Peebles – Gordon Arms (Yarrow)

27 km

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Mit den Plänen ist das so eine Sache: in Vorfreude auf den Urlaub überlegt man sich, was man denn machen möchte, was man sehen möchte, welche Tour man am liebsten fahren möchte. Wir haben bei unserer Tour außer An- und Abreise mit der Fähre zwei Termine, die wir unbedingt einhalten wollten. Zum Einen waren das die zwei Übernachtungen in Edinburgh, die wir schon im Februar gebucht hatten und ein Konzert in Hawick am 20. Hawick liegt nicht am Nordseeradweg bzw. NCN 1, wie er hier ausgeschildert ist, und so hatten wir eine Route mit Abstecher in die Borders Region geplant. Eigentlich wollten wir gestern noch auf dem Weg nach Peebles den Kailzie Garden besichtigen und heute eine längere Etappe über Tweedsmuir und St. Mary’s Loch zum Gordon Arms Hotel. Doch da wir für die gestrige Etappe mit ihren Anstiegen und dem Gegenwind länger brauchten als gedacht, schafften wir es nicht rechtzeitig nach Kailzie. Das war auch nicht so schlimm, hatten wir doch an unserem Ruhetag in Edinburgh eine schöne Zeit im Botanischen Garten dort verbracht. Als wir uns dann gestern die Wettervorhersage für heute ansahen, mit Schauern und starkem Gegenwind, beschlossen wir, eine andere Strecke zu fahren und dabei noch den Kailzie Garten und Traquair House zu besuchen. Nach einem leckeren Frühstück mit frischgeräuchertem schottischen Lachs und Rührei fuhren wir zunächst zur Kirche. Leider öffnete sie erst um zehn für Touristen und obwohl wir heute ja nicht so viel vor hatten, wollten wir nicht so lange warten. Also überquerten wir den Tweed und fuhren auf einer wenig befahrenen Straße nach Kailzie. Der Garten hatte gerade geöffnet und wir waren offensichtlich seine ersten Besucher am heutigen Tag. Wie schön! So konnten wir in aller Ruhe dieses Kleinod genießen. Besonders der Walled Garten mit seinen wunderschönen Blumen- und Gemüsebeeten sowie einem alten Gewächshaus mit einer beeindruckenden Vielfalt an Fuchsien lohnen den Besuch. Doch auch auf einen Spaziergang durch die Waldlandschaft mit kleinen Info- und Aussichtspunkten, hübschen Brücken über den Kailzie Burn zur fast 300jährigen Kailzie-Lärche sollte man nicht verzichten. Uns ereilte zwar ein kurzer Regenschauer, aber das tat unserer Begeisterung für diesen Garten keinen Abbruch. Im Souvenirshop kam ich noch mit der netten Verkäuferin in einen Plausch. Sie fragte nach unserer Route und ich erzählte, dass wir heute zu Gordon Arms fahren wollten. Wir haben zwar auch unser Zelt dabei, aber das Wetter lädt bisher nicht so richtig zum Zelten ein. Wir (oder besser: ich sind doch schon etwas bequem geworden), außerdem haben wir festgestellt, dass es immer weniger Zeltplätze gibt, dafür aber immer mehr Caravanparks, die oft keinen Platz für Zelte haben und Wildcampen ist auch nicht so richtig was für jeden und jede. Die Verkäuferin erzählte daraufhin, dass sie eigentlich gern einmal mit einem Campervan Urlaub machen wollte, aber wenn sie dann mit ihrem Mann bei der Planung saß, meinten beide doch, dass es schöner sei mit dem Auto von Hotel zu Hotel zu reisen, wo man schön in einem Bett schlafen konnte und auch schönes Frühstück serviert bekommt. Sie erzählte noch, dass ihr Sohn jetzt in Schweden arbeitet und sie ihn demnächst dort besucht. Bisher sei sie immer im näheren Umkreis geblieben, aber nun möchte sie auch mal etwas mehr vom Land sehen, vor allem von der Westküste, worauf ich ihr von unseren tollen Erlebnissen auf dem Westküstenradweg erzählte, den wir vor 2 Jahren von Göteborg nach Ystad gefahren sind. Es ist doch schön, wenn man in einem Land unterwegs, wo man sich gut verständigen kann und so oft mit netten Leuten ins Gespräch kommt.

