Clifden-Westport (71,59 km)

Ein trauriger Tag, denn ab heute müssen wir ohne die nette Gesellschaft von Jürgen und Doro auskommen, die schon in aller Frühe mit dem Bus in Richtung Dublin aufgebrochen sind. Wie uns beim Frühstück von unserem Gastgeber versichert wurde, sind sie gut weggekommen.

Wir drücken ganz fest die Daumen, dass die Rückreise gut klappt und die Lage zu Hause nicht so schlimm wird, wie es jetzt zu befürchten ist.

Der Himmel scheint die Abreise der Beiden auch sehr schwer genommen zu haben, denn er lässt dicke Wassertropfen auf uns niederprasseln. Statt blauer Himmel und Sonnenschein, herrschen heute Wolken, starker Wind und peitschender Regen.

Dabei sah es noch gar nicht so schlimm aus als wir beim Frühstück saßen, das übrigens in einem Raum serviert wurde, der eher einem Antiquitätenladen als einem Frühstücksraum ähnelte. Das Frühstück war auch diesmal echt irisch, also mit Spiegelei, gebratenem Schinken, Würstchen, gegrillten Tomaten und Champignons. Statt „Black Pudding“ gab es diesmal aber leckere Pfannkuchen. So gestärkt konnten wir auch dem Wetter trotzen. Doch ehe es los ging, musste ich noch zum Fahrradladen die Speiche ersetzen lassen. Als ich kurz nach 10 am Laden stand, der von einer ca. 80jährigen Frau geöffnet wurde, war ich schon etwas skeptisch. Ihre Antwort auf mein Anliegen lautete dann auch „We don’t do spokes“ (Speichen machen wir nicht). Sie fragte noch nach der Größe, aber das überließ ich dann Steffen, der schließlich mit zwei losen Speichen für 2 Euro wiederkam. Da die Speiche im Vorderrad gebrochen war, beschlossen wir, es dabei zu belassen und nach Westport zu fahren, wo laut Internet ein kompetenter Fahrradhändler auch Reparaturen vornimmt.

Inzwischen hatte sich das Wetter noch verschlechtert, es schüttete wie aus Kannen und der Wind wehte in kräftigen Böen. Aber es half nichts, irgendwie mussten wir ja nach Westport kommen und durch das Fahrradladen-Fiasko war es auch schon ziemlich spät geworden. Nun ging es erstmal bergauf aus der Stadt heraus. Zum Glück kam dabei der Wind eher von hinten und der Seite. Da musste man nur aufpassen, dass er einen nicht in den Straßengraben pustet. In Anbetracht des Wetters verzichteten wir allerdings auf die landschaftlich schöne und ruhige Strecke und blieben auf der Hauptstraße. Zum Glück war der Verkehr nicht ganz so schlimm wie befürchtet und hinter Kylemore Abbey – laut Reiseführer das meistfotografierte Gebäude Irlands – wurde es noch ruhiger. Ein Spaziergang durch die viktorianischen Gärten erschien bei dem Wetter und dem Nässegrad unserer Kleidung wenig attraktiv und auch sonst schreckten uns die unzähligen Reisebusse und der volle Parkplatz von einer Besichtigung ab. Wir gingen lediglich ins SB-Restaurant, um uns bei einem Tee und Brownie bzw. Muffin etwas aufzuwärmen und abtrocknen zu lassen.

Vor unserer Weiterfahrt legten wir nun die komplette Regenausrüstung einschließlich Gamaschen an. Trotz des scheußlichen Wetters war die Fahrt sehr beeindruckend. Rechts von der Straße ragten hohe Berge in die tief hängenden dunkelgrauen Wolken. Durch die davor gelegenen niedrigeren Hügel wirkte die Landschaft beinahe kulissenartig.

Später wurde es etwas heller und der Regen ließ nach. Blieb der Wind. Kaum hatte man sich gefreut, dass er von hinten kommt, da drehte er aus unerfindlichen Gründen und blies einem derart ins Gesicht, dass man sogar bergab kräftig in die Pedalen treten musste. Aber trotz der mühsamen Fahrt genossen wir die herrliche Landschaft. Entlang des Killary-Fjords herrschte mächtiger Gegenwind, da waren wir froh als wir an seinem Ende in Leenaune ankamen. Trotz des Regens standen eine ganze Menge Touristenbusse herum. Wir fuhren einfach weiter Richtung Westport. Ursprünglich wollten wir auf der anderen Seite des Fjords wieder zurückfahren und dann über den Doo Lough Pass an die Küste, um über die Küstenstraße nach Westport zu fahren. Das ließen wir lieber sein, denn auch ohne die 20km Umweg lagen noch 28 km vor uns mit einigen Steigungen und starkem Wind, der öfter mal direkt von vorne kam.

Die Landschaft hier erinnerte uns sehr an Schottland – bunt gekennzeichnete Schafe, die zum Teil in ziemlicher Höhe weideten. Wir fuhren durch ein breites Tal mit einem Fluss und zum Teil bizarr geformten Bäumen. Das Gras war wie man es von Irland erwartet -saftig dunkelgrün.

Obwohl wie Fahrt abgesehen vom Wetter sehr schön war, waren wir froh als wir endlich in Westport ankamen.Nach einem unbeabsichtigten Abstecher zur Clew Bay erreichten wir bald das Stadtzentrum. Nun ging’s schnell zum Fahrradladen. Wir wurden sofort freundlich begrüßt und es dauerte nicht lange, da war mein Vorderrad ab und die Reparatur in vollem Gange. Inzwischen wurde es schon bald 18 Uhr. So machte sich Steffen auf die Suche nach einer Unterkunft während ich auf mein Rad wartete. Wie sich herausstellte, hatte der Fahrradhändler in den 90er Jahren in Leipzig auf dem Bau gearbeitet. Wir unterhielten uns noch über dies und das, unter anderem, dass der Boom in Irland Ende der 90er Jahre die Menschen hier verändert hat und nun viel mehr Wert auf materielle Dinge gelegt wird als früher.

Als die Reparatur abgeschlossen war, bekam ich noch zwei Ersatzspeichen als „Versicherung gegen weitere Speichenbrüche“ mit.

Inzwischen war Steffen ohne Gepäck zurückgekommen. Er hatte also eine Unterkunft gefunden – ein B&B nur ein paar Straßen weiter. Dort angekommen entledigten wir uns erstmal unserer nassen Sachen. Dann tranken wir erstmal einen Tee und aßen einen Muffin.

Unser Gastgeber gab uns noch einen Stadtplan und einige Empfehlungen, wo wir gut Essen und später noch Musik hören konnten. Wir spazierten durch die Stadt, die übrigens im 18. Jahrhundert von dem englischen Architekten James Wyatt entworfen wurde. Die kleinen bunten Häuser und Steinbrücken über den Fluss verleihen der Stadt eine besondere Atmosphäre.

Wir aßen im „The West“. Steffen hatte Seafood Chowder und eine Art Fischpfanne mit Käse überbacken und ich Lachsforelle mit Salat – super lecker. Danach gingen wir noch in einen Pub, um ein Guinness zu trinken und irischer Musik zu lauschen. Gegen dreiviertel Zehn war noch keine Musik zu hören, aber wir waren schon ordentlich müde, so dass wir uns auf den Heimweg machten.