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Saillon – Vevey (75,9 km)
Heute ließen wir es etwas ruhiger angehen. Mit einem ausgiebigen, reichhaltigen Frühstück schufen wir eine vernünftige Grundlage für die vor uns liegenden Strapazen. Naja, so schlimm war es auch wieder nicht, obgleich der Tag so begann wie der gestrige aufgehört hatte, mit Wind von vorne. Na das konnte ja heiter werden. Die Strecke an sich war sehr schön. Es ging auf einem separaten Radweg direkt an der Rhone entlang – vorbei an Obstbäumen und Rebstöcken. Als Steffen sich entschloss, seinen Sattel etwas höher stellen zu wollen, wollte offensichtlich das Gewinde nicht mehr. Zum Glück hatte er Ersatzschrauben, die zumindest bis Martigny, dem nächsten Ort Abhilfe schafften. Mit etwas Verzögerung kamen wir dann auch dort an. Die Stadt liegt zwar nicht direkt am Rhoneradweg, aber da sie als Tor zur Mt. Blanc Region gilt, wollten wir ihr ohnehin einen Besuch abstatten. Eine alten Burg thront hoch über der Stadt. Es gibt eine hübsche Altstadt, die Kirche Notre Dame – und für uns wichtig – einen Fahrradladen mit Werkstatt. Nach einer Runde durch die Stadt und einem Besuch in der Fahrradwerkstatt fuhren wir Richtung Vernayaz. Eigentlich wollten wir uns die Trientschlucht ansehen, doch mit einem Blick von der Straße auf die Wegführung und die Brücke hatten wir wahrscheinlich das Wichtigste gesehen. So fuhren wir weiter zum Wasserfall von Miéville, der bereits seit dem 16. Jahrhundert von Besuchern als sehr sehenswert angepriesen wurde. Selbst Goethe und Rousseau waren davon beeindruckt, warum also nicht auch wir einfachen Sterblichen. Von hier aus fuhren wir wieder auf unsere direkte Route. Zum Gegenwind kam jetzt auch noch der eine oder andere leichte Schauer und ab Evionnaz ging es auf die Hauptstraße. Da kann man nicht wirklich von Spaß reden. Doch glücklicherweise erreichten wir bald Saint-Maurice. Zum Mittagessen waren wir zwar zu spät, doch wir fanden ein hübsches kleines Café, wo es leckeren Kuchen und u.a. auch Tee gab. Frisch gestärkt ging es noch an der alten Abtei und der Feengrotte sowie dem Schloss vorbei wieder an die Rhone. Der Gegenwind hatte inzwischen nachgelassen, die Strecke war frei, der Weg asphaltiert, es ging sehr gut voran in Richtung Genfer See. Kurz bevor die Rhone in den See mündete, führte unser Weg über eine Brücke nach rechts weg durch das Naturschutzgebiet Les Grangettes. Es ist eine der wenigen geschützten Uferzonen am Genfer See und Rückzugsort für allerlei Wasser- und seltene Zugvögel (so wie wir ;-).
Weiter ging es durch Villeneuve mit seinem historischen Stadtkern. Mit der Ruhe und Beschaulichkeit war es nun vorbei, denn die Route führte auf der Route Cantonale, der verkehrsreichen kantonalen Hauptstraße entlang. Direkt am See thronte das aus dem Mittelalter stammende Chateau de Chillon. Vor dem wolkenverhangenen Himmel sah es mächtig bedrohlich aus. Teile des Schlosses stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Damals lebten die Savoyer hier, die dank der exponierten Lage die Straße von Mitteleuropa in den Süden kontrollierten. Es gibt eine Menge zu sehen (u.a. Schlaf- und Empfangsräume der Savoyer, das Latrinenhaus, Wehrgänge und den Bergfried), auch wenn große Teile nicht mehr im Originalzustand sondern das Ergebnis späterer Renovierungen und Restaurierungen sind. Besonders beeindruckend waren die Kellerräume, in denen Francois Bonivard wegen seiner Parteinahme für die freie Stadt Genf gegen die Savoyer sechs Jahre lang gefangen gehalten wurde. Der britische Dichter Lord Byron hat dies in der Ballade "The Prisoner of Chillon" beschrieben. Während wir das Schloss erkundeten, tat sich der Himmel auf und es goss. So ganz konnten wir dem Regen nicht entkommen, denn irgendwann mussten wir ja weiterfahren. Es gab zwar einen Radweg, der auf der Fahrbahn markiert war, aber die Nässe und der dichte Verkehr machten diesen Teil der Strecke nicht gerade zu einem Vergnügen. So fuhren wir auch durch Montreux schnell hindurch, ohne uns diesen exklusiven Ort näher anzusehen. Kurz vor Vevey ging es von der Hauptstraße ab und auf der Uferpromenade entlang. Wir konnten wieder durchatmen. Vevey, übrigens Gründungsort von Nestlé, war für heute Endstation. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Altstadt aßen wir in der "Hostellerie Geneve" ein leckeres Abendbrot, begleitet von einem lokalen Roséwein.