Mweenish Island – Clifden (61,7 km)
Nach einem ausgiebigen irischen Frühstück verabschiedeten wir uns herzlich von unseren Wirtsleuten und stellten uns zu einem Abschiedsfoto auf, so dass wir uns später besser an die vielen kleinen Geschichten über die Familie und die Insel erinnern können. Aufgewachsen auf der Insel im traditionell gälischsprachigen Gebiet war die Wirtin mit 20 Jahren mit der Familie nach Amerika gegangen. Erst dort hatte sie Englisch gelernt. 1999 waren beide dann zurückgekehrt, die inzwischen erwachsenen Kinder blieben aber in Amerika. Eigentlich hatten sie nicht vor gehabt, B+B (Zimmer mit Frühstück) anzubieten. Aber wer weiß, vielleicht war auch das kostspielige Hobby des Hausherrn, ein altes traditionelles Holzsegelboot (ein Galway Hooker), der Grund. Heute wollte er es wieder auftakeln – Mast, Baum und Segel lagen auf der Auffahrt vor dem Haus bereit. Auch wir mussten uns auf den Weg machen.
Wir verließen die Insel und radelten weiter durch die reizvolle Landschaft, die sich auf der ganzen Strecke sehr abwechslungsreich zeigte. Wir durchquerten sehr karge Ebenen, passierten auf unserem Weg wieder viele kleinere und große Seen (Lough) und schlängelten uns immer wieder an der stark gegliederten Küste entlang. Im Hintergrund thronten die Berge, je nach Richtung und Straßenverlauf die SLEIBHTE MHÁM TOIRC (Maumturk-Gebirge) oder die NA BEANNA BEOLA (die zwölf Gipfel). Auch wenn die Straße nicht so hoch lag (im Durchschnitt 13 m) hatten wir doch einige Anstiege zu bewältigen. Unangenehm waren hin und wieder die riskanten Fahrmanöver einiger irischer Blechritter direkt vor unserer Nase. Auf der Strecke trafen wir auch auf andere Radfahrer, meistens Amerikaner, die allerdings ohne Gepäck unterwegs waren. Deren Begleitfahrzeug mit der Aufschrift „Iron Donkey tours“ (Drahtesel-Reisen) tauchte immer mal wieder auf.
Wir erreichten Roundstone, ein an sich beschauliches Örtchen, gäbe es da nicht die vielen Touristen (zu denn wir ja nun mal auch gehörten). Außerdem war noch Markt und die Kirche war gerade aus. Wir fanden Platz in einem kleinen Café, das mit frischen selbst gemachten Produkten warb und den eiligen ungeduldigen Besucher darauf hinwies, dass er nicht den richtigen Ort gewählt hat, wenn er nicht ein bisschen Zeit mitbringt („If you are in a hurry you are in the wrong place“).
Dann suchten wir noch den Laden/Post/Tankstelle auf, um Briefmarken und Ansichtskarten zu kaufen, und schlenderten kurz über den doch sehr übersichtlichen Markt mit Blumen, Gebäck, Kunsthandwerklichem bis hin zum Schmuckdesign.
Wir genehmigten uns noch ein Eis aus Connemara bevor wir uns wieder auf zu unseren Rädern machten. Letztere hatten schon die Aufmerksamkeit einiger französischer “Leichtradler” erregt – ein zaghafter Hebeversuch an meinem Rad (mit Gepäck!) scheiterte …
Wir trafen die „Equipe tricolore“ später noch kurz wieder, sie hatten aber offensichtlich eine andere Strecke geplant.
Auf unserem Weg, natürlich immer mal wieder mit Anstiegen, wurden wir durch reizvolle Ausblicke belohnt: hier gab es doch tatsächlich ausgedehnte Badebuchten mit hellem Strand und hellblauem Meer.
Unser anvisiertes Ziel war erstmal Clifden; dort gab es zwei Zeltplätze – einer im Ort und einer in einiger Entfernung dahinter. Aber diese Planung mussten wir bald aufgeben; Jürgen und Doro hatten in den letzten Tagen telefonisch neueste Hochwassermeldungen empfangen; die letzten Hiobsbotschaften zwangen allerdings beide zum Abbruch. Apropos Bruch – kaum in Clifden angekommen brach an Birgits Vorderrad eine Speiche. Also machten wir uns auf die
Suche – der eine nach Busauskunft und -fahrplan , der andere nach einem
Fahrradladen. Ich fand letzteren, allerdings war er am Sonntag nicht geöffnet. Also gleich eine Übernachtung daneben gesucht, damit wir morgen früh bei Ladenöffnung (Einheimischer gaben eine Spanne von 10.00 Uhr bis vielleicht 10.30 Uhr an) die Ersten waren. Doro und Jürgen passte das auch gut. Da ihr Bus (Clifden-Galway mit Anschluss nach Dublin) schon um 07.30 Uhr abfuhr.
Das Benview House wirkte wie ein begehbares Museum oder zumindest Antiquitätenladen. Die Zimmer waren nicht sehr groß, unser WC mit Dusche war in einer Nische hinter zwei Kleiderschranktüren versteckt. Der „Museumswärter“ (Wirt) war sehr freundlich und redselig, und wie alle Iren hatte er eine besondere Geschichte parat. Sein Großvater war bereits im 19. Jahrhundert Mitglied der britischen Cycling Association geworden. Stolz präsentierte der Gastgeber die Original-Urkunde.
Nach einem längeren Spaziergang suchten wir uns dann einen netten und würdigen Platz für das letzte Abendessen zu viert. Wir fanden ihn bei JC Connely, wo wir den Tag gemütlich bei frischer irischer Livemusik ( ab 18:30 Uhr und 21:30 Uhr) ausklingen ließen.