Im nächsten Ort fuhren wir wieder auf den Tweed-Eisenbahnradweg, diesmal in entgegengesetzter Richtung. Am alten Bahnhof von Innerleithen, wo noch die Lagergebäude stehen, die aber natürlich heute anderweitig genutzt werden, bogen wir rechts ab zum Traquair House, dem ältesten noch von derselben Familie bewohnten Herrenhaus in Schottland. Anfänge des Gebäudes reichen bis zu Beginn des 12. Jahrhunderts zurück. Damit hat das Haus natürlich eine wechselvolle Geschichte. Es war oft Zufluchtsort. So verbrachte Maria Stuart auf ihrer Flucht nach Frankreich ihre letzte Nacht in Schottland in diesem Haus. Und nachdem Bonnie Prince Charlie nach seiner verlorenen Schlacht durch das Tor geritten war, wurde dieses verammelt und sollte erst wieder geöffnet werden, wenn ein Stuart den schottischen Thron besteigt. Es wurde nie wieder geöffnet. Im Haus selbst gibt es eine Menge zu sehen. Es gibt einen gut gemachten Einführungsfilm, der die Geschichte der Familie bis zum heutigen Laird, Lady (!) Catherine Maxwell Stuart, erzählt. Man sieht den Raum der Haushälterin, Empfangssalons, Schlafgemächer, die beiden Bibliotheken mit ihren über 3000 Bänden, die noch im Originalzustand zu bewundern sind, einen Rosenkranz der Maria Stuart gehörte, eigenhändige Stickereien Maria Stuarts am Bett-Baldachin im Schlafgemach und vieles mehr. Interessant ist der Raum des Priesters in der obersten Etage, zu dem ein Geheimgang führte, damit dieser bei einem Überfall das der Gebäude schnell verlassen konnte, denn der Katholizismus war verboten und konnte nur im Geheimen praktiziert werden. Nach der Besichtigung des Hauses warfen wir noch einen Blick in die Kapelle und die Brauerei. Seit 300 Jahren wird hier Bier gebraut. Es ist wohl bei Kennern in der ganzen Welt beliebt, was auch den stolzen Preis von über 4 Pfund für eine kleine Flasche erklärt.

Wir begaben uns nun in den Garten zum Labyrinth. Wir schafften es ohne Hilfe bis in die Mitte und auch wieder heraus. Zum Schluss gönnten wir uns noch Tee mit Fruchtscone bzw. Schokotorte. Und dann machten wir uns daran, die „läppischen“ 12 km zu unserem heutigen Ziel zu fahren. So ganz ohne war das nicht, denn mehr als die Hälfte der Strecke führte bergauf und das bei Gegenwind. Aber inzwischen sind wir ja gut trainiert und wussten, dass der Scheitelpunkt des Anstiegs bald erreicht ist. Als wir am Hotel ankamen, mussten wir noch etwas warten, denn es öffnet erst um 5.
Als wir da so standen, hielt ein Handwerker an der Kreuzung an, kurbelte die Scheibe herunter und fragte, wo’s denn hingehen soll. Dass wir in Schottland südwärts und weiter nach England bis Kingston-upon-Hull fahren wollten, kommentierte er mit einem gespielten Würgen und winkte ab. „England. To Scotland, up north!“ und erzählte dass er im Urlaub 3 Wochen die Hebriden abradeln wird. Nach guten Wünschen fuhr er weiter.
Es war erst 16:50 Uhr aber jetzt kam die nette Inhaberin heraus und bat uns herein. Unsere Räder konnten wir im Schuppen einschließen. Da dort zahlreiche Tüten mit leeren Wein- und Sektflaschen lagen, entschuldigte sich die Wirtin mit dem Hinweis, dass es hier in der Einöde keine Abholung für Glasflaschen gibt und die Inhaber die 30 Minütige Fahrt zum nächsten Flaschencontainer immer selbst machen müssen. Wir haben ein sehr hübsches Zimmer mit Blick auf die Berge und sind nun auf das Menü gespannt – zu Recht wie sich herausstellte. Aus aller Bescheidenheit geben wir hier keine Details preis. Eine Empfehlung für das Gordon Arms können wir jedoch in jedem Fall abgeben.