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Cieszyno-Białogard [68 km]

Heute haben wir das Bad im See ausgelassen; in der Nacht waren es nur 3°C und am Morgen war es trotz blauem Himmel noch sehr, sehr frisch!

Also dann direkt zum Frühstück, auf das wir uns schon sehr freuten. Zu recht, diesmal gab es die hervorragende Auswahl an Leckereien wegen weiterer Gäste als Buffet.

Gut gestärkt konnten wir uns also auf den Weg machen, schließlich galt es einige Höhenmeter bis zum buchstäblichen Höhepunkt der Tour zu überwinden.

Zunächst ging es wieder auf der Bahntrasse entlang, jetzt auf der Radroute Nr. 15. Wieder Kraniche gesichtet, diesmal ziemlich nahe. Die Landschaft rechts und links der Trasse war jetzt viel weitläufiger. Felder, bunte Wiesen mit violetten Lupinen und der eine oder mehrere „Tümpel“, Teich, Moor oder Feuchtwiese waren unsere Begleiter; dazu viele Vögel (z.B. Gelbspötter und die seltene Kornweihe) und andere Tiere, z.B. ein Feldhase. Auf der asphaltierten Trasse kamen wir gut voran; leider mussten wir sie doch verlassen. Vorher feierten wir noch Bergfest: Mit 193 m hatten wir den höchsten Punkt der Tour erreicht. Weiter ging’s und nun mussten wir auch immer ein bisschen improvisieren und vom optimalen Track abweichen, um ab und zu wilde Sand- und Holperstrecken zu umfahren; wir durchquerten nun auf holprigem geschottertem Pfad malerische Waldstücke mit tiefen Gräben und Schluchten, die in der Eiszeit und durch jahrtausendlanges Wirken des Wassers entstanden sind.

Die Route wurde unverhofft zu einem gepflasterten Weg der uns geradewegs in den Park des Kurortes Połczyn-Zdrój führte.

Über schmale Straßen gelangten wir zur Fußgängerzone „Grünwalder Straße“, die ebenso wie das gesamte alte Zentrum auf mittelalterliche Grundrisse zurückgeht und weitestgehend erhalten ist, da die Stadt im 2. Weltkrieg mangels strategischer Bedeutung kaum Schäden erlitten hat. Ein buntes „Dach“ aus vielen Regen-(eher Sonnen-)Schirmen schmückte die Promenade. Der Freiheitsplatz hat sich in seinem Grundriss ebenfalls aus der Zeit der Stadtgründung im 14. Jh. erhalten. Einst stand hier sogar ein Roland als Sinnbild und Schutz der Stadtwürde. Im alten Schloss, u.a. einst im Besitz derer von Manteuffel und später derer von Arnim, ist die Stadtbibliothek untergebracht.

Auf dem Weg aus der Stadt schauten wir uns noch einen der 6 kreisrunden Straßenzüge an, die wohl mal als besonderes Gestaltungsprojekt errichtet worden waren, heute aber nichts mehr von der damaligen durchgestalteten Bebauung erkennen lassen.

Jetzt ging es noch einmal gut auf der ehemaligen Bahntrasse voran, nun auch parellel zu einer Landstraße, bei der eine Fahrbahnhälfte erneuert wurde … aber was war das: dort wo der Radweg einen Bogen machte und die Straße querte, lag ein großer Haufen! Und dann war da noch ein tiefer Randgraben. Inzwischen hatte die Ampel am Anfang der Baustelle umgeschaltet, aber wir schafften es zwischen den wenigen LKW die Straße zu überqueren. Auf einer kleinen aphaltierten Straße ging es weiter, vorbei an einer Kirche mit einem besonderen Heiligenbild – natürlich der Hl. Johannes Paul II.

Irgendwie hatten wir zur Mittagszeit keinen Ort mit irgendeinem Essensangebot passiert und so freuten wir uns, als ein Messer-und-Gabel-Schild in eine Gasse wies. Aber – die festlich gekleideten Kinder, Jugendliche und Erwachsenen ließen es erahnen – das Lokal war belegt. Aber die Wirtin spendierte uns dankenswerterweise einen Kaffee, zu dem wir auf der „Raucherbank“ noch unsere Kuchen- und Keksreserven verzehrten. Die Gäste, einschließlich das Mädchen im langen Kommunionkleid, kamen und gingen immer wieder vorbei – ein ganz schöner Kontrast zu dem staubigen Hinterhof mit Blick auf karge Fassaden.

Bis zu unserem Zielort Białogard ging es auf einer relativ belebten Straße immer wieder hoch und runter. Gelegentlich kamen uns die Autos bedrohlich nah, aber eine echte Schrecksekunde hatten wir, als wir etwa 150 m vor uns eine Rotte Wildschweine über die Straße gehen sahen. Zum Glück waren wir weit genug entfernt. Das vorab gebuchte Hotel „Royal House“ lag etwas außerhalb am anderen Ende der Stadt. Den Schlüssel erhielten wir nach einem Anruf mit Hilfe der dann mitgeteilten Codes für kleine Zahlenschlösser vor Schlüsselfächern. Die Fahrräder nahmen wir vier mit in den Vorraum, Birgit und ich fuhren unsere gleich weiter in unser Zimmer im Erdgeschoss. Frisch geduscht und „stadtfein“ zogen wir zu Fuß los; zunächst zum Bahnhof um Fahrkarten und Reservierungen für unsere Rückfahrt von der Ostseeküste nach Hause zu kaufen. Durchlösen könnten wir nur direkt in Kosczalin, also entschlossen wir uns über Sczezcin zu fahren, weil bis dahin zumindest im Regionalzug noch die Fahrradmitnahme möglich war (bei den IC waren alle Stellplätze ausgebucht).

Nachdem wir das Wichtigste erledigt hatten, bummelten wir noch durch das Stadtzentrum mit zum Teil sehr schönen alten Bürger- und Kaufmannshäusern. Vor dem alten Rathaus saß in Bronze gegossen der populärste polnische Singer-Songwriter und Jazzsänger Czesław Niemen. Sein Konterfei schmückte auch einen Hausgiebel auf dem Weg zu hoffentlich „unserem“ Restaurant fürs Abendessen. Aber auch hier: eine geschlossene Gesellschaft! Also blieb nur eine Pizzeria, die auch, leider nur tagsüber, polnische Gerichte bot. Also suchte sich jeder seine Pizza aus, die es in Größen von 28 bis 42 cm gab. Nebenher buchte ich unsere nächste Unterkunft.

Auf dem Rückweg kamen wir wieder am Stadtpark vorbei, zuvor hatten wir auch schon Reste der ursprünglich im 14. Jh. errichteten Stadtmauer und das Hohe Tor passiert.

Wir kauften noch etwas für den morgigen Weg zur Küste ein und verabredeten uns fürs Frühstück um 08:00 Uhr.