Santa Rosa
Einen Fahrplan zu lesen ist nicht jedermanns Sache und so kam es, dass wir an der Bushaltestelle standen und standen und kein Bus kam. Sollte er etwa ausgefallen sein? Ein weiterer Blick auf dem Fahrplan zeigte, es war der Sonntagsfahrplan, wochentags fuhr er – zum Glück – eine Viertel Stunde später. Preise für den öffentlichen Nahverkehr sind hier – wie auch an der Ostküste – lächerlich niedrig. Für je $ 1,25 fuhren wir also ins Stadtzentrum von Santa Rosa. Unser erstes Ziel waren Haus und Garten von Luther Burbank, einem berühmten Gartenexperten. Wir entschieden uns für eine Führung und wurden von einer netten älteren Dame, die wie alle anderen hier ehrenamtlich tätig ist, durch die Gärten, das Gewächshaus und Wohnhaus von Luther Burbank geführt. Sie erzählte ausführlich über sein Leben. Er war 1849 als 13. Kind in Massachussetts geboren und interessierte sich schon früh für Pflanzen und die Schriften von Charles Darwin. Später folgte er seinen Brüdern nach Kalifornien und begann in seiner Freizeit Obst und Gemüse anzubauen. Trotz des günstigen Klimas an der Westküste war die Landwirtschaft zu jener Zeit nicht sehr verbreitet. Der Goldrausch und die ständig wachsende Bevölkerung führten jedoch zu einer großen Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten. Luther Burbank experimentierte mit den verschiedensten Pflanzen, um ihre Eigenschaften zu verbessern. Neben einigen Fehlschlägen erzielte er riesige Erfolge. Man schätzt, dass er etwa 800 neue Pflanzenarten gezüchtet hat. Bereits zu seinen Lebzeiten war er eine Berühmtheit. Leute kamen von überall her, um ihn zu besuchen. Zu seinen Freunden zählten Edison und Henry Ford.
Die Gärten werden von ehrenamtlichen Helfern mit viel Engagement nach seiner Philosophie weitergeführt. Am meisten beeindruckt war ich von einem riesigen Kaktus, der bereits zu Zeiten Burbanks existierte.
Ein weiteres Talent oder Genie stand noch auf unser Liste, über den wir mehr erfahren wollten. Nach dem Gartenbesuch machten wir uns über das historische Bahnhofsviertel auf den Weg zum Museum für Charles M. Schulz, den “Vater” der Peanuts. Der Weg dorthin war wesentlich weiter als wir erwartet hatten und so waren wir ziemlich hungrig und durstig als wir an der Mall nahe dem Museum vorbei kamen. Also stärkten wir uns erstmal.
Das Museum selbst ist faszinierend. Planungen für ein solches Museum hatte es bereits zu Lebzeiten von Schulz gegeben, doch die Eröffnung erfolgte erst 2002, d.h. 2 Jahre nach seinem Tod. Wir sahen Snoopy, Charly Brown, Linus und alle anderen Peanuts beginnend mit den ersten Comic Strips aus den 50er Jahren bis hin zu den Filmen und dem Abschlusscomic, der – eine Ironie des Schicksals? – genau an dem Tag erschien als Charles M. Schulz starb. Wir sahen sein Studio, das im Museum originalgetreu wieder aufgebaut wurde, Videoclips mit Interviews mit Schulz und seinen Mitarbeitern, Dokumente aus seinem Leben, Zeichnungen aus seiner Militärzeit, Auszeichnungen etc.; erfuhren einiges über seine Philosophie und sein Engagement für den Sport, insbesondere den Eissport, dem seine besondere Liebe gehörte. Daher hatten er und seine Frau das Snoopy-Eisstadion in Santa Rosa gebaut und organisierten alljährlich ein Snoopy-Eishockey Turnier, bei dem die Teilnehmer mindestens 40 Jahre alt sein müssen. Schulz selbst spielte auch nachdem er die 70 schon überschritten hatte noch mit.
Schulz hatte Christo und Jeanne Claude bei ihrem Projekt Running Fence – ein “Zaun” aus Stoffbahnen mit Drahtseilen befestigt, der sich durch die nordkalifornische Küstenregion schlängelte – mit einem Comic über die verhüllte Hundehütte von Snoopy unterstützt. Christo und Jeanne Claude bauten diese im Original und schenkten sie dem Museum.
Leider reichte die Zeit nicht aus, um alles aufzunehmen, was es in diesem Museum zu sehen gibt. Wir warfen noch einen Blick in den Comic Workshop, wo eine nette ältere Dame saß und uns über Projektarbeit mit Kindern informierte. Dabei kamen wir ins Gespräch und diskutierten schließlich über die Wahlen, Politiker, den Fall der Mauer, die wirtschaftliche Lage in den USA.
Wir gingen noch in den Garten mit dem drachenfressenden Baum und Lucy’s Hut, unter dem einige Peanuts-Charaktere als Hologramme zu sehen waren.
Nach dem langen Weg hin zum Museum beschlossen wir, den Bus zurück in die Stadt zu nehmen. Doch Amerika ist nach wie vor ein Land der Autofahrer, so war es gar nicht so leicht, jemanden zu finden, der einem Auskunft zu den Bussen geben konnten. Schließlich fragten wir in der örtlichen Bücherei nach. Eine nette Dame am Empfang fragte uns, woher wir kommen und war voller Begeisterung als sie Potsdam und Berlin hörte – “I love Sanssouci”!
Sie konnte uns auch mit dem Bus helfen und so waren wir bald wieder im Stadtzentrum. Wir machten noch einen Spaziergang, schlenderten durch die Mall und aßen Abendbrot. Dann fuhren wir zum Hotel und bereiteten uns auf den morgigen Tag vor.