Port of Tyne – Newcastle – Aberdeen
15,38 km + Zugfahrt
Von leichten Nordseewellen sanft geschaukelt haben wir sehr gut geschlafen. Beim Aufwachen konnten wir die englische Küste bereits zwischen Wolken und Meer erahnen. Die Fähre fuhr nun eine ganze Weile parallel zur Küste. Wir bedienten uns erstmal am reichhaltigen Frühstücksbuffet, obwohl zumindest ich eigentlich noch satt war vom gestrigen Abendbrot. Da es bis zur Ankunft in Newcastle noch zwei Stunden dauerte, gingen wir nochmal raus, um uns etwas Seeluft um die Nase wehen zu lassen und – tatsächlich ! – die Sonne zu genießen. An den windgeschützten Stellen roch es leider mehr nach Küche als nach frischer See. Auf dem Oberdeck fanden wir schließlich ein schattiges windstilles Plätzchen mit Blick auf die Küste. Neben uns saß ein Pärchen, das genau wie wir leuchtend grüne GoreBike-Jacken trug. Wir kamen ins Gespräch und bei netter Unterhaltung und Tourfachsimpelei verging die Zeit wie im Flug. Debbie und Perry sind schon seit Anfang Mai auf dem Nordseeradweg unterwegs (in Schweden und im eiskalten Dänemark) und haben eine Menge erlebt. Auch sie schreiben einen Blog (retiredwithoutborders.com), den wir auf jeden Fall noch lesen werden. Nachdem wir in den Hafen eingelaufen sind, verabschiedeten wir uns. Wir holten unsere Fahrradtaschen und gingen zu den Rädern. Als wir bei ihnen ankamen, war das Deck schon fast leer und wir konnten ohne Verzögerung von der Fähre fahren. Als Radfahrer erhält man offensichtlich bei DFDS eine Vorzugsbehandlung, so dass wir nicht lange anstehen mussten und nach kurzer Wartezeit die Grenzkontrolle passieren konnten. Eine kurze Erinnerung, dass von an auf der linken Seite gefahren werden muss und schon ging’s los. Der Radweg 72 (Hadrian’s Wall Way) führte uns abseits vom Autoverkehr über ruhige Straßen und gut ausgebaute Radwege direkt ins Zentrum von Newcastle. Als wir an Segedunum vorbeikamen, wurden Erinnerung an unsere Radtour 2002 wach, wo wir für die Kinder noch jede Infotafel übersetzen durften. In der Stadt fuhren direkt am Quay lang und genossen die Ausblicke auf die interessanten Brückenkonstruktionen, angefangen mit der Millenium Bridge. Da die Sonne schien und wir bis zur Abfahrt unseres Zuges noch eine Menge Zeit hatten, setzten wir uns in einen Straßencafé. Den Rest des Weges zum Bahnhof schoben wir die Räder, um noch etwas mehr von der Stadt und ihrer interessanten Architektur zu sehen. Wir warfen noch kurz einen Blick in die St. Nicholas Cathedral. Dann erreichten wir auch schon den Bahnhof. Wir holten uns noch etwas Proviant und eine Zeitung für die Fahrt und warteten auf den Zug. Wie in Haarlem mussten wir auch hier durch eine Sperre, um zum Bahnsteig zu gelangen, aber jetzt wussten wir ja wie es ging. Das Fahrradabteil hat auch wirklich nur drei Stell- oder besser gesagt „Hänge“plätze in einer Art Mini-Gepäckabteil. Zum Glück hielt der Zug eine Weile, so konnten wir auch mit unseren zahlreichen Taschen bequem einsteigen. Sie zu verstauen, war allerdings nicht so einfach, die wenigen Gepäckregale waren bereits übervoll und auch die oberen Ablagen boten nicht genug Platz, aber unter unseren Sitzen war zum Glück noch ein klein wenig Stauraum. Nachdem wir unsere Sandwiches und Obst verspeist hatten, begann ich schonmal zu schreiben. Das war aber gar nicht so einfach, denn der Zug schwankt und wackelt ganz ordentlich, während die nordenglische und schottische Landschaft an uns vorbeirauscht.In Edinburgh wird der Zug etwas leerer. Wir erhaschen einen kurzen Blick auf das über der Stadt thronende Castle und ein paar andere markante Gebäude. Dann geht es auch schon bald über die berühmte Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth – das Postkartenmotiv von Edinburgh. Während wir weiter Richtung Norden fahren, fällt uns auf, dass viele Bahnhöfe neben dem Ortsnamen auch ein Schild mit dem Hinweis auf eine Fahrradroute enthalten (z. B. den Nordseeradweg oder andere) – toll. Kurz nach 5 erreichen wir Aberdeen. Vom Bahnhof sind es nur ein paar hundert Meter zu unserem Hotel. Wir hatten ein Apartment in einem Nebengebäude vom Douglas Hotel vorgebucht. Es ist sehr schön mit einer gut ausgestatteten Küche, da könnte man es gut auch länger als eine Nacht aushalten. Und es gibt sogar einen Abstellraum, so dass unsere Fahrräder sogar ein „eigenes Zimmer“ haben. Nachdem wir uns etwas erfrischt hatten, zogen wir nochmal los, erstmal was essen. Wir landeten im Brewdog, einer offensichtlich sehr beliebten Brauereikneipe mit interessantem Speiseangebot. Gleich am Eingang der Hinweis „We pay living wages“ (also einen Lohn von dem man auch leben kann). Interessant auch etliche Discount-Angebote für Punks, z.B. für Tattoos (wohl mit Brewdog-Motiv). Aber zurück zum Essen: Steffen wählte einen Burger und ich Blumenkohl nach Buffalo Art, d.h. fritiert in einer scharfen Soße, sehr lecker, dazu Bier und Cider. Das Theaterprogramm sagte uns nicht so zu, aber um die Ecke gab es ein Kino. Auf dem Spielplan stand u.a. Rocketman, der Film über das Leben von Elton John.Erstaunlicherweise kosteten die Karten zusammen nicht einmal 10 Pfund. Der Film ist unbedingt sehenswert, sehr eindringlich gespielt, viel Musik, manchmal auch, wenn man es gar nicht erwartet, tolle Bilder, sehr ehrlich und auch traurig. Nach diesem intensiven Kinoerlebnis machten wir noch einen kurzen Spaziergang, um wenigstens mal zu sehen, wo morgen die Fähre nach Lerwick abfahren soll. Inzwischen war es schon nach 23.00 Uhr, aber es war immer noch ziemlich hell. Mal sehen wie es dann noch weiter nördlich ist.