Montrose – St. Michaels

70,5 km

George hatte gut gekocht: Mit dem „fully cooked breakfast“ und dem „vegetarian breakfast“ starteten wir gut in den Tag. Bis zurück zum Radweg mussten wir nur die Straße herunterrollen und schon waren wir am Ufer des South Esk River. Hier fielen uns gleich zwei Denkmäler ins Auge: Eines für den Seefahrer und eines für Banse, den Bernhardiner.

Das erste war allen Fischern und allen anderen auf See aus der Region gewidmet und sollte gleichzeitig an den großen Sohn der Stadt und geschätzten Bildhauer William Lamb erinnern.

Das zweite zeigte einen überlebensgroßen Hund mit Matrosenmütze mit Namen Banse (norwegisch für Teddy) – im zweiten Weltkrieg „Seehund“ des norwegischen Minenräumboots Thorodd, das in Montrose und Dundee stationiert war. Er erlangte als Lebensretter und Streitschlichter bei der norwegischen Crew Berühmtheit und wurde mit militärischen Ehren beigesetzt als er 1944 starb. Noch heute wird er alle 10 Jahre von der norwegischen Marine geehrt – die Kränze zur Ehrung 2024 lagen noch vor dem Denkmal.

Auch bei der heutigen Tour ging es erstmal nicht direkt an die Küste, sondern zunächst im hügeligen Landesinneren weiter, mit dem einen oder anderen Fernblick aufs Meer. Diesmal war es aber nicht so ein kräftezehrendes ständiges Auf und Ab, sondern die Anstiege waren zwar lang aber oft moderat und nach dem Scheitelpunkt hatten wir auch mal schöne längere Strecken zum Ausrollen. Neben beschaulichen Steincottages passierten wir auch alte Kirchen, Brücken und wieder eine Burgruine, das „Red Castle“. Und immer wieder eröffneten sich schöne Ausblicke in die weite schottische Landschaft. Ab Arbroath ging es wieder direkt an der Küste entlang. Der Ort geht auf eine Abteigründung im Jahre 1178 durch den schottischen König William the Lion zurück.

Am 6. April 1320 versammelten sich hier die schottischen Edlen unter König Robert the Bruce und unterzeichneten ein vom Abt von Aberbrothock (so der alte Name der Abtei) verfasstes Schreiben an den Papst, dass die schottische nationale Eigenständigkeit bekräftigte.

Bereits ab 1394 gab es hier einen Hafen. Der hölzerne Anleger war durch den Abt in Auftrag gegeben und bezahlt worden und hielt bis 1706, als er in einem Sturm zerstört wurde. Der Wiederaufbau ließ nicht lange auf sich warten: 1734 wurde der neue Hafen eröffnet und ist bis heute noch in Betrieb. Erst war er Handelshafen mit Verbindungen nach Skandinavien aber auch nach Übersee, dann wichtiger Fischereihafen und als solcher noch heute berühmt für den Schellfischfang (wichtige Zutat für Fish&Chips) und Räucherfisch. Letzteren genossen wir im Fischrestaurant in Fischsuppe und Fish Cake.

Der Radweg war jetzt hervorragend ausgebaut, zum Teil als breite Strandpromenade, die sich Fußgänger und Radfahrer teilten, aber auch als extra Weg, vor allen hinter Easthaven, mit Hecken von der Straße abgetrennt. Wieder etwas weg von der Küste gab es auch geschotterte Wege, die aber ebensogut befahrbar waren. Ein ganzes Stück ging die Route auch abseits der Küste im Inland entlang – ein großes Übungs- und Schießgelände der Army musste umfahren werden. Mit Schildern wurde gewarnt. Aber es ging auch immer wieder gefährlich nahe an Golfplätzen vorbei, wo ebenfalls scharf geschossen wird.

Entlang der Küste näherten wir uns stetig Dundee. Wir passierten Brought Castle und sahen schon im Hintergrund die lange beeindruckende Brücke über den Tay, die wir mit dem Fahrrad überqueren mussten. Aber vorher rollten wir auf einem autofreien, abgetrennten Weg am Hafen von Dundee entlang bis zum City Harbour. Hier hatte sich seit unserem letzten Besuch vor vielen Jahren viel getan: Es gab ein neues Victoria-und-Albert-Museum, neue Hotels und Bürohäuser, Straßen. Aber die Discovery, der alte Walfänger, den Robert Scott für seine Südpolexpedition genutzt hatte, lag noch an der alten Stelle. Noch ein Erinnerungsfoto und zurück in Richtung Tay Bridge. Wir überlegten noch, von welcher Seite wir auffahren mussten, als Birgit die Lösung entdeckte: Es gab einen Aufzug für Radfahrer und Fußgänger hoch zum Fuß- und Radweg! Und auch die recht lange Überquerung der Brücke war weniger furchterregend als gedacht. Einziges Übel: der Regen, der inzwischen eingesetzt hatte. Wir hatten noch ein paar Kilometer bis Tayport, wo wir eigentlich auf einem der mittlerweile wenigen Campingplätze, wo auch Zelte erwünscht waren, Quartier aufschlagen wollten. Aber aufbauen und abbauen bei Regen? Wir entschieden uns für Shower statt Schauer und buchten noch schnell online ein Hotel. Leider gab es in Tayport nichts und so mussten wir von der Fahrradroute abweichen und noch 7 km weiter bis zum St. Michaels Inn im namensgebenden Ort fahren, wo es auch eine hervorragende Speisenauswahl gab. Also nicht nur die üblichen Burger und Fish&Chips. Birgit konnte den Muscheln nicht widerstehen; ich entschied mich zwar für einen Burger, aber in ungewöhnlicher Kombination: Lamm mit Haggis und Ziegenkäse – lecker!

PS: Als wir unsere Fahrräder unterstellten und routinemäßig fragten, ob wir die Räder anschließen sollen, antwortete der Manager: „Don’t worry, we are in Scotland.“