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29.01.16
Picton – Wellington
 
Gut ausgeruht, frisch gestärkt und mit einigen Empfehlungen unserer Wirtsleute versehen, schwangen wir uns auf die Räder in Richtung Fährhafen. Tja, nicht nur in Deutschland sind Verkehrsmittel unpünktlich – unsere Fähre hatte 45 min Verspätung. Zur Entschädigung bekamen wir beim Check-in Gutscheine für ein Getränk. Wir nutzten die Zeit für unser Reisetagebuch bzw. zur weiteren Reiseplanung. Während Steffen schrieb, durchforstete ich die Stände mit den Infobroschüren zur Nordinsel und löste unsere Gutscheine ein. Nach einer knappen Dreiviertelstunde war es dann so weit. Die Fähre lief ein und wir begaben uns zum entsprechenden Warteplatz. Dazu mussten wir erstmal durch ein Tor mit einem Codeschloss. Die entsprechende Kombination hatten wir beim Einchecken erhalten. Ein netter junger Mann in Warnweste wies uns einen Warteplatz zu. Zunächst wurden erstmal die Eisenbahnwaggons aus der eingelaufenen Fähre herausgezogen und die neuen hineingeschoben. Ein ganz interessantes Schauspiel. Wir waren aber nicht die einzigen Radfahrer. Neben einem Mountainbikefahrer fast ohne Gepäck waren da noch ein Pärchen mit großen und vollbeladenen Rädern sowie ein deutsches Paar mit 20-er Rädern, die allerdings keine Falträder waren. Wie sich herausstellte, kamen die beiden aus Norddeutschland und waren bereits das zweite Mal in Neuseeland. Nachdem sie vor 4 Jahren das and bereits mit dem Bus erkundet hatten, wollten sie sich diesmal mit den Rädern "einfach treiben lassen". Anders als wir, konnten sie ihre Räder offensichtlich nicht immer so einfach im Bus mitnehmen, was natürlich Einfluss auf ihre Routenplanung hatte. 
Sicher wären wir auch gern mehr Rad gefahren, aber bei den Entfernungen und der Landschaft (Berge, Berge, Berge) ist das nicht so einfach, zumal wir nur sehr ungern auf Hauptverkehrsstraßen fahren. Wir wollen ja so viel wie möglich vom Land sehen.
Jetzt ging es jeden Fall erstmal in die Hauptstadt Wellington. Wir fuhren erstmal durch den Queen Charlotte Sound – eine ruhige Fahrt bei stark bewölktem Himmel. Wir sahen einige Muschel- und Lachsfarmen, ein paar Wasservögel, Inseln und Halbinseln. Als es auf die Cook-Strait hinausging, wurde die See etwas belebter, aber nicht sehr. Wir verbrachten einen Teil der Fahrt auf dem Oberdeck, um die Aussicht zu genießen und einen Teil in der Lounge, um weiter zu schreiben und auszuruhen. Nach knapp 3 Stunden erreichten wir Wellington. Als wir von der Fähre fuhren, zeigte uns ein netter Neuseeländer noch den Weg zum Radweg in die Stadt, damit wir nicht versehentlich auf einer 4-spurigen Autobahn landen, wie das offensichtlich vielen Radfahrern passiert.
Unser Hotel lag im Stadtzentrum. So brauchten wir im Prinzip immer nur geradeaus zu fahren. Zwischendurch war die Straße jedoch eine Einbahnstraße in der Gegenrichtung. Wir schoben unsere Räder dieses Stück. 
Beim Einchecken im Hotel wurde uns mitgeteilt, dass im Gepäckraum kein Platz für unsere Räder war, aber wir die Räder mit ins Zimmer nehmen konnten. Nachdem wir etwas manövrieren mussten, um die Räder in den Aufzug zu kriegen, klappte alles prima. In Amerika hatten wir die Räder je fast immer mit im Zimmer, es war also nichts Neues. 
