Hull – Fähre

5,6 km

Heute gab es ein Continental Breakfast. Das bestand aus Bagel, Toast, Croissants, gekochtem Ei, Aufschnitt, Käse, Müsli, Joghurt, Früchten. Also ganz OK. Die Kaffeemaschine (mit Kapseln) ist schon aus ökologischen Gründen eine Katastrophe, ihre Bedienung war es nicht minder. Auch Besteck und Geschirr schienen abgezählt, naja. Es ist halt nichts perfekt. Wir wurden satt und dank des netten Hotelpersonals konnten wir unsere Räder und Fahrradtaschen bis zum Nachmittag im Hotel lassen. So konnten wir unbelastet die Stadt erkunden. Nicht weit weg vom Hotel war eine Bushaltestelle, von der wir mit jedem Bus in die Innenstadt kamen. Wir wollten zunächst zu den Queens Gardens, doch da wurde umfangreich gebaut, also Fehlanzeige. Stattdessen gingen wir in die Altstadt. In einer Einkaufsstraße sahen wir einen HMV, früher die Adresse für CDs, Videos etc. Wie waren erstaunt, das es die überhaupt noch gibt. Wir wollten schon reingehen, als wir gegenüber ein Buch- und Musikladen entdeckten. Daran kamen wir nicht vorbei, schließlich waren wir ja bisher gepäckmäßig sehr eingeschränkt. Wir fanden tatsächlich einige Schätzchen und kamen auch mit dem Inhaber ins Gespräch. Zum Geschäft gehört noch ein Kaffee, ein Musiklabel und über dem Geschäft ein kleiner Konzertsaal. Heute erwartete er noch seinen Namensvetter Gary Marx, Sänger und Gitarrist der Band Sisters of Mercy zum Gespräch für eine Platte die er unter dem Label herausbringen wollte. Er erzählte, dass er die Band in den 80er Jahren mal auf einem Konzert in Ahlen gesehen hat, auf einem Festival. Hauptsächlich erinnerte er sich, dass es geregnet hat und alles sehr matschig war. Als er dem Musiker erzählte, dass er sogar Fotos von diesem Auftritt hat, sagte der nur, dass er sich kaum daran erinnert, weil er sehr viel getrunken hat und auch schlecht gespielt hat, ein paar Lieder hat die Band wohl ohne ihn gespielt. Das waren noch Zeiten… Aber wir unterhielten uns auch über die wirtschaftliche Lage in Deutschland und England, über die Rolle von social media, etc. Es war ein tolles Gespräch, das auch noch viel länger dauern könnte, doch leider mussten (oder wollten) wir uns noch etwas von der Stadt ansehen. Als nächstes kamen wir zum Princess Centre, einer Shopping Mall aus Glas, die von außen ganz nett aussah, aber einen trostlosen Eindruck machte, da viele Geschäfte (noch?) geschlossen waren. Am anderen Ausgang kamen wir über eine Fußgängerbrücke zur Marina. Hübsch anzusehen, mit Backsteinhäusern drumherum und vielen Segelbooten. Uns zog es wieder in die Altstadt. Wir kamen zum Münster. Wie auch in der Cathedral von Durham standen am Eingang mehrere Männer und Frauen mit lila T-Shirts, die die Besucher begrüßten und gern für Fragen zur Verfügung standen. Eine Dame sprach uns an und war ob unserer Reise so erstaunt, dass sie dies gleich ihren KollegInnen erzählte. Sie bedauerte, dass es keine Broschüre auf deutsch gab, aber das war für uns kein Problem. Wir sahen uns um. Was mich neben den in alten Kirchen üblichen kunstvoll gestalteten Decken, Fenstern und Säulen besonders beeindruckte war die Tatsache, dass hier offensichtlich ein aktives Gemeindeleben praktiziert wird. Die Leute sprachen miteinander, es gab sogar eine Sitzecke und ein Café.

