Białogard-Ustronie Morskie [78 km]
Jede Herberge hält ihre eigenen Überraschungen bereit. Beim „Royal House“ war es das Frühstück, oder besser gesagt: der Frühstücksraum. Im Hochzeits-, Bankett- oder wie auch sonst dieser Festsaal noch heißt, war auf einer Seite eine lange Tafel als Buffet aufgebaut. Das Angebot war reichlich und vielfältig, einschließlich leckerer Eierkuchen, die sogar extra noch für uns zubereitet wurden. In der einen Hälfte des Raumes befanden sich mehrere lange Tafeln, jede mit mindestens 20 Plätzen, auf der anderen Seite standen ziemlich verloren drei runde Tische mit je vier Plätzen für die Frühstücksgäste. Aber Hauptsache es schmeckte und wir konnten mit frischer Kraft die nächste Etappe in Angriff nehmen. Heute ging es an die Küste.
Nachdem wir noch eine ganze Weile auf Radwegen durch Białogard gefahren sind, erreichten wir endlich den Ortsausgang. Eigentlich sollte dort der Radweg Nr. 15 weitergehen, aber da muss noch etwas gebaut werden. Bis zum Gewerbegebiet führte ein schmaler Radweg, doch dann blieb uns nicht weiter übrig als bis kurz vor Karlino die Hauptstraße Nr. 163 zu benutzen. Zum Glück war Sonntagvormittag, da war der Verkehr erträglich. Dennoch waren wir froh als wir an einer großen Kreuzung die Einfahrt zum Radweg sahen. Karlino überraschte uns. Es hatte nicht nur eine hübsche Kirche und ein historisches Radhaus. Direkt am Radweg war ein Spielplatz und daneben waren zahlreiche Tafeln aufgestellt, die über die Umgebung, die Stadt und die historische Entwicklung der Gegend, einschließlich der Guts- bzw. Herrenhäuser informierten. Außerdem gab es eine Art Springbrunnen mit Figuren von Feuerwehrleuten in Aktion, denen man Blumenkränze umgehängt hatte, offensichtlich zur Ehrung. Später sahen wir noch ein riesiges Wandgemälde mit Feuerwehrleuten bei der Brandbekämpfung. Dies geht zurück auf einen Ölausbruch bei einer Erkundungsbohrung am 9. Dezember 1980. Das unter hohem Druck austretende Öl entzündete sich und brannte bis 14. Januar 1981 durch bis es endlich gelöscht werden konnte.
Von Karlino aus verlief der Radweg wieder lange auf einer ehemaligen Bahntrasse. Bei Lubiechowo machten wir einen kurzen Schlenker, um einen Blick auf das restaurierte Gutshaus zu werfen, das wir auf einer der Informationstafeln in Karlino gesehen hatten.
Vom Bahndamm ging es dann erst auf dem Radweg, später auf kleinen Straßen und wieder auf Radwegen in Richtung Küste. Nachdem wir insgesamt fast 38 km gefahren waren, hielten wir an einem Rastplatz an, um uns mit Brot, Würstchen und Käse sowie allerlei Gemüse und Bananen zu stärken.
Wir überquerten die neue vierspurige Ostseeautobahn und fuhren nach Grzybowo, unseren ersten Ort an der Küste. Von hier aus fuhren wir auf dem sehr gut ausgebauten Ostseeradweg zunächst nach Kolberg. In der Stadt herrschte ordentlich Trubel, wie man es von einem bekannten Kurort an einem Sonntagnachmittag wohl erwarten kann. Auf Radwegen kamen wir gut durch das Chaos. Der Fahrradcomputer zeigte inzwischen etwas über 60 km an. Zeit für eine weitere Pause und ein Käffchen. Wir fanden ein nettes Cafè, das zwar an einer Kreuzung lag, aber ein tolles Kuchenangebot hatte. Da wurden wir schwach, auch wenn es mit dem Kaffee nichts wurde – die Maschine war kaputt und einfach aufgebrühten Kaffee konnte oder wollte man nicht servieren. Es schmeckte trotzdem!
Auf dem Fahrradweg war ordentlich was los; im großen und ganzen fuhren aber alle diszipliniert. Und so konnten wir Kolberg bald hinter uns lassen und endlich auch den Blick aufs Meer genießen. Hinter Kolberg kamen wir noch an zwei Seen vorbei, auf denen eine Menge Enten und Gänse schwammen und Wasserlilien und Seerosen blüten. Bald kamen wir nach Ustronie Morskie, wo wir Zimmer im „Pensjonat Zenit“ gebuucht hatten. Das Hotel liegt zwar nicht in Strandnähe, ist aber sehr hübsch.
Nach einem leckeren Abendessen im neueröffneten Restaurant Gusto gingen wir nochmal zum Strand und sahen von der Mole (dem Steg zu einem Restaurant) dem Treiben dort zu: Kinder spielten, zwei Männer übten Salto – sehr gekonnt, und ein Paar rannte für Fotos oder ein Video am Ufer entlang – gefilmt von einem Fotografen mit Drohne. Auch wenn die Abendsonne schön schien – der Sonnenuntergang war noch lange hin. Wir machten uns auf den Rückweg zum Hotel.