Nachdem wir uns erfrischt und "stadtfein" gemacht hatten, gingen wir erstmal in Richtung Waterfront. Es war noch nicht um vier, also hatten wir noch über 2 Stunden Zeit, um dem Te Papa Museum einen Besuch abzustatten. Es ist so etwas wie das Nationalmuseum Neuseelands und wird überall als absolut sehenswert angepriesen. Es ist ein sehr modernes Museum und wirklich einen Besuch wert. Wie in vielen Museen hier ist der Eintritt übrigens frei. Zwei Stunden sind einfach zu wenig Zeit. Zur Zeit läuft gerade eine Ausstellung über Neuseelands Beteiligung am 1. Weltkrieg, hauptsächlich an der Schlacht bei Gallipoli. Die Ausstellung wurde von Sir Peter Jackson gestaltet, bekannt als der Regisseur von "Herr der Ringe". Obwohl wir nur kurz in dieser Ausstellung verbracht haben, waren wir sehr beeindruckt. Das Interesse seitens der Neuseeländer am Thema ist enorm sowohl bei jungen als auch älteren Leuten. Die Ereignisse sind in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Es wird sehr viel Wert auf persönliche Schicksale gelegt. Zu diesem Zweck ist in jedem Raum eine riesige (ca. 3 m große) lebendig wirkende Figur zu sehen, deren Geschichte erzählt (einfacher Soldat, Offizier, Krankenschwester etc.) und in die Gesamtereignisse eingeordnet wird. Hier ist der englische Begriff für "überlebensgroß" – "larger than life", der zugleich auch als Attribut für Personen genutzt wird, die Hervorragendes geleistet haben, genial umgesetzt.
Die Dauerausstellungen sind ebenfalls ganz toll gestaltet, so dass nicht nur Erwachsene, sondern vor allem auch Kinder und Jugendliche großen Spaß haben. Wir gab einen Bereich über die Flora und Fauna Neuseelands, über die erdgeschichtliche Entwicklung, die Naturkräfte, vor allem Vulkane und Erdbeben. Besonders beeindruckend, war ein Haus, in dem ein Film über ein Erdbeben gezeigt wurde, das sich in den 80er Jahren in Neuseeland ereignete. Betroffene berichteten von ihren Erfahrungen. Dann wurde ein Nachbeben der Stärke 5 simuliert. Ein sehr eigenartiges Gefühl, wenn der Boden unter den Füßen plötzlich stark zu schwanken anfängt, auch wenn man weiß, dass einem nichts passiert.
Als nächstes besuchten wir die Ausstellung zur Geschichte der Maori in Neuseeland, beginnend mit ihrer Ankunft aus Polynesien vor mehr als 600 Jahren bis heute. Es gibt u.a. ein echtes Versammlungshaus mit den typischen kunstvollen Schnitzereien, das man – allerdings ohne Schuhe – betreten und bestaunen kann sowie ein Haus, in dem Vorräte gelagert werden und ein riesiges Kanu.
Ein weiterer Bereich ist der Geschichte der Engländer in Neuseeland vom 18. Jahrhundert bis heute sowie anderen Immigrantengruppen gewidmet. Leider lief uns die Zeit davon und wir konnten diesen Teil des Museums nur ganz kurz streifen. Für die moderne Kunst Neuseelands hatten wir leider überhaupt keine Zeit mehr.
Mit so vielen Eindrücken versehen, spazierten wir nun erstmal ein wenig am Wasser entlang. Inzwischen waren wir auch entsprechend hungrig und durstig, so überlegten wir nicht lange und gingen ein Brauhaus direkt am Wasser. Nach einem leckeren Essen (Hühnchen in Macadamiakruste bzw. Lamm) spazierten wir noch über die Cuba Street mit ihren Kneipen, Bars, Spielhallen und Restaurants langsam zurück zum Hotel.