Walkmill Campsite – Whitley Bay

60,5 km

Unsere erste Nacht im Zelt haben wir gut verbracht, und auch die Packroutine stellte sich schnell wieder ein. Zuerst einmal nutzten wir den kleinen Shop, um uns mit Joghurt, Müsli und Milch zu versorgen. Da die Miniküche über Wasserkocher verfügte, mussten wir nicht mal unseren Kocher anwerfen, um Kaffeewasser zu machen. Während Zelt und Schlafsäcke auslüfteten, frühstückten wir und überlegten, wie weit wir heute fahren wollten. Der nächste für uns erkennbare Zeltplatz am der Nordseeradweg war wohl Sunderland. Das wären mindestens 80 km, zu viel nach den gestrigen Strapazen. Vielleicht sehen wir ja unterwegs noch was, so nach 50-60 km.

Als wir alle Sachen verstaut und unseren Obulus für die Waren aus dem Shop in der Kasse der Vertrauens bezahlt hatten, machten wir uns auf den Weg. Um die Brücke einschließlich Treppen und steilen Anstieg auszuweichen, müssten wir einen größeren Umweg fahren. Mit Sprüchen wie „no risk, no fun!“ oder „no gain without without pain“ sprachen wir uns Mut zu und wählten die kurze, aber anstrengende Strecke. Nachdem wir so unseren Kreislauf ordentlich in Schwung gebracht hatten, ging es ganz gemächlich auf einem separaten Radweg zwischen dem Fluss Coquet und der A1068 nach Amble voran. Wir kamen zu einem kleinen Hafen mit zahlreichen hübschen kleinen Hütten, in denen Souvenirs, Café, Pies, Räucherfisch und Bootstouren angeboten wurden. Wir überlegten kurz, ob wir was essen sollten, doch dann entschieden wir uns, lieber etwas für ein Picknick mitzunehmen. Unsere heutige Strecke führte oft nah an der Küste entlang, so zum Beispiel durch das Naturreservat Druridge Bay. Wir hielten an einem Parkplatz, um hoch auf die Düne zu steigen und einen Blick in die Bucht zu werfen. Dabei kamen wir mit einer Frau ins Gespräch, die häufig durch ein Fernglas auf das Wasser schaute. Auf meine Frage, ob sie schon besondere Vögel gesichtet hat, antwortete sie, dass sie auf Delfine hofft, die sich hier zeigen sollen. Das erinnerte mich an den ersten Teil unserer Nordseetour, wo bei bei Cromarty mit eintreffender Flut auch zahlreiche Delfine ganz nah vom Ufer aus zu sehen waren. Da war die Dame vor ein paar Wochen auch gewesen und hatte sich das angesehen. Wir verabschiedeten uns und wünschten einander noch einen schönen Tag. Als wir zu unseren Rädern kamen, wurden wir noch von einem englischen Ehepaar auf unsere Räder, das Gepäck und unsere Route angesprochen. Wir schwärmten von unserer Strecke und den tollen Erlebnissen, sagten aber auch wie schade es sei, dass es entlang der Route kaum Campingplätze gab, wo Zelte erlaubt sind. Die beiden hatten einen Campervan und waren nur für den Tag hier an der Küste, da sie in der Nähe von Alnwick wohnten. Sie wollten uns gerne helfen, aber auch ihre Handysuche zeigte keine geeigneten Campingplätze. Da kann man nichts machen. Wir fuhren weiter und genossen erstmal den Tag und die tolle Strecke. An einem kleinen Weiher mit Kühen und Enten fanden wir eine Bank für unser Picknick und verspeisten die leckeren Pies. Natürlich hat jede schöne Strecke auch ihre nicht so schönen Seiten, hier waren es große Industriegelände, die uns lange Umwege aufzwangen. Dazu mussten wir auch ein paar Mal stark befahrene Straßen überqueren. Glücklicherweise gab es Verkehrsinseln, so dass wir immer gut und sicher die andere Seite erreichten. Hinter Cresswell sprach uns eine Dame an, ob wir am Woodhorn Museum vorbeigekommen waren, das sie suchten. Es gäbe dort interessante Ausstellungen über Bergbau und die Ashlington Group, eine von 1934-84 hier ansässige Künstlergruppe aus Bergarbeitern. Wir hatten das Museum noch nicht gesehen, aber es musste noch kommen. Als wir dann den Abzweig sahen, entschlossen wir uns, das Museum zu besuchen. Es befand sich auf dem Gelände einer Grube und war sehr weiträumig angelegt. Es gab etliche zahlreiche Informationen über die Geschichte der Grube von ihren Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts bis zu den Bergarbeiterstreiks 1984-85. Neben Originalgebäuden und -anlagen gab es eine sehr interessante Ausstellung, die das Leben der Kumpel und ihrer Familien sehr realitätsnah beschrieb und auch auf zwei furchtbare Grubenunglücke einging, die sich hier ereignet hatten. In der Folge gab es zwar Verbesserungen in Bezug auf die Sicherheit der Kumpel, aber das Leben blieb hart. Das wird meiner Meinung nach auch sehr realistisch in den britischen Filmen Billy Elliot und Brassed Off dargestellt. (Wer sie nicht kennt, unbedingt anschauen!) Wir sahen uns noch die ausgestellten Bilder der Ashlington-Maler an und gönnten uns zum Schluss noch einen Kaffee und Chocolate Fudge Cake im Café.

Da uns inzwischen klar war, dass es mit Zelten wohl nichts mehr werden würde, buchten wir uns ein Zimmer in Whitley Bay. Bis dahin waren es nach 30 km, eine machbare Distanz. Bei Blyth mussten wir noch mal einen riesigen Bogen um den Hafen und das Industriegelände (hier wurden Seekabel hergestellt und hinter dem Zaun lagerten riesige Kabeltrommeln) fahren. Es gab zwar mal ein Hinweisschild auf eine Fußgängerfähre, aber unsere Internetrecherche hat nichts ergeben und so fuhren wir, und fuhren und fuhren…. Schließlich kamen wir doch noch nach Blyth und von da an ging es wieder schön an der Küste lang. Es gab einen neugestalteten Fuß- und Radweg, der auch sehr gut genutzt wurde. Wir sahen schon die Stadt Whitley Bay, da passierte es. Ich war etwas zu schnell und knapp um die Kurve gefahren und meine hintere Tasche blieb an einem großen Stein hängen. Ich spürte wie in Zeitlupe, wie ich mich hinpackte. Steffen war ganz erschrocken. Als ich mich erstmal auf den Weg setzte, um zu sehen, ob ich mich verletzt hatte, kam auch schon ein älterer Herr aus seinem Auto und fragte, ob er helfen könne. Ich hatte wirklich Glück gehabt, bis auf ein paar Schrammen am Ellbogen ist mir nichts passiert und auch mein Fahrrad hat den Sturz gut überstanden. Nur meine schöne Treckingbluse, die mich seit nunmehr über zehn Jahren auf jeder Radtour begleitet hat, hat ein Loch bekommen, schade. Nach einer kurzen Pause auf den Schreck fuhren wir weiter und erreichten bald Whitley Bay. Nachdem wir unser Zimmer bezogen und uns frisch gemacht hatten, suchten wir uns ein Restaurant zum Abendessen. Schließlich kamen wir zu Hinnes. Es war nicht groß, aber sehr hübsch mit einer sehr abwechslungsreichen Speisekarte, angekündigt als authentic Geordie (=Region Newcastle) food. Das Essen war hervorragend.