport unserer Fahrräder bekommen können. Doch zunächst einmal setzen wir uns in den dazugehörigen Biergarten. Bei einem kühlen alkoholfreien Bier hatten wir uns viel zu erzählen. Die Kartons konnten wir später abholen. Während ich mich stadtfein machte und schon anfing zu schreiben, zogen Steffen und Birgit nochmal los, die Kartons zu holen.
Nach leckerem Lime Key Pie und unserer mitgebrachten und weitgereisten Schwarzwälderkirschkuchen aus der Dose (ein Silvestergeschenk von Freunden) machten wir noch einen Stadtbummel durch Downtown Reston, den wir mit einem Abendessen bei Makers Union beschlossen.