Farge – Bremerhaven (5 km Fahrrad, 68,9 km Zug)
Nun stehen wir doch klitschnass im Foyer des Hotels im-jaich Bremerhaven. Zum Glück ist das Zimmer schon bereit und wir können unsere Fahrräder einschließen und uns im Hotelzimmer schon einmal „trocken legen“. Dabei war bereits die Anreise sehr spannend.
Wegen Kirsten, dem Sturmtief, das das den ganzen Tag Regen und heftige Winde bringen sollte, hatten wir uns Alternativen für die etwa 60 km Weserradweg am Westufer überlegt. Die Alternativroute auf unserer Seite war nicht so geschlängelt, führte aber dennoch über sehr viel offenes Gelände, wo uns Wind und Regen voll erwischen würden. Aber es gab ja eine Bahnverbindung ab Farge nach Bremerhaven mit 1mal Umsteigen in Bremen-Burg. Allerdings, so die Bahn-App, ist die Fahrradmitnahme nur begrenzt möglich und man sollte die Fahrräder am Vortag bis 17.00 Uhr telefonisch anmelden. Der Mitarbeiter der Telefon-Auskunft meinte wir sollten es einfach versuchen und das taten wir auch: 1,5 km zum Bahnhof und der Zug stand auch schon da. Es gab genug Platz, zumal es auch mehrere Fahrradabteile gab und das Wetter auch nichts für Radausflügler war, es regnete durchgängig. Auch die 5 Minuten Umsteigezeit waren kein Problem, der Zug kam aus Bremen, aber wir waren im Rad-Abteil zunächst die Einzigen mit Rad.
Hinter Stubben hielt der Zug auf freier Strecke und stand eine ganze Weile bis die freundliche Zugbegleiterin (die sich aber immer mal gemeldet und die Verzögerung kommuniziert hatte) mitteilte, es habe ein „Mißgeschick“ gegeben – bei Bauarbeiten sei die Oberleitung beschädigt worden. Der Zug sollte nun nach Stubben zurückfahren und dort würden dann Busse als Schienenersatzverkehr bereitgestellt. Da fraglich war, ob der Bus Fahrräder mitnehmen würde oder könnte, machten wir uns darauf gefasst, die restlichen 25 km querfeldein im strömenenden Regen mit dem Rad zurückzulegen. Aber nach einer weiteren Wartezeit ging es glücklicherweise doch weiter nach Bremerhaven – wo uns dann auf der Fahrt zum Hotel voll der Wind und strippenfeine Regen von See her erwischte.
Dem wollten wir auf den Grund gehen, könnte man sagen, und so machten uns dann auf zum Klimahaus, wo wir uns in die in die Warteschlange einreihten. Das Auswandererhaus stand ebenfalls auf unserer Liste, aber dort warteten auch viele Menschen.
Das Klimahaus wurde 2009 eröffnet, sicher nicht zufällig in Bremerhaven, denn hier hat das Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung seinen Sitz, das sich natürlich auch mit Klimafragen beschäftigt.
Im Klimahaus lädt Alex auf eine Reise entlang des durch Bremerhaven führenden Längengrades 8° Ost ein. Von Bremerhaven reist er mit seinem Alukoffer in die Schweizer Berge, wo er die wunderbare Bergwelt und eine traditionelle Methode der Nachrichtenübermittlung kennenlernte – das Jauchzen. Weiter geht es zu einer Familie nach Sardinien. Auf dieser großen Insel im Mittelmeer macht die sengende Sonne den Bewohnern zu schaffen, von 10.00 – 16.00 Uhr ist körperliche Arbeit einfach zu anstrengend, also wird der Lebensrhythmus danach ausgerichtet. An minutenlanges Duschen ist nicht zu denken, Wasser wird mit Tankwagen vom Festland gebracht und muss oft sogar rationiert werden. Auf dem Weg zur nächsten Station der Reise, taucht man noch einmal ab in die faszinierende Welt der Insekten und Reptilien und deren Lebensraum.
Bei den Tuareg ist Wasser ebenfalls ein hohes Gut. Hier, unter den kargen Bedingungen der Wüstengebiete im Norden des Niger hält sich nur wenig Vegetation. Aber noch andere Schätze liegen im Boden: Uran, das zum Großteil für die Energieversorgung Europas ausgebeutet wird. Neben der natürlichen radioaktiven Belastung werden die knappen Wasservorräte zusätzlich durch die Urangewinnung unbrauchbar, ja gefährlich. Kamerun mit seinem üppigen Regenwald liegt auch auf 8° Ost. Wenn die Abholzung der Wälder, unter anderem für edle Gartenmöbel, aber weiter so betrieben wird, dann werden mit der folgenden Bodenerosion durch Wind und Wasser Ödflächen geschaffen und die Lebensgrundlagen der Einwohner gefährdet.
Wissenschaftler des Alfred-Wegner-Instituts forschen in der Antarktis; auch hier sind die Klimaveränderungen spürbar. Auf Samoa sind sie sogar lebensbedrohlich: viele Inseln liegen bei einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels unter Wasser. Auch jetzt haben die Bewohner unter immer extremeren meteorologischen und geotektonischern Phänomänen wie Wirbelstürmen,
Erdbeben und Vulkanausbrüchen zu leiden. Die Gesellschaft auf Samoa, ohnehin im Spannungsfeld zwischen strengen Sippentraditionen und dem Anspruch der Heranwachsenden nach einem selbstbestimmten Leben, gerät durch Abwanderung wegen der ungewissen Zukunft noch mehr unter Druck.
Das Leben einer Inuit-Familie auf einer Insel in der Aktis ist bestimmt durch die Jagd und den Fischfang – selbst die kleinsten lernen schon spielerisch die nötigen Techniken. Es gibt wenig Vegetation – „Eskimogemüse“ nennen sie hier Innereien mit Seetang. Wie lange werden die Naturreichtümer hier langen, die lebenswichtigen Vögel und Fische noch den Weg hierher finden. Die Gesamteisfläche in der Arktis ist schon massiv geschrumpft…
Wie lange werden die Halligen an der Nordseeküste noch über dem Wasser liegen und den Landwirten und Bewohnern Lebensraum sein können? Darin unterscheidet sich das Leben auf Langenheß und in Samoa nicht wesentlich. Das kann der Besucher auch in der Sonderausstellung „Nordsee/Südsee“ erfahren, für die Alex 10 Jahre später nach Samoa und auf die Hallig zurückgekehrt ist. Und es wird deutlich: Alle sind von Klimaproblemen betroffen.
Und so konnten wir uns bei einer kleinen Hafenrundfahrt, auf die uns ein Kollege aus Bremerhaven entführte, im Angesicht der fest vertäuten und aktuell nutzlosen Kreuzfahrtriesen die Frage stellen, ob dies nun gut oder schlecht für die Menschen oder das Klima ist.
Die vielen Eindrücke ließen wir erst einmal bei einem guten Schluck und regionaler (Fisch-)Küche sacken. Und zum Abschied am Hotel stellte sich auch schon wieder der ortsübliche Strippenregen ein…