Beal – Walkmill
75,3 km
Was hat dieser Songtitel von Simon & Garfunkel mit unserer Radtour zu tun? Dazu kommen wir noch. Aber wenn ich so an die ersten Kilometer nach Verlassen des Lindisfarne Inn denke, da kam mir ein ganz anderer Titel in den Kopf: aber anstatt „Time after Time“ war es eher „Climb after Climb“. Ein Anstieg nach dem anderen brachte uns tolle Ausblicke auf die Felder, Wälder und Wiesen Northumberlands, aber auch unsere Muskeln und Kreislauf zum Arbeiten. Der Radweg führte nämlich die längste Zeit im Landesinneren entlang – Lindisfarne und das Meer grüßten von ferne. Auch das beeindurckende Bamburgh Castle war gut zu sehen – wir sparten uns den Umweg dorthin. Die heutige Anlage geht auf die Normannen zurück, frühere Bauten als vermeintliche Hauptstadt des Königreiches Northumbria fielen den Wikingern zum Opfer. Seit dem 19.Jahrhundert ist die Burg im Besitz der Armstrong-Familie, die viel Geld und Mühen in die Restaurierung gesteckt hat.
Jetzt ging es mal in Schussfahrt auf die Küste zu; wir erreichten Seahouses, einen ehemaligen Fischerort, der nun von Ausflüglern bevölkert wird, von denen viele eine Bootsfahrt zu den Farne Islands unternehmen,
Wir schauten uns das Treiben von Weitem an und genossen ein Krabbensandwich. Nach einem kleinen Einkauf für ein späteres Picknick fuhren wir weiter. Eine erste Pause machten wir auf Bernards Bank, getreu dem darin eingeschnitzten Motto „All you need ist love and time in Embleton“. Von Ferne grüßte schon das nächste Castle, die Burgruine von Dunstanburgh Castle, die wir vom Küstenpfad, der aber weit oberhalb der Küste verlief, gut sehen konnten. Auch wenn es wieder einen Rückweg bergan bedeutete, machten wir den kleinen Schlenker in das ehemalige Fischerdorf Craster. Auch hier viele Ausflügler, zum Teil eingehüllt in den duftenden Rauch einer traditionellen Fischräucherei. Der Hafen wurde übrigens 1906 im Gedenken an Captain Craster gebaut, der 1904 in Tibet gefallen war.
Nachdem wir wieder „geklettert“ waren, verließen wir bald die Straße und fuhren wieder auf dem „Coastal Path“, erst noch asphaltiert, dann geschottert, dann Grasnarbe. Jetzt ging es auf schmalem Pfad sogar steil hinunter direkt an eine kleine Bucht, wo ein Zulauf über eine schmale Brücke überquert werden musste. Nach einem steilen Anstieg, der nur schiebend zu bewältigen war, wurden wir mit tollen Ausblicken auf die Küste belohnt.Wir steuerten auf Alnmouth zu und sahen von oben die breiten Schleifen des Aln River, den wir später auch überquerten, aber ohne den Umweg in die Stadt zu nehmen. Wir hatten noch einige Kilometer vor uns und wollten diesmal auf dem einzigen Campingplatz – nicht Caravanpark – zelten. Es ging durch Warkworth. Am Ende der Hauptstraße thronte mächtig Warkworth Castle. Selbst Shakespeare hatte die Burg verarbeitet: in seiner Tragödie Henry IV spielen einige Szenen hier.
Jetzt mussten wir von der Radroute abweichen um zum Campingplatz Walkmill zu gelangen. Leider sind Campingplätze rar gesät, selbst auf den Seiten https://www.campingandcaravanningclub.co.uk/ oder https://www.campsites.co.uk sind nur wenige am Nordseeradweg zu finden, oder wenigstens nicht zu weit weg davon. So mussten wir doch ein Stückchen fahren und standen plötzlich am Fluss. Laut Karte sollte es hier rübergehen, aber es war wohl mehr ein Wehr als eine Furt. Unsere Räder hatten vielleicht eine Wäsche nötig, aber ein Vollbad im rauschenden Fluss wollten wir doch nicht riskieren. Das GPS hatte mir einige Meter höher „Abbiegen Richtung Schwarze Brücke“ angezeigt. Und wirklich, da war ein schmaler, fast zugewucherter steiler Pfad bergab. Ich erkundete erstmal zu Fuß, ob der Weg wirklich weiter über den Fluss führte und ob die Brücke mit unseren bepackten Fahrrädern überhaupt passierbar war. Sie war es – bis auf eine Stufe am Ende, die unsere Gewichtheberqualitäten forderte, um die Räder sanft herunterzuheben. Ein Schotterweg führte über das Gelände des Caravanparks (mit den Bauwagengroßen festen Wohnwagen) hoch zur Straße – die Strecke zog sich. Nun kurz vor der Brücke über die Eisenbahn nur noch nach links, den Berg hinunter durch einige Schafe fast „hindurch“ und da waren wir. Da auf der Zufahrtsstraße von der Bahn her – also zu spät für uns – ein Schild hing „Campsite full“, hatten wir Schlimmstes befürchtet. Aber wir konnten unser Zelt ziemlich am Eingang auf der Wiese aufbauen. Shop, Duschen und Toilette sowie ein Aufenhaltsraum waren alle in einem Wohnwagen untergebracht, der abends gegen 21.00 Uhr abgeschlossen wird. Also mussten wir uns nach unserem ersten selbst zubereiteten Abendbrot einschließlich Einsatz des Kochers mit dem Abwaschen und Duschen beeilen.
Ein bisschen konnte ich noch auf meinem Stuhl sitzend im Zeltvorraum schreiben. Aber es wurde nun doch Zeit Schlafen zu gehen…