Aberdeen – Montrose
86,6 km
Bei der Planung unserer ersten Etappe waren wir wohl sehr ambitioniert und haben auch die vielen Höhenlinien etwas ignoriert. Das bescherte uns eine Etappe, die es in sich hatte.
Zunächst starteten wir mit einem reichhaltigen schottischen Frühstück inkl. Haggis und baked beans gut in den Tag. Unsere Räder hatten die Nacht im Konferenzraum auch sehr gut überstanden. Und so waren wir schon vor neun Uhr startklar. Unser Hotel lag sehr günstig. Wir mussten nur die Market Street runter fahren am Hafen vorbei und schon waren wir wieder auf der Route des Radwegs Nr 1, der von Shetland nach Süden führt und über weite Strecken mit dem Nordseeradweg identisch ist, Die Strecke von Shetland nach Aberdeen sind wir vor fünf Jahren gefahren und nun wollten wir Richtung Süden daran anknüpfen. Einen kurzen Abstecher zum Fährhafen gönnten wir uns aus Nostalgiegründen, damals sind wir hier mit der Fähre nach Lerwick gestartet. Ein wenig Wehmütig blicken wir daher auf den riesigen Wikinger-Kopf auf der NorthLink-Fähre. Unsere Strecke begann gut, ganz leichte Steigungen mit schönen Ausblicken auf Aberdeen, den Hafen und die Nordsee. Wir kamen an einem Leuchtturm vorbei und schon bald an einem anderen Hafenbecken, in dem ein riesiges Kreuzfahrtschiff lag. Einige Passagiere gingen gerade von Bord, Busse für Ausflüge standen bereit. Wir schraubten uns gemächlich unseren ersten richtigen Anstieg hoch und wurden dabei von Dudelsackklängen unterstützt … wie toll. Ach so, die waren gar nicht für uns gedacht, sondern sollten die Kreuzfahrt-Passagiere auf Schottland einstimmen.
Wir merkten sehr schnell, dass einem Anstieg ein zweiter, ein dritter … ein xxxter folgt. Das hätte uns klar werden können, als wir im Schottlandreiseführer lasen, dass die Gegend Grampian Highlands heißt. Für unsere Mühen wurden wir dafür mit tollen Ausblicken belohnt und natürlich konnten wir auch immer mal wieder Berge herunterrollen, wobei man bei den engen Straßen immer auf Gegenverkehr eingestellt und somit bremsbereit sein sollte. In dem kleinen Ort Cove sahen wir einen Steinkreis. Wie sich herausstelle, handelte es sich um die Cove Heritage Stones, die 2014 angelegt wurden, in Erinnerung an die traditionellen Lebenserwerbe Fischen, Landwirtschaft und Steinbruch. Es gab einen Wettbewerb, bei dem Grundschulkinder aufgefordert worden waren, entsprechende Bilder zu malen. Die schönsten Darstellungen wurden dann auf den Granitsteinen verewigt. Eine schöne Idee. Auf unserer weiteren Route kamen wir auch noch an einem weiteren Steinkreis mitten auf einer abgezäunten Wiese vorbei, der wohl historisch war, aber wir fanden keine weiteren Erläuterungen. Lediglich dass die anliegende Neubausiedlung an der Straße Stone Circle lag. Später kamen wir noch an einem Feuerwehrausbildungszentrum vorbei. Es gab Türme, hohe Gebäude mit Röhren für Rauchsimulation und Fahrzeuge aller Art, wo angehende Feuerwehrleute sehr realitätsnah üben konnten.
Die Nordsee sahen wir auf den ersten fast 40 km so gut wie gar nicht, dafür aber viel hügelige Landschaft mit wunderschön blühenden Wildblumen. Erst in Stonehaven kamen wir wieder direkt an die Küste. Auf der Strandpromenade gab es auch etwas zu essen. Steffen holte uns Fish and Chips und wir genossen diese mit Blick aufs mehr unter den kritischen Blicken einer Möwe. Diese Stärkung war dringend notwendig gewesen, denn die nächsten Anstiege standen bevor. Das nächste Highlight war das Schloss Dunnotar, ca. 4 km südlich von Stonehaven auf einem vorgelagerten Felsen. Zu besichtigen sind die imposanten Überreste des Schlosses, dass in der schottischen Geschichte einst eine wichtige Rolle spielte, allerdings aus Rache für an Engländern begangene Gräueltaten von diesen geschleift wurde. Die Besichtigung ist nicht ganz ohne, man muss erst mehr als 180 Treppen hinunter und dann auf den Felsen wieder hinaufsteigen. Sportlich! Dafür wird man auch mit tollen Ausblicken auf die See und die Küstenlandschaft belohnt.
Unsere weitere Route war auch nicht ohne, aber bei Inverberrie ging es endlich an die Küste und wir konnten erst auf einem schönen asphaltierten Strandweg und später auf einem etwas holprigen Küstenweg fahren. Doch natürlich ging es auch wieder bergan: in Johnshaven war der Küstenweg für Radler zu Ende und wir mussten sogar einige Kilometer auf einer relativ stark befahrenen Hauptstraße radeln. In St. Cyrus ging es erst nochmal nach oben, die Kirche lag auf dem höchsten Punkt. Doch dann konnten wir wieder runter an die Küste rollen. Nun hatten wir es auch bald geschafft. Noch einmal ging es hoch und über das alte North Water Viaduct rollten wir so langsam in Montrose ein. Unser Hotel lag im Stadtzentrum, von außen sah es etwas unscheinbar aus, aber es ist ganz hübsch und hat sogar einen Pub. So brauchten wir nur ein paar Stufen hinuntergehen und konnten noch ein reichhaltiges und leckeres Abendessen (Chilli und vegetarisches Curry) mit einem schottischen Bier genießen.