Westport – Gob an Choire (101,2 km)
Nach einem guten Irischen Frühstück ging es ein wenig verspätet (ich musste ja schließlich noch zwei ausstehende Beiträge samt Bildern ins Internet stellen … und das Netz wollte nicht immer) von Westport los. Wir wollten auf den Great Western Greenway. Das ist ein Rad- und Wanderweg der über weite Strecken im Verlauf einer ehemaligen Eisenbahnstrecke angelegt ist und bis auf die dem Achill Island vorgelagerte Halbinsel reicht. Weitgehend ungestörter Radfahrspaß ist damit auf einem großen Stück garantiert, allerdings sollte man sich – besonders auf dem hinteren Stück – den Spaß auch nicht durch Anstiege verderben lassen. Unser B&B lag schon fast am Ortsausgang von Westport in der Nähe des Einstiegs auf den Greenway (die Kurzform, so wie er überall ausgeschildert ist). Wegen eines plötzlich auftauchenden markierten Radwegs, der uns auch ein wenige von der entscheidenden Kreuzung wegführte, hätten wir beinahe das entscheidende Hinweissschild übersehen, wenn uns nicht ein freundlicher Herr angesprochen und uns die „Einfahrt“ gezeigt hätte.
Die Vergangenheit als Eisenbahnstrecke war vor allem durch die alten gemauerten Brücken, die über den Greenway führten unverkennbar. Leider konnten wir die sehr schöne Strecke nicht voll genießen, denn der anfängliche Nieselregen hatte sich inzwischen zum hartnäckigen Strippenregen entwickelt. Also Regenklamotten einschließlich Gamaschen an und weiter gestrampelt. Wenigstens schlug uns der Regen nicht ins Gesicht, wie auf der gestrigen Etappe. Und irgendwann hinter Newport hörte der Regen gegen Mittag einfach so auf, und am Himmel waren sogar blaue Löcher zu sehen. Uns begegneten nur wenige unerschrockene Wanderer oder Radfahrer und nur einmal zwei mit Gepäck wie wir. Als wir gerade kurz anhielten und einen Holzkarren als Kunstwerk bewunderten kam eine Frau mit einer Steppweste den „Berg“ heraufgeradelt und erkundigte sich besorgt, ob wir wüssten wo wir sind. Dann erklärte sie noch ein wenig den richtigen Weg auf das Achill Island, und zwar wortreich irisch.
Ein Bauer mit Hund versprach, das es heute wohl nicht mehr regnen würde. Wir wollten uns ohnehin aus den inzwischen durch den Wind abgetrockneten Regensachen schälen.Wir verließen den Greenway bei Mulranny und fuhren auf die Halbinsel, wo wir auf die Südroute entlang der Küste abzweigten.
Diese nur wenig befahrene Strecke eröffnete uns wunderschöne Ausblicke auf die Clew Bay, auf Clare Island und sogar dahinter liegende Küsten und Inseln.Hier hatte 1588 ein Schiff der spanischen Armada Schiffbruch erlitten, nur 16 Mann Besatzung überlebten. Überhaupt hatten Schiffe der spanischen Kriegsflotte die Westküste Irlands eifrig als Zufluchtsort oder Basis benutzt, wie eine zweite Bronzeplatte zeigte. Für Irland verlief bekanntlich die Zusammenarbeit mit den spanischen Brüdern im katholischen Glauben im Kampf gegen die Engländer wenig erfolgreich.
Der Himmel wurde zusehends blauer und es wurde sogar sonnig. An einer schönen „Fernsehecke“ hatten wir, mangels anderer Möglichkeiten – die Gegend war sehr einsam – bereits ein Picknick mit Brot, Käse und Joghurt gemacht. Wind und ein wiederholtes Auf und Ab blieben unsere einzigen Gegenspieler in der reizvollen Landschaft. Wir umfuhren sozusagen südlich den höchsten Berg der Halbinsel (540 m), was sich natürlich auch im umliegenden Gelände und den Wegen bemerkbar machte. Immer wider kletterten wir von nahezu Meeresspiegelhöhe auf Höhen bis zu 50-60 m, auf Achill Island sogar über 100 m. Nachdem wir einen Großteil der Ostküste von Achill Island auf der gegenüberliegenden Seite abgefahren hatten, wollten wir nun auf die Insel und dort einen Rundkurs (größtenteils entlang des „Atlantic Drive“) radeln. Da es schon früher Nachmittag war und wir schon ein wenig von Gegenwind und Anstiegen zermürbt waren, beschlossen wir, im Hotel vor der Brücke zu Achill Island Quartier zu nehmen und uns ohne Gepäck nur mit dem Nötigsten auf den Rundkurs zu machen. Eine weise Entscheidung! Denn vor die schönen Ausblicke hatte der Landschaftsgestalter hier den einen oder anderen Berg gesetzt, den es zu überwinden galt. Auf einer Nebenstrecke, die die bergige Insel querte, waren wir zeitweise allein mit vielen Schafen, die uns zwar erst neugierig beäugten, sich vor dem anrollenden Fahrrad aber doch flugs seitlich von der Straße verdrückten. Nur einmal war jemand beim Torfstechen zu sehen. Ab Keel nahmen wir wieder eine Nebenstraße zur anderen Seite der Insel, im Hintergrund thronte der 671 m hohe Slievemore. Der Gipfel war in den Wolken versteckt, was den Berg ein bisschen wie einen Vulkan aussehen ließ. Wir passierten auch noch zwei schöne Buchten mit Sandstrand und schöne langen Abschnitte mit Blick auf die See und andere entferntere Küstenabschnitte gegenüber (nein, nicht Amerika, meinte nördlich der Insel). Die Freude an der relativen Windstille auf dieser Seite wurde allerdings bald durch die Freude an schönen steilen und langen Anstiegen abgelöst (Scherz!), denn wir mussten die Insel ja wieder durchqueren um auf die R319 zurückzukehren, die zu unserem Hotel zurückführte. Mit einen längeren Endspurt – es hatte begonnen leicht zu regnen und 20:00 Uhr war überall Küchenschluss – waren wir noch rechtzeitig im Hotel zurück, konnten die Fahrräder einstellen und uns frisch machen, und gingen zum wohlverdienten Abendessen (Hake mit Pommes und Salat, Cider bzw. Smithwicks Irish Ale, Käsekuchen bzw. Apple Pie.