Bridglington – Hull

61,6 km

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Unsere Herberge für eine Nacht – das Brunswick Hotel – war nicht gerade luxuriös; vor allem aber gab es kein Frühstück. Die junge Frau an der Bar, bei der wir gestern eincheckten, hatte uns aber versichert, dass am Morgen jemand um 08.00 Uhr da sein werde, um uns unsere Räder aus der Garage herauszugeben und unseren Zimmerschlüssel zum Checkout abzunehmen

Also beeilten wir uns und hatten rechtzeitig alle Gepäckstücke unten und warteten. Inzwischen war schon 08.20 Uhr und niemand in Sicht. Ich hatte schon an allen beiden Pubtüren geklopft und die Telefonnummer des Hotels angerufen aber niemand da. Eigentlich wollten wir ja zeitig los, damit wir noch gemütlich irgendwo frühstücken konnten. Aber eine letzte Chance hatten wir noch: an eine Tür auf dem Weg zu den Zimmern stand an einer Tür mit Glasfenster „Private“. Ich klopfte dort noch einmal und nach einiger Zeit sah ich einen Schatten, der die Tür öffnete. Einem ein wenig verschlafen wirkenden jungen Mann erklärte ich das Problem, nachdem er die Frage obe er für das Hotel arbeite bejaht hatte. Er versprach jemanden anzurufen. Es tat sich aber noch nichts; ich ging noch einmal rein, er öffnete mit dem Handy in der Hand und sagte er versuche den Manager zu erreichen, dann hatte er ihn erwischt und ich hörte etwas von „five minutes“. Und wirklich es kam jemand und öffnete uns die Garage. Ich drückte ihm den Zimmerschlüssel in die Hand, wir beluden schnell die Räder und weg waren wir. Wenige Straßen weiter hatte das Boathouse Café schon geöffnet. Wir entschieden uns für ein nicht-so-ganz Standard Breakfast (inklusive Tee, sehr günstig) und kamen dann halb zehn los – gar nicht so spät wie befürchtet. Nach dieser ganzen Aufregung war unser Kreislauf schon gut hochgefahren und wir rollten auf Nebenstraßen mit mäßiger Steigung gut voran. Nächstes Ziel war ein Landsitz aus Zeiten Elisabeth I. – Burton Agnes Hall and Gardens.

Das Anwesen öffnet erst 11.00 Uhr für Besucher aber die St. Martins Church war schon geöffnet. So ganz allein waren wir doch nicht – die Orgel war schon besetzt 😉 (siehe Fotogalerie)

Hier sind auch die ersten Herren von Burton Agnes beigesetzt. Sir Henry Griffiths Kopf ruht auf einem stilisierten Frauenkopf. Wahrscheinlich ist dies eine Anspeilung auf das tragische Schicksal der Tochter, die einem Raubüberfall zum Opfer fiel und gebeten hatte, dass wenigstens ihr Kopf nahe dem Haus vergraben werden solle, das sie so geliebt hat. Ihr Wunsch wurden nicht beachtet und daher, so heißt es, spukte der Geist von Anne noch lange im Haus herum.

Der Bau des Hauses wurde 1598 in Auftrag gegeben und Vieles aus dieser Zeit ist noch erhalten: typische etlisabethanische Holzschnitzereien, Stuck, Kamine sonstige Dekorationen, das Treppenhaus aus Eiche sowie etliche Möbel und Einrichtungstücke aus dieser Zeit, zum Teil aus anderen Landsitzen „stilecht hierher verpflanzt“. Aber auch die „modernisierten“ Räume aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind beeindruckend. Außerdem schmückt sich das ganze Haus mit Gemälden: Auftragswerke flämischer und holländischer Meister, Porträts und Szenen aus der englischen Schule und einer beindruckenden Zahl impressionistischer Werke, darunter Renoir aber auch andere Maler aus der Gruppe von Pont d’Avon (Mackie u.a.). In der lichtdurchfluteten Galerie, die über die ganze Länge des Hauses geht, saß eine Aufsicht, die sich die Zeit mit Sticken vertrieb und größeres Tuch kunstvoll verzierte. Birgit kam gleich ins Fachsimpeln und konnte so auch gleich die Neugier der Lady wo wir herkämen befriedigen. Nein, es war keine Frau mit einer Spindel, die Rosen um das Schloss sind auch normal hoch gewachsen und Birgit konnte den Rundgang in wachem Zustand fortsetzen.

Der Garten ist sehr weitläufig; neben dem üblichen „Walled Garden“ gibt es auch ein Labyrinth, Waldstücke und eine große Wiese mit Wasserpiel.

Wir warfen einen Blick in den mauerumsäumten Garten und genehmigten uns ein Eis aus dem Café.

Der Landsitz ist jetzt im Besitz einer Stiftung, wird aber noch von den Nachkommen bewohnt.

Das einzige so gut erhaltene normannische Herrenhaus hatten wir gleich nach der Kirche besichtigt, also schwangen wir uns wieder auf unsere Räder.

Jetzt verabschiedeten wir uns vom Radweg Nr. 1 und fuhren weiter auf dem National Byway, der näher an der Küste entlang führte. An einem Feldrain stießen wir auf ein Denkmal für die 158. Fliegerstaffel der Royal Air Force, die im 2. Weltkrieg Einsätze vom Lisett Airfield geflogen sind. Die Flieger-Silhouetten aus unbehandeltem Eisenblech stehen inmitten einer englischen Wildblumenwiese wie es sie 1941 noch allerorten gab.

Auf unserem Weg über Land zur Küste gab es noch die eine oder andere Steigung zu überwinden, aber das Höchste waren 93 m. In Hornsea, an der Küste, dann der übliche Trubel in englischen Seebädern: Eis- und Imbisstände aber auch „Amusement“ (Spieplautomaten u.ä.). Eigentlich hatten wir überlegt kurz mal ins Wasser zu springen. Aber der recht volle steinige Strand erschien uns nicht sehr einladend. Aber hier begann der Trans Pennine-Trail, der von der Nordsee bis zur irischen See bei Southport führt – und das größtenteils ohne Verkehr auf ehemaligen Bahnstrecken. Früher sind die Menschen den Industriesträdten mit schlechter Luft mit Eisenbahn vor an die Küste entflohen. Heute rollen Blechlawinen dahin. Aber uns als Radler freut’s dennoch. Wir konnten so die letzte Etappe auf britischem Boden richtig genießen und auf seperater Strecke bis hinein nach Hull fahren. Einzige Hürde: wir mussten nur noch über eine große Kreuzung zum Cornmill Hotel.

Da wir morgen noch genug Zeit für die Stadt hatten, gingen wir in der Osteria in unserem Hotel Abend essen – einmal keine Pommes zum Essen!