Gaudiesfauld Hostel – Busta House Hotel
57,37 km
Ein leichtes Trommeln hatte sich in einen etwas wirren Traum eingeschlichen, doch es war kein Trommeln, es waren die Regentropfen auf dem Zeltdach. Ein Blick auf die Uhr zeigte, es war erst kurz vor vier, also konnte ich mich einfach nochmal umdrehen und hoffen, dass der Regen inzwischen aufhört. Doch auch um sieben trommelte es noch. Es blieb uns wohl nichts anderes übrig, als aufzustehen und unsere Sachen zusammen zu packen. Wir verstauten, was wir konnten in den Fahrradtaschen, dann gingen wir ins Haus und frühstückten. Das Wetter würde wohl heute nicht mehr besser werden. Naja wir sind halt auf den Shetland Islands. Frisch gestärkt packten wir im Regen unser Zelt zusammen und fuhren zur Fähre. Die nächsten Fähre fuhr über Fetlar nach Yell, so dass die Überfahrt diesmal nicht fünfzehn sondern 50 Minuten dauerte. Aber wir saßen ja in der warmen Lounge. An der Fähre trafen wir einen Shetländer, der seit langer Zeit auch mal wieder ein paar Tage auf dem Rad verbringen wollte und nun erstmal mit einer Shetlandtour begann. Er sagte, das Wetter würde wohl in den nächsten Tagen etwas besser werden – da können wir nur hoffen. An einem schönen Sommertag würden schon mal 16° erreicht, sogar 20° bei einer „Hitzewelle“. Da brauchen wir uns wohl auch nicht wundern, wenn Radler hier bei Temperaturen um 10° mit kurzen Hosen fahren, während ich 3 bis vier Schichten Kleidung übereinander trage und bei längeren Pausen immer noch friere.
Auf Yell angekommen, nahmen wir diesmal die Ostroute, die zwar ein wenig länger und wohl auch etwas bergiger war, aber dafür auch wunderbare Ausblicke auf die Küste und die anderen Inseln bot, sofern diese nicht hinter den tiefhängenden Regenwolken verschwanden. Auch hier wurden wir wieder neugierig von den zahlreichen Schafen und Lämmern beäugt. Ab und an flogen Austernfischer, Möven und andere kleine Vögel vorbei, die manchmal ordentlich Lärm machten.
Nachdem wir die ersten Kilometer mächtig gegen den Wind ankämpfen mussten (wie konnte es sein, dass wir nach 2 Tagen Radeln gegen den Nordwind nun Richtung Süden auch wieder den Wind von vorne hatten?), hatte Petrus wohl ein Einsehen und ließ den Wind öfter auch mal von der Seite und sogar ganz selten von seitlich hinten blasen. Das war schon eine große Erleichterung. Nach einer sehr schönen Fahrt auf einer ganz engen Straße, wo man selbst als Radfahrer die Passing Places beachten und Autofahrer vorbeilassen musste, erreichten wir schließlich völlig durchnässt das Old Haa in Burravoe. Dieses im Jahre 1672 erbaute Haus beherbergt heute ein Museum und einen Tearoom. Als wir eintraten, drehten die beiden netten Ladies, die das Haus zusammen mit anderen Freiwilligen betreiben, gleich die Heizung etwas weiter auf und stellten den Heizkörper in unsere Richtung, damit wir unsere Sachen trocknen konnten. Wir bestellten uns eine Kanne Tee und Schokoladen- bzw. Zitronentorte und zum Nachtisch noch zwei kleinere Stück Kuchen. Das Radeln über die Berge hatte uns wohl etwas hungrig gemacht. Es herrschte eine gemütliche Atmosphere, alle sprachen vom Wetter, das Ehepaar am Nebentisch war mit dem Segelboot von Kent hierher gesegelt und lag nun für ein paar Tage im Hafen fest. Nach dem Tee machten wir noch einen Rundgang durch das Museum, das vor allem persönliche Gegenstände der Inselbewohner mit den dazugehörigen Geschichten enthält, aber auch einige Informationen über die Fischerei und Fischverarbeitung einschließlich Fotos von Betriebsfeiern und besonderen Mitarbeitern (u.a. mit der ältesten und jüngsten Arbeiterin, die am Fließband Krabben sortierten), sowie Bootsmodelle, aber auch Fotos und Erinnerungstafeln an Shetländer, die ihr Leben im Krieg verloren hatten.
Es gab noch eine Gallerie mit moderner Kunst von Shetländern und ein Laden mit Strickwaren mit typischen Shetlandmustern.
Nach dieser verdienten Pause, in der wir gleich die Gelegenheit nutzten, und uns für die Nacht ein Hotelzimmer reservierten, ging es weiter in Richtung Fähre zurück auf die Hauptinsel. Apropos Fähre: Als ich auf der Hinfahrt von der Hauptinel nach Yell den Fährpreis von 5,70 pro Person bezahlte, dachte ich noch: das ist ja nicht gerade preiswert, wenn man die Fähre oft nehmen muss. Aber alle anderen Überfahrten (von Yell nach Unst und beide Rückfahrten) waren in diesen Preis ingriffen, also wahrlich ein Schnäppchen. Am Fährterminal trafen wir wir wieder auf unseren Mitradler, der eine andere Route genommen hatte. Wir unterhielten uns noch über dies und das, natürlich auch über den Brexit und die insgesamt merkwürdige politische Lage.
Auf der anderen Seite trennten sich unsere Wege endgültig, denn er nahm jetzt die Ostroute Richtung Voe, während wir nach Westen in Richtung Brae fuhren. Auf unserem Weg lag auch das Sullom Voe Oil Terminal, so dass diesmal für Shetland-Verhältnisse recht viel Verkehr herrschte. Wir sahen ein paar große Öltanks, ein Tankerschiff, zwei Türme auf denen Gas abgefackelt wurde. Der Rest der Anlagen war wohl hinter dem Berg verborgen. Auf der anderen Seite der Bucht standen noch einige aufgestapelte Container, in den wahrscheinlich Arbeiter oder Büros untergebracht waren.
Dann kamen wir am Scatsta Airport, dem nördlichsten Flughafen Großbritanniens vorbei, auf dem gerade eine Maschine landete. Nun waren es nur noch wenige Kilometer auf der Küstenstraße am Fjord entlang bis nach Brae. Hier bogen wir vom Nordseeradweg ab, denn unser Hotel lag in dem kleinen Ort Busta auf der anderen Seite der Bucht. Das Hotel befindet sich in einen alten Herrenhaus, es ist idyllisch gelegen und überhaupt sehr romantisch. Die Gänge sind verwinkelt, die Zimmer sehr hübsch, das Personal sehr nett. Nach einer langen heißen Dusche fühlten wir uns schon viel besser und konnten das sehr leckere Essen wirklich genießen.