Unser weiterer Spaziergang führte uns zum Museumsquartier. Da wir nicht viel Zeit hatten, wollten wir eigentlich nicht ins Museum gehen, aber dann wurden wir doch neugierig, zumal der Eintritt in alle Museen frei ist. Zuerst gingen wir ins Hull and East Riding Museum. Hier wurde anschaulich die Geschichte der Region von der Steinzeit über die Kelten und Römer bis zum englischen Bürgerkrieg dargestellt. Es gab viele Dioramen, die das Museum besonders für Familien mit Kindern interessant machten. Beeindruckend auch ein 2300-Jahre altes Boot, das nach einem Erdrutsch von einem Teenager entdeckt wurde. Für ein inzwischen recht zerzaustes Mammut namens Mortimer wurde um Spenden für die Restaurierung geworben. Das Streetlife Museum beschäftigt sich vor allem mit der Entwicklung des Verkehrs in der Region. Die ausgestellten Fahrzeuge, von der Doppelstockstraßenbahn bis hin zu den ersten Motorkutschen, sind auf jeden Fall den Besuch wert. Doch es gibt auch alte Spielautomaten und Geschäfte zu bestaunen. Vor einem Süßwarengeschäft aus guter alter Zeit warnten uns drei ältere Damen: Der Service sei schlecht; sie hätten schon eine Stunde auf Bedienung gewartet aber es kam niemand.

Das dritte Museum ist das Geburtshaus von William Wilberforce. Er wurde 1759 geboren und wurde später Abgeordneter des British Parliament. Er setzte sich sein ganzes Leben lang für die Abschaffung von Sklaverei und Sklavenhandel ein. Das Museum zeigt einerseits die Geschichte des Hause, aber auch eine Ausstellung über Sklaverei und Sklavenhandel zu verschiedenen Zeiten und in verschieden Regionen der Welt.

Soviel Input macht hungrig. Laut Reiseführer sollte man unbedingt im Pub Ye Oude White Harte essen und die Atmosphäre genießen. Leider gibt es kein Essen mehr und nach einem Bier war uns um diese Zeit nicht. So schauten wir nur kurz herein, es war wirklich sehr urig. Wir sind schließlich bei Bob Carver’s gelandet, einer Art Fisch-Fastfood-Restaurant mit einer langen Tradition seit 1888, als der Namensgeber mit Fisch handelte. Der Fisch (Scholle bzw. Seezunge) schmeckte wirklich toll, nur schade, dass alles immer in Bierteig und mit Chips (Pommes) serviert wird. Zum Abschluss gingen wir wie bei jedem Urlaub in UK noch zu Waterstones. In Edinburgh und Durham konnten wir ja aus Transportkapazitätsgründen keine Bücher kaufen, aber jetzt waren wir ja praktisch schon fast zu Hause und konnten so die ausgesuchten Bände mitnehmen. Noch einen Kaffee und ein Stück Torte und dann ging`s zum Bus. Im Hotel holten wir unser Räder und das Gepäck ab, verstauten die Einkäufe. In der Nähe vom Hotel gab es einen riesigen Supermarkt. Dort holte ich noch etwas zum Abendbrot. Dann folgten wir ein letztes Mal der Beschilderung des Trans Pennine Way (und dann wieder „unseres“ Radwegs Nr. 1) für die fünf Kilometer zur Fähre. Grenzkontrolle und Einchecken gingen schnell, dann noch eine letzte Anstrengung die Rampe hoch auf die Fähre, denn die Fahrradplätze waren auf Deck 7. Wir banden die Räder fest, nahmen unser Gepäck für die Nacht und gingen in unsere Kabine. Die Fähre sollte erst halb neun auslaufen, also in knapp drei Stunden. Wir erkundeten erstmal das Angebot im Duty Free (nichts besonderes) und gingen dann auf das Sonnendeck wo wir uns ein vorzeitiges Auslaufbier bzw. -cider genehmigten