Cheswick – Lindesfarne – Beal
30,1 km
Nach der gestrigen langen Strecke, hatten wir heute wieder eine kurze Etappe geplant: einen Besuch au der Insel Lindesfarne, auch Holy Island genannt. Unsere Unterkunft Island View Inn machte ihrem Namen keine Ehre. Außer einem Bild von Lindesfarne Castle im Frühstücksraum war um uns alles grau und regnerisch. Stolze 13 Grad zeigte des Thermometer, ein wahrer Hochsommer (ha, ha, ha). Der Wirt versicherte uns, dass man bei Sonnenschein das Castle sehr gut sehen könnte, wir glauben ihm einfach. Gegen zehn setzten wir uns in Bewegung (Frühstück gab es erst ab 8.30 und Steffen hatte noch den gestrigen Beitrag geschrieben und Bilder eingestellt). Unser erstes Hindernis hatten wir direkt vor der Haustür: wir mussten die stark befahrene A1 überqueren. Gestern, am Sonntag war nicht so viel Verkehr, aber heute rollte er gut in beide Richtungen. Schließlich ist es DIE Hauptstraße zwischen Newcastle und Edinburgh. Wir haben es geschafft, die Straße sicher zu überqueren und fuhren nun erstmal ein Stück auf der gestrigen Strecke zurück zum Radweg. Gut dass wir heute auf diesem nur knapp 10 km fahren wollten, Es gab zwar keinen Verkehr, aber nur eine kleine Fahrspur und Gras. So strampelten wir uns bei leichtem Regen langsam voran. Ab und zu mussten wir noch durch Tiergatter, aber zum Glück hatten diese an der Seite immer eine Tür, ohne weitere eingebaute Hindernisse (wir haben da bei früheren Radtouren so unsere Erfahrungen gemacht). Schließlich erreichten wir eine Asphaltstraße. Wir fuhren über einen beschrankten Bahnübergang und kam dann wieder zu einem Radweg, der direkt zum Anfang des Causeway führte, der Straße, die bei Ebbe auf die Insel führt. Es gibt große Hinweistafeln, dass man die Straße nicht benutzen darf, wenn das Wasser an die Fahrbahn reicht, außerdem rechts uns links einen Gezeitenplan, auf dem für jeden Tag die sicheren Passierzeiten aufgeführt sind (heute von 7:30 bis 14.10 und von 20:15 bis 02:20). Wir haben uns entschieden, erst nach 20.00 Uhr zurückzufahren und so den Tag auf der Insel zu verbringen. Als wir die Insel erreichten, herrschte ziemlicher Betrieb. Es gibt am Ortseingang einen großen Parkplatz. Weiter darf man bis auf wenige Ausnahmen nicht mit dem eigenen PKW fahren. Wir radelten an den ganzen Leuten vorbei zur Abtei. Diese und das dazugehörige Museum wollten wir uns zuerst ansehen und danach zum Schloss fahren. Wie sich herausstellte, legen die Museen, Cafés und Geschäfte ihre Öffnungszeiten anhand des Tidenplans fest, d.h. Museum und Abtei waren nur bis 13.30 das Schloss gar nur bis 13.15 Uhr (letzter Einlass 12:45 Uhr) geöffnet.
Lindisfarne spielt in der britischen Geschichte, vor allem des Christentums, eine wichtige Rolle, denn hier wurde im 7. Jahrhundert ein Kloster errichtet, Cuthbert wurde Bischof von Lindisfarne. Ende des 8. Jahrhunderts wurde die Insel von den Wikingern überfallen, die Mönche verließen die Insel und gingen nach Durham. Dorthin nahmen sie die Überreste ihres heiligen Cuthbert mit. 1080 kamen Benediktinermönche auf die Insel und errichteten die Lindisfarne Priory deren Ruinen man heute besichtigen kann. Von hier aus trugen Missionare den christlichen Glauben bis auf das europäische Festland. Nach diesem religionsgeschichtlichen Exkurs schwangen wir uns wieder auf unsere Räder und fuhren zum Castle, das auf einem Felsen gebaut und daher weithin sichtbar ist. Das im 15. Jahrhundert errichtete Gebäude war vom ca. 1550 bis 1863 vor allem militärisch genutzt worden. 1901 erwarb es Edward Hudson, der Gründer des Country Life Magazines. Er ließ es umfassend umbauen und nutzte es als Rückzugsort, in der auch Freunde einlud, die zwar gerne kamen, aber seine große Begeisterung für den Ort nicht unbedingt teilten. Als wir aus dem Castle kamen, stellten wir fest, dass sich die Insel merklich leerte. Die meisten Touristen gingen wieder zu ihren Autos, um rechtzeitig von der Insel zu kommen. Wir sahen uns noch die Kalköfen an und gingen dann zu dem von Gertrude Jekyll angelegten Walled Garden. Gertrude Jekyll war eine weit über England hinaus bekannte Gartengestalterin und Autorin. Ihr Garten ist ein Farbenmeer und eine Oase der Ruhe. Als wir ankamen, saß in einer Ecke des Gartens ein Mann, der offensichtlich den Garten oder Teile davon malte. Wir setzten uns auf eine Bank und genossen die Stille, den Blick auf die Blumen und davor das Castle. So langsam verspürten wr Appetit auf Tee und eine Kleinigkeit. So gingen wir zu unseren Rädern und schoben sie langsam wieder in Richtung Ort. Allmählich kam die Flut und als wir so aufs Meer blickten, sahen wir plötzlich an mehreren Stellen Robben auftauchen. Wie toll! Und dann entdeckte Steffen in der Wiese noch ein Reh! Das Naturreservat Lindisfarne zeigte uns seine Schätze. Dazu kamen noch zahlreiche Wasser- und andere Vögel. Es gibt eine kleine Ausstellung in einem Gebäude mit Glasfenster hin zur Wiesenlandschaft, dem Window on Wild Lindisfarne.
Im Manor House tranken wir Tee und aßen Kuchen. Danach stiegen wir noch zum Heugh auf, einem Felsen und genossen nochmal die Sicht auf die Insel und die Umgebung. Da es noch dauerte, bis wir die Insel wieder verlassen konnten, wollten wir noch Abendessen gehen. Es gab drei Möglichkeiten: im Manor House, wo wir Tee getrunken hatten, sagte uns die Speisekarte nicht so zu, das Ship Inn war ausgebucht; blieb noch The Crown and Anchor. Wir bekamen einen Platz, aber nur für eine Stunde, weil auch hier alles reserviert war. Lange wollten wir uns ja nicht aufhalten, schließlich mussten wir die Insel wieder verlassen und noch ca. 10 km zu unserer nächsten Unterkunft fahren. Aber diese Stunde Abendessen lohnte sich: es schmeckte phantastisch und schließlich hatten wir sogar noch Zeit und Platz (Nachtisch geht immer) für ein dekadentes leckeres Dessert. Gesättigt und sehr gut gelaunt, fuhren wir langsam Richtung Causeway. Es war zwar noch mehr als eine Stunde Zeit, bis es laut Gezeitenkalender sicher war, diesen zu befahren, aber das Wasser hatte sich schon soweit zurückgezogen, dass wir gefahrlos die Straße nutzen konnten. Zunächst herrschte eine absolute Stille, die Sonne spiegelte sich im Wasser, unzähliche Wasservögel waren zu sehen. Mit diesen Eindrücken verließen wir die Insel und fuhren zu unserern Unterkunft, dem Linidsfarne Inn.