Reston und Alexandria

Unseren letzten vollen Urlaubstag verbrachten wir mit Birgit, die sich extra für uns freigenommen hatte. Nach einem gemütlichen Frühstück in ihrem Appartement in Reston und einer Führung durch das Gebäude gingen wir zur nahegelegenen Metrostation, um nach Alexandria, einer alten Hafenstadt am Potomac zu fahren. Die Fahrt mit der Metro dauerte ziemlich lange; wir stiegen in Rosslyn von der Silver Line in die Blue Line um. Von der Station aus sah man das George Washington Masonic National Memorial, ein Denkmal für den praktizierenden Freimaurer, das 1922 errichtet und übergreifend von 52 Freimaurerlogen finanziert wurde. Vor der Metrostation in Alexandria stand ein historischer Trolleybus. Dieser fährt als Shuttle kostenlos Besucher in die Altstadt, mit mehreren Stopps die King Street entlang bis fast zum Hafen. Auch wir nutzten den Service, fuhren bis zur Endstation und genossen noch die Klimaanlage, denn es war schon ziemlich warm.

Alexandria wurde 1749 als Hafenstadt am Potomac begründet. Benannt ist die Stadt nach der schottischen Kaufmannsfamilie Alexander, denen der Grundbesitz auf dem späteren Stadtgebiet gehörte. Die Stadt wurde schachbrettartig angelegt und ein großer Teil der Gebäude aus der Kolonialzeit und dem Bürgerkrieg sind erhalten und viele, zumindest entlang der King Street, beherbergen kleine Läden, Cafés, Restaurants und Eisdielen. Da konnten wir nicht widerstehen und gönnten uns eine „kleine“ Portion. Zunächst gingen wir aber zum Hafen, der heute allerdings nicht mehr für den Export von Tabak, Weizen und anderen Waren genutzt wird. Hier liegen Segel- und Motorboote, ein Ausflugsdampfer im Stil der Mississippi-Dampfer. Und von hier fährt auch eine Fähre nach Washington D.C.

Zunächst gingen wir aber in die ehemalige Torpedofabrik, in der nun – kreativ statt destruktiv – auf drei Etagen zahlreiche Künstler ihre Atelier-, Ausstellungs-/Verkaufsräume haben. Hier finden sich alle möglichen Stile, Motive und Objekte: viel Malerei, Fotografie aber auch Schmuck und Kunsthandwerk. Von einem Gemälde blickte uns der aktuelle Präsident als „grim reaper“ (Sensenmann) mit Sense und Kapuze an – hinter ihm die Erde mit grellroten Corona-Eruptionen. Laut Begleittext entstand das Bild in Trumps erster Amtszeit und spielt darauf an, wie der Rat der Experten ignoriert und Schutz-Maßnahmen nicht oder zu spät getroffen wurden.

Insgesamt hatte sich der „kostenlose Galeriebesuch“ gelohnt. Von den Bildern konnten wir leider keine mitnehmen, Birgit entschied sich daher für ein Kunstwerk im Kleinformat – Kette mit Anhänger – einer armenischen Künstlerin, mit wir nicht nur über Schmuckgestaltung sondern auch darüber sprachen, wie sich die Weltlage gerade gestaltet.

Zurück ging es jetzt die King Street entlang, die für den Autoverkehr abgesperrt war. Am unteren Ende sorgte ein junges Streicherduo für musikalische Untermalung, weiter oben spielte ein Mann mit E-Gitarre Rockklassiker.

Wir bummelten durch die kleinen Läden mit Souvenirs und anderen netten „Staubfängern“ und Kleidung, und fanden beide auch etwas. Zwischendurch eine kleine Kaffeepause im französischen Café; im „Restroom“ konnte man die französischen Zahlen lernen.

Ein wenig Geschichte musste noch sein und so gingen wir zur Christ Church aus dem Jahre 1775, wo George Washington regelmäßig den Gottesdienst besuchte. Das Innere der Kirche konnten wir nicht besichtigen; sie war leider schon geschlossen.

Inzwischen hatten wir wieder den Bahnhof erreicht und wir machten uns mit der Metro auf den Rückweg. Angesichts der Metro ließ uns ein Problem noch keine Ruhe: Wie sollten wir morgen unsere Fahrräder mit den Kisten (in die wir sie für den Heimflug verpacken mussten) und unserem Gepäck zum Flughafen kommen. Nach etwas online-Recherche buchte ich kurzerhand über Expedia einen Pick-Up als Mietwagen, mit dem wir die großen Kisten und unser Gepäck morgen zum Flughafen fahren können. Mit Birgit fuhr ich direkt zum Flughafen durch, meine Birgit stieg früher aus und ging schon mal zur Wohnung, um nötigenfalls mit meinem Pass nachzukommen. Bisher wurde er nur einmal verlangt (Führerschein als ID wurde von den meisten Hotels akzeptiert) und laut Buchungsbestätigung brauchte ich für die Mietwagenfirma nur Führerschein und Kreditkarte.

Von der Metrostation nahmen wir den Fußweg zum Terminal, von da das Rental Cars Shuttle zu Alamo. Dort wollte man aber doch den Pass sehen und so kam Birgit mit dem Pass hinterher.

Nach Startschwierigkeiten (Wo zum Teufel ist der Hebel zum Umschalten von „Park“ auf „Drive“?) rollten wir mit dem Pickup zu Birgits Wohnung, stellten ihn ab und gingen Abendessen. Das Lieblingsrestaurant von Birgt heißt in Anspielung auf die Gründerväter der USA leicht abgewandelt „Founding Farmers“ und bezieht seine Produkte direkt von Farmern und hochprozentige Getränke aus eigener Brennerei. Bier gab’s leider heute nicht wegen Problemen mit der Zapfanlage. Also beschlossen wir unseren Urlaub mit einem Cocktail zu leckerem Essen. Morgen ist Packtag.