Columbia – Glen Rock (52,4 km)

Heute stand uns eine relativ kurze Etappe bevor, vor allem wegen der dünn gesäten Unterkunftsmöglichkeiten. Ein Campingplatz war von der Etappenlänge und der nicht zu großen Abweichung von der Route günstig gelegen und hatte auch Plätze für normale Zelte. Außerdem konnte man auch online buchen. Allerdings war selbst für Zelte eine Mindestübernachtungsdauer von 2 Nächten vorgegeben (Warum??!!), so dass wir nicht buchen konnten. Und wenn wir richtig gelesen haben, dann zum Preis von 73 $! Telefonisch war leider niemand zu erreichen. Nach unserer Erfahrung mit dem ersten Zeltplatz wollten wir kein Risiko eingehen und beschlossen im Glen Rock Mill Inn zu übernachten, dem einzigen Hotel nahe der Route und in beherrschbarer Entfernung, allerdings nur buchbar über Airbnb. Also dort noch schnell angemeldet und gebucht.

Von unserem Hotel aus fuhren wir erst einmal die Hauptstraße entlang zum Ortskern von Columbia. Uns fiel am Rande eine schöne alte Straßenuhr auf. Um die Ecke befand sich auch das Clock and Watch Museum mit sicher sehr interessanten Uhren, aber eher für Fans. Mit Blick auf unsere eigenen Uhren verzichteten wir. Jetzt ging es auf die lange Wrights Ferry Bridge über den Susquehanna River. Für die Überquerung brauchten wir schon eine Weile, zum Glück war die Brücke breit genug, so dass wir Platz hatten und in Ruhe fahren konnten. Auf der anderen Seite lag Wrightsville. Bis hierhin waren im amerikanischen Bürgerkrieg am 28. Juni 1863 die Südstaaten-Truppen unter General John Gordon vorgerückt und hatten die unerfahrenen Milizsoldaten vertrieben. Letzere setzten die Brücke in Brand und verhinderten so den weiteren Vormarsch der Konföderierten. Die Südstaaten-Soldaten halfen der Bevölkerung und verhinderten so ein Übergreifen der Flammen auf die Stadt, als der Wind gedreht hatte. Mary Jane Magee bereitete General Gordon und seinen Offizieren zum Dank ein Frühstück für die Rettung ihres Hauses. Auf die Frage des Generals auf wessen Seite sie denn stünde, bekannte sie aber offen ihre Sympathie für den Norden, zumal ihr Mann ja als Arzt in der Unionsarmee diente. Mit Respekt für dieses mutige Auftreten verließen alle Männer das Haus, berichtete General Gordon.

Wir fuhren mit Respekt vor dem Anstieg weiter. Bis East York ging es leider schnurgerade auf der Hauptstraße entlang; wir hatten schon Angst das historische Zentrum von York zu verpassen. Aber wir fuhren geradewegs darauf zu, vorbei am Haus von William C. Goodridge, einem ehemaligen Sklaven, der es zu einem erfolgreichen Yorker Geschäftsmann gebracht hatte. Er ließ Yorks erstes fünfstöckiges Haus errichten und betrieb 13 Bahnwaggons, die maßgeblich auch der „Underground Railroad“ zur Sklavenbefreiung und Flucht dienten.

So langsam war es Zeit für eine Pause, am besten draußen in der – ja richtig – Sonne. Wir genossen einen leckeren Salat und eine Limonade. Dann schoben wir noch ein wenig die Räder und konnten so auch noch ein bisschen die Stadt wirken lassen. Das York History Center hat montags leider geschlossen, aber es gab immer wieder einige Tafeln und Hinweise zu historischen Begebenheiten.

Hier in York, im ehemaligen Provincial Courthouse tagte der Continental Congress von September 1777 bis Juni 1778, hier wurden Verträge mit Frankreich geschlossen und die Articles of Confederation verabschiedet, in denen erstmals der Begriff „United States of America“ auftauchte – weshalb sich York als eigentliche erste Hauptstadt sieht.

Ein weiteres historisches Gebäude, die Taverne „Zum Goldenen Pflug“, gebaut in deutscher Fachwerktechnik zur Zeit der frühen Besiedelung von York um 1741 von Martin Eichelberger, war 1778 das Quartier von General Horation Gates. General Gates intrigierte beim Congress gegen Washington und versuchte Conway als Konkurrenten aufzubauen. Die sogenannte Conway-Kabale war aber durchkreuzt, als General Lafayette einen Trinkspruch auf den Oberbefehlshaber Washington ausbrachte und damit die fortdauernde Unterstützung Frankreichs für Washington deutlich machte. Deswegen steht ein französischer General vor der Taverne in York. (Damals war Alkoholtrinken auf der Straße wohl noch geduldet….?)

Wir waren mit unseren Rädern bis zum York County Heritage Rail Trail „spaziert“, auf dem wir nun bis zu unserem Ziel quasi „durchrollen“ können. Der Trail führt neben einem stillgelegten Eisenbahngleis (nur auf einen Stück kann man mit der Fahrraddraisine fahren) auf schön schattigen Wegen, zwischen Feldern, an ehemaligen Bahnhöfen und durch Tunnel.

Unterwegs ein kurzer Abstecher zum Lidl – einziger Lebensmittelladen an der Strecke – und weiter. Wir treffen andere Radler und Spaziergänger und … Steifenhörnchen, die immer wieder wahnsinnig flink unseren Weg kreuzen. Aber dann habe ich eines mit der Sporteinstellung der Kamera sogar im Sprung erwischt!

Plötzlich ist der Trail gesperrt, so wie es uns bereits zwei ältere Radfahrerinnen angekündigt hatten. Aber es war nur eine kurze Strecke an einer Brücke. Eine der Frauen ließ es sich aber nicht nehmen uns die Umfahrung zu zeigen, die ihr der Arbeiter an der Strecke beschrieben hatte. Und sie erzählte vom „Wasserseelsorger“, der kostenlos in einer Kühlbox Wasser an der Strecke bereitstellt. Und da war sie auch schon…

Unser Inn liegt direkt am Trail, allerdings alle Türen verschlossen. Der Vermieter hat die Telefonnummer des „Concierge“ George geschickt, der uns auch nach dem Anruf freundlich öffnet. Da wir die einzigen Gäste sind – leider hat das Restaurant geschlossen – können wir die Räder mit allem, was wir nicht im Zimmer brauchen, im Vorraum lassen.

Nach dem „Erfrischungsritual“ gehen wir nochmal los; ein Laden bietet regionale Produkte direkt vom Erzeuger an. Da wir nichts zum Kochen brauchten, entscheiden wir uns bloß für Salate für morgen zum Mitnehmen, ein Stück Käse und handgemachte „Pretzel“ (Brezeln) – die sich allerdings als Enttäuschung erweisen sollten.

Außer dem Inn gibt es im Ort leider keine andere Lokalität zum Abendessen. Also blieb nur noch den Convenience Store an der Tankstelle. Dort holen wir uns ein Sub (ein Baguette) und noch einen Joghurt für morgen.

Zu Abend speisten wir dann im Wohnzimmer unserer „Suite“, bevor die Chronistenpflicht ruft… Ja, ich komme ja schon …