Van Damme State Park-Anchor Bay (79,36 km)

Nach einer etwas unruhigen Nacht im Wald und einem reichhaltigen Frühstück ging’s wieder weiter. Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel und ein fast schon kitschig wirkender blauer Ozean versprachen einen tollen Radeltag, ja wenn da nur nicht die Berge wären…. Nicht dass es sich um besonders hohe Exemplare handelte, es ging halt immer wieder auf und ab. Glücklicherweise fuhren wir in die richtige Richtung, d.h. der Wind unterstützte uns. Wie stark er blies, merkten wir erst auf den Serpentinen, als er uns auch mal so richtig ins Gesicht blies und zumindest mich zwang, vom Rad abzusteigen und zu schieben. Wie schon so oft, wurden wir für unsere Mühen mit tollen Ausblicken belohnt. Auch nach mehr als drei Wochen entlang der Küste haben wir uns noch nicht satt gesehen an den aus dem Meer ragenden Felsen, an der meterhohen Brandung, den lauschigen Buchten und der unermesslichen Weite des Ozeans. Eukalyptusbäume, Pinien und ab und zu ein Stückchen Urwald trugen zur Abwechslung bei. Nach ca. 50 km anstrengender Fahrt erreichten wir die Lighthouse Road in Point Arena.

Der Leuchtturm am Ende der Straße war auf jeden Fall ein Ziel unserer heutigen Route. Doch inzwischen knurrten unsere Mägen schon mächtig, also war die Frage, schaffen wir es noch was zu essen, bevor der Leuchtturm schließt. Laut Reiseführer sollte er 15.00 Uhr zumachen. Doch ein Hinweisschild gab als Schließzeit 16.30 Uhr an, genug Zeit für eine Stärkung im Café Rollerville, laut Reklame das erste Café nach Hawai. (Point Arena ist der Punkt der Westküste der USA, der Hawai am nächsten ist.) Das heutige Special war ein Reuben Sandwich – klang interessant, also probierte ich es: dünn geschnittene Kasslerscheiben, Sauerkraut mit Käse überbacken zwischen zwei Toastscheiben. Sicherlich nichts für jeden Tag, aber ganz lecker. Gut, dass wir uns entschieden hatten, erst was zu essen, denn die zwei Meilen zum Leuchtturm erwiesen sich als außerordentlich anstrengend – der Wind blies uns mit aller Kraft ins Gesicht.

Doch gut gestärkt wie wir waren, trotzten wir ihm und erreichten schließlich den Leuchtturm am Point Arena. Wir stiegen die 145 Stufen hinauf und wurden mit einem phantastischen Ausblick auf die Küste belohnt. Dort wartete auch schon ein sachkundiger Führer. Die ursprünglich oben installierte riesige Fresnel-Linse ist heute ebenerdig im Museum / Shop zu besichtigen, heute unterstützt ein Funkfeuer mit 50 Meilen Reichweite und eine kleinere Leuchte über 18 Meilen die Navigation. Beide Navigationshilfen werden von der US Coast Guard betrieben, während der Leuchtturm und das Museum aus privaten Mitteln über einen Verein finanziert werden. Außerdem erfuhren wir noch etwas über die Geschichte des Leuchtturms und seine Bedeutung für die Schifffahrt in der Gegend.

Offensichtlich ist er ein markanter Wegpunkt, denn die Schiffe aus San Francisco und LA fahren auf dem Weg nach Südasien bis auf Höhe Pointe Arena und biegen dann fast rechtwinkelig ab, ebenso die Schiffe aus Asien auf dem Weg nach Südkalifornien. Doch damit nicht genug, wir wurden auch über andere Leuchttürme an der Westküste, in Nordamerika im Allgemeinen, aber auch in Europa bis hin zum ersten bekannten Leuchtturm in Alexandrien informiert. Pharologie, die Leuchtturmkunde, ist offensichtlich ein Hobby von ihm. Als wir so langsam wieder runter gehen wollten, kamen gerade drei Amerikaner hoch, der älteste von ihnen berichtete stolz er sei 90 Jahre. Die Frage, ob denn schon einmal ein 90jähriger hier oben gewesen sei, wurde verneint, der bisher älteste Besucher war 89 Jahre alt – Respekt!

Wieder auf ebener Erde warfen wir noch einen Blick in das im Nebelsignalgebäude untergebrachte Museum. Übrigens wurde der Film Forever Young mit Mel Gibson hier gedreht.

Nachdem nun auch unser Bildungshunger gesättigt war, fuhren wir – den Wind im Rücken – wieder auf unsere Hauptroute. Die aufregende Küstenlandschaft veranlasste uns zu so manchem Fotostopp. Dabei schlich eine Frau fasziniert um unsere vollgepackten Räder und sagte: das ist ja noch beeindruckender als diese Aussicht hier. So langsam war es auch Zeit, ein Plätzchen für die Nacht zu finden. Nach zwei Tagen auf dem Zeltplatz wäre eine feste Unterkunft schon gut. Doch diese scheinen zumindest auf diesem Küstenabschnitt rar zu sein. Zwei Inns waren geschlossen und standen offensichtlich zum Verkauf. Da waren wir froh, als wir das Whale Watch Inn entdeckten, hübsch gelegen mit direktem Zugang zum Meer, umgeben von Bäumen und Sträuchern. Ein idealer Ort zum Ausspannen. Also eine Gewissensfrage – können oder wollen wir uns das leisten? Doch nach den Mühen des Tages und mit der Aussicht auf ein Gourmet-Frühstück am Morgen sowie einem Weinempfang am heutigen Abend, sagten wir ja. So sitze ich nun mit dem Netbook auf dem Schoß vor dem Kamin und schreibe, während ich immer mal einen Blick über den Balkon auf den langsam im Dunkel verschwindenden Ozean werfe.

Der Weinempfang war übrigens sehr nett, wir probierten kalifornischen Champagner, Weißwein und Apfelcidre sowie allerlei Leckereien. Wir kamen mit einem netten Paar aus Iowa ins Gespräch und verbrachten so eine sehr schöne Stunde.

Da es noch früh am Abend war, stiegen wir die steile Treppe hinunter zum Strand und badeten wenigstens unsere Füße mal im Pazifik – das Wasser bei einer Kneipp-Kur ist wahrscheinlich wärmer!