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Scalloway – Sumburgh Head – Betty Mouat’s Böd

58,42 km

Die Kalorien, die ich heute morgen mit einem leckeren Käse-Pilz-Omelette zu mir genommen hatte, waren gefühlt schon aufgebraucht als wir gerade mal den ersten Anstieg hinter uns hatten. Der Wind blies heute nämlich wir verrückt aus nördlicher Richtung. Das war ja eigentlich gut, denn wir wollten in den Süden. Nur leider lag Scalloway im Tal und die Straße führte erstmal ein Stück nach Norden und steil bergan. Doch die Anstrengung war nicht das einzige, schlimmer waren noch Böen, die einen ab und zu von der Seite erwischten und die ganze Kraft und Konzentration erforderten, damit man nicht allzusehr herumeiert. Schließlich führte die Route heute über lange Strecken auf der Hauptstraße der Insel entlang auf der doch einiger Verkehr herrschte. Die meisten Autofahrer fuhren zum Glück sehr rücksichtsvoll. Und plötzlich ging es direkt nach Süden. Da machten selbst die Anstiege nichts aus so sehr wurden wir geschoben. Nach ein paar Kilometern verließen wir die Hauptstraße und fuhren über eine einspurige Straße durch kleine Dörfchen mal runter, mal rauf. Immer mit toller Aussicht auf die Umgebung. Wir sahen die Insel Mousa, ein Naturschutzreservat und historischer Ort, der gern von Touristen besucht wird, aber heute irgendwie einsam und menschenleer schien. Der Wind pfiff weiterhin ordentlich und in einer Lautstärke, die einen nicht mal das eigene Wort verstehen ließ. Nachdem wir wieder einmal die Hauptstraße gekreuzt hatten, ging es nun Richtung Westküste hinunter. Die Lochs of Spiggy Brow schimmerten in verschiedenen Blau- und Grüntönen, umrahmt von weißem Sand. Dann ging es hinauf nach Boddam, und zuerst einmal in den Shetland Minimarket, um Vorräte aufzufüllen und etwas für das Abendbrot einzukaufen, das wir heute zum ersten Mal in einer der Camping Böds zu uns nehmen würden. Wenn man hier mal an einem der seltenen Läden vorbeikommt, sollte man genau überlegen, ob man nicht etwas brauchen könnte. Denn der nächste liegt weit entfernt. Voll beladen ging es weiter durch den Ort, vor bei am Croft House, einem Museum, das wir vielleicht auf dem Rückweg nach Lerwick besuchen würden. Noch ein paar Kilometer und wir kamen zum Flughafen Sumburgh. Straße und Radweg führten direkt über die Landebahn, die bei Bedarf durch eine Schranke geschlossen wurden. Wer kann schon von sich behaupten, mit dem Rad über eine aktive Start- und Landebahn gefahren zu sein! Auf der linken Seite kamen wir nun zu einer Siedlung aus der Eisenzeit, die ursprünglich von den Pikten und später von den Wikingern genutzt wurde. Heute ist es ein Museum.

Dahinter befand sich die Betty Mouts Böd, eine ausgebaute Hütte aus Felssteinen mit 2 Schlaf- und Aufenthaltsräumen, Bad mit Dusche und einer gut ausgestatteten Küche, in der wir für die heutige Nacht zwei Betten gebucht hatten. Als wir ankamen sahen wir, dass zwei Betten bereits belegt waren. Wir stellten unsere Sachen ab und wollten gerade zum Sumburgh Head weiterfahren, da bemerkte Steffen nach den ersten Metern, dass sein Hinterrad einen Platten hat. Also war erstmal ein schneller Schlauchwechsel angesagt. Dann ging es aber los. Der Tearoom am Leuchtturm rief oder so, denn zu unserer großen Enttäuschung war dieser wegen eines Wasserschadens geschlossen. Wir stellten unsere Räder ab und gingen an der Mauer entlang Richtung Leuchtturm. Und da sahen wir zahlreiche Seevögel, die in den Felsvorsprüngen ihre Nester hatten und nun die Jungen ausbrüteten. Neben verschiedenen Möwenarten sahen wir endlich auch die heißersehnten Puffins (Papageientaucher). Sie sind ziemlich klein, aber wirklich sehr putzig. Wir beobachteten sie eine ganze Weile, blickten auch immer wieder auf die Felsvorsprünge, um die zahlreichen anderen Vögel zu beobachten und aufs Meer, ob nicht doch irgenwo ein Wal zu sehen ist. Wir sahen keine und auch von Robben und Ottern konnten wir nicht behaupten, sie wirklich gesehen zu haben. Die See war einfach zu aufgewühlt, die schwarzen Punkte könnten Robben o.ä. gewesen sein oder aber es war einfach nur Wasser. Wir gingen noch kurz in den Museumsshop, wo wir zwei kleine Puffin-Pins als Spende für die RSPB (Royal Society for the Protection of Birds) kauften. Das Museum, das sich auch mit den technischen Aspekten des Leuchtturms und seiner Geschichte beschäftigt, schenkten wir uns. Wir waren inzwischen ordentlich durchgefroren und freuten uns auf einen heißen Tee in der Böd. Glücklicherweise ging es jetzt über weite Strecken bergab, aber nun war Gegenwind, also hieß es trotzdem ordentlich in die Pedale treten.

Als wir in der Böd ankamen erwartete uns bereits ein schönes Feuer im Kaminofen. Eine andere Radlerin (aus Yorkshire) war bereits vor uns eingetroffen und hatte es erstmal schön warm gemacht. Dafür kämpfte sie offensichtlich vergeblich mit der Dusche. Wir machten erstmal Tee, aßen Kekse dazu und tauschten uns über unsere Radlererlebnisse in Shetland aus. Grundtenor: der Wind macht einen fertig, es könnte wärmer sein, aber Natur und Landschaft sind traumhaft. Später kam dann der Mann der Verwalterin der Hütte vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Er schaute sich die Dusche an, sie war wohl nur zu fest zugedreht wurden. Jetzt funktionierte sie.

Während Steffen unser 3-Gang-Abendmenü (Dosensuppe, Brot mit Käse, Joghurt und Erdbeeren) zubereitete und ich schrieb, kamen zwei weitere Bewohner der Böd an. Die beiden arbeiteten für die RSPB (Garreth als fester Mitarbeiter und Betty als Freiwillige) und hatten heute ihren letzten Arbeitstag und nun noch etwas Urlaub zum Wandern. Wir nahmen unsere Fentiman’s Ingewerlimonade in der „Lounge“, d.h. im großen 6-Bett-Schlafraum mit zwei Zweisitzern und einem Sessel vor dem Kamin. Nachdem alle gegessen hatten, saßen wir noch eine Weile vor dem Kaminofen und schwatzten über Gott und die Welt, Reisen, Radfahren, Seevögel, die Umwelt. Es war auf jeden Fall ein sehr schöner und interessanter Abend mit netten Leuten.