Nienburg (Weser) – Achim (78,77 km)

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Heute morgen grüßte uns ein grau bewölkter Himmel. Wir frühstückten dennoch auf der Terrasse und machten uns mit dem unguten Gefühl auf den Weg, dass es regnen würde. Ein älterer Herr, der sich ebenfalls gerade auf sein Rad schwang, brachte es auf den Punkt: „Na, heute werden wir wohl nass!“ Ich konterte mit irgendeinem zweckoptimistischen Satz und los ging’s – nein erst mal nicht mit dem Regen. Zunächst ging es auf einem grünen Uferweg noch weiter durch Nienburg – wir passierten den mächtigen Stockturm bevor uns die Route über die Brücke ans andere Ufer der Weser führte. Es ging jetzt immer wieder weit ab von der Weser entlang über Wiesen, Felder, gelegentlich gesäumt von Bäumen und Büschen. Dafür sahen wir unterwegs viele Vögel und Tiere: Reiher, Störche, Gänse, die im Gänsemarsch auf dem Feld unterwegs waren, Kühe, Schafe, neugierige Ziegen und sogar ein davonspringendes Reh. Hinter einem Bade- und Wassersportsee mit anliegendem Jachthafen an der Weser ging der Schleusenkanal von der Weser ab, der schnurgerade etliche Weserschleifen abkürzte. Bei Drakenburg ging es wieder über die Weser; wir machten einen kleinen Umweg und sahen uns noch das Renaissanceportal an. Wer würde so ein Kleinod in so einem Dorf vermuten! An einem Gehöft im Ort war ein Schild „Brieftauben-Einsatzstelle“ (der Brieftaubensportler aus Nienburg) angebracht. Kommt hier die gelbe Post so selten, dass die Anwohner auf alternative Dienste ausweichen?

Dem inzwischen einsetzenden Schauer konnten wir leider nicht ausweichen. Erst oberhalb der Fähre bei Schweringen gab es einen Rastplatz mit Schutzhütte, wo sich bereits zwei andere Radler untergestellt hatten. Die Fähre war von der Straße und Schutzhütte gut zu sehen. Umgekehrt schien das wohl nicht der Fall zu sein, denn erst als wir massiv zu viert am Ufer auftauchten, legte die Fähre ab und kam uns entgegen. Wie viele Fähren hier war es eine Gierfähre an Seilen, die allein durch die Strömung angetrieben wurde. Bereits 1583 gab es hier einen fest angestellten Fährmann – die heutigen 15 Fährleute betreiben die Fähre ehrenamtlich.

In Altenbücken erinnerten eine Säule und ein schön gestalteter Maurerbogen aus Ziegeln und bunter Keramik an die 1150-Jahrfeier des Ortes bevor wir nach einigen Kilometern Hoya erreichten, seinerzeit Sitz der Grafen von Hoya. Das Schloss aus dem Jahre 1213 liegt prominent am anderen Weserufer. Für die Grafen von Hoya, die im Wappen unter anderem eine Bärentatze führten, hatte ein französischer Konditor ein Bisquit-Gebäck in Tatzenform kreirt – die Nienburger Tatzen.

In einem Dorf am Wegesrand die Überraschung: Aus einer Hecke ragten nur noch die Arme und Beine einer Gärtnerin heraus – was für eine gefäßige Hecke!

Nächster Höhepunkt war die Stadt Verden an der Aller. Wir überquerten den Fluss über eine Brücke; zur Gründungszeit tat man dies über eine Furt, wovon sich der Name der Siedlung ableitet. Wichtigste Sehenswürdigkeit ist der gotische Dom, ein Nachfolgebau der unter Karl dem Großen an der äußersten Grenze des Reiches errichteten Holzkirche. Berühmt ist der „Steinerne Mann“ der in einer Dachecke klemmt. Dies ist eine Anspielung auf einen Küster, der Kirchengelder veruntreut hatte und, als der Teufel ihn holen wollte, in der Wand stecken blieb.

Auf dem Weg aus der Stadt passierten wir den Sachsenhain, ein Momument als Rundweg aus 4500 Findlingen, den die Nationalsozialisten 1936 zum Gedenken an die angeblich von Karl dem Großen erschlagenen 4500 Sachsen errichtet hatten – zur Wiederauffrischung der „Erbfeindschaft“ gegenüber Frankreich.

Auf dem Weg zu unserem Etappenziel, der Stadt Achim, erreichten wir wieder das Wasser, allerdings nicht die Weser, sondern den Schleusenkanal, dem wir folgen bis er sich kurz vor Achim wieder mit der Weser vereinigt. Am Kanal wurde intensiv gebaut; die Böschung wurde saniert, auf dem Damm wurden Beleuchtung und Verkehrsüberwachungskameras und Lautsprecher installiert. Nach einer wegen reichlich Gegenwind und Regenschauern anstrengenderen Etappe erreichten wir unsere Unterkunft direkt am Fluss, das Bootshaus.