{besps}tour/2017_pacific/05_03{/besps}

03.05.2017

Los Angeles

Für den heutigen Tag wollten wir uns der Welt der Träume, Geschichten und Illusionen widmen – Hollywood. Und da fängt ja wieder das Abenteuer an, wie hinkommen. Nach unserer "Schatzkarte" – dem Linienplan des metropolen Nahverkehrs – machten wir uns auf den Weg, Wir erwischten den kostenlosen Shuttle-Bus zur Metrostation der Green Line. Dort wollten wir eine Tageskarte lösen. Zuerst hatten wir am Automaten erst einmal die Wahl zwischen Englisch und Spanisch. Dann mussten wir eine aufladbare Karte für einen Dollar kaufen, aber hier konnten wir gleich die 7 $ für die Tageskarte dazubuchen. Das gleiche nochmal und wir waren beide Besitzer einer Tap-Karte, die wir auch gleich an den Eingangsschranken vor dem Lift zum Bahnsteig ausprobieren durften – einfach mit der Karte kurz auf das Lesegerät tippen ("tap"). Und das jedesmal beim Umsteigen und Einsteigen. Und umgestiegen sind wir mehrmals: von der grünen auf die blaue Line, dann auf die rote. An einer Station stiegen zwei Männer ein – nein keine laute Musik mit Lautsprecherbox wie in der Berliner S-Bahn – sondern eine Kühlbox und eine Riesentüte mit Chips- und Nacho-Tüten aus der einer dann gekühlte Cola oder andere "Büchsengetränke" zum Kauf anbot. Dann entspann sich eine Diskussion zwischen den zwei Neuankömmlingen und einem dritten Fahrgast, offenbar erst über allemöglichen sozialen Ungerechtigkeiten und dann über Baseball, Genaueres war wegen dem schwarzen Slang und Singsang nicht zu verstehen.

Am Hollywood Boulevard angekommen liefen wir ein Stück den Walk of Fame entlang und schauten, wen von den dort mit einem Stern geehrten Star wir kannten. Dieses Spiel könnte man ewig auf beiden Straßenseiten fortsetzen. Einige Stars hatten mehrere Sterne, in den unterschiedlichen Kategorien, die mit einer Kamera, einem Mikrofon, einer Schallplatte oder einem Fernseher gekennzeichnet sind. Die Maske für hervorragende Theaterleistungen hatten wir noch nicht entdeckt. Auch die Kategorie Fahrrad war nicht dabei.

Jetzt mussten wir nur noch den Bus nehmen -Tap, Tap – und dann noch einige Blocks laufen und wir waren bei Paramount Pictures. Wir hatten uns für eine Studiotour beim ersten und ältesten noch existierenden Filmstudio entscheiden, da wir auf Rummelattraktionen wie bei Universal Studios verzichten konnten. Das Gepäck wurde gescannt und wir betraten den Eingangsbereich durch einen Metalldetektor. Dann kauften wir unsere Tickets und bekamen den Souvenir Guest Pass am Bande verliehen. Wir sahen nun genauso wichtig aus wie die 5 anderen Besucher, mit denen wir auf den Beginn der Tour warteten. Aber es gab einige Infomationstafeln über die Anfänge von Paramount Pictures und natürlich einen Zusammenschnitt von Szenen aus Paramount-Filmen: der Pate, Forest Gump, Mission Impossible, Star Trek, Filmen von Hitchcock und vielen anderen älteren und neueren Produktionen. Und in einer Vitrine glitzerten 5 der insgesamt 12 Oscars für den besten Spielfilm von Paramount Pictures. Jetzt kam unser Tour Guide Mark und es konnte in dieser angenehm kleinen Gruppe nach einer kurzen Vorstellung losgehen. Mark hatte Film studiert und bereits bei mehreren Studios gearbeitet; jetzt war er für zwei Jahre bei Paramount Pictures und machte unter anderem Studioführungen. Parmamount Pictures gibt es bereits seit 1912, erst 1927 unter diesem Namen und an diesem Standort, nach dem Zukauf und Zusammenschluss kleinerer Studios. Auch hier ein kurzer Einblick in die kleinen Details der Filmproduktion. Wie lässt sich z.B. vermeiden, dass im Wüstensand Reifenspuren des Kamerawagens zu sehen sind, wenn eine Reitergruppe zu biblischen Zeiten in alten Ägypten gefilmt wird?

Auf einem kleinen Golfwagen ging es jetzt über das Gelände bis zum Paramount Theater und dem bekannten Tor mit Eisengitter, das man anfassen und sich was wünschen sollte. Vom Tor aus konnte man den berühmten Schriftzug in den Hollywood Hills sehen, der seine Popularität nur einem Zufall verdankte. Ursprünglích hatte ein findiger Immobilienmakler nur für seine Grundstücke in Hollywood werben wollen und darum die riesigen Reklamelettern "Hollywood Land" aufstellen lassen. Nachdem die Lettern für "Land" irgendwann umgefallen waren, stand da nur noch HOLLYWOOD, was den teilweise berühmten und einflussreichen Anliegern gefiel. Und dabei blieb es also, bis auf kleinere legale und illegale zeitweilige Änderungen am Schriftzug: HOLLYWEED für die Anhänger der Legalisierung von Mariuhana, HOLYWOOD anlässlich des Papstbesuches. Im Paramount Theater, einem vollwertigen Kino im Stil der 20er Jahre, wurden die ersten Oscars verliehen. Die Zeremonie dauerte damals 15 Minuten, natürlich nicht mit so vielen Kategorien. Auf dem Gelände und davor standen etliche der riesigen Wohnwagen herum, in die sich die Schauspieler in den Drehpausen zurückziehen können. Es standen aber keine Namen an den Türen, sondern die Rolle z. B. "Very Old Woman", "Precision Driver" oder "Freddie". Dann fuhren wir durch New York, d.h. durch Kulissen, die eine typische Straße in Harlem, der Bronx oder anderswo darstellen konnten. Die Ziegel waren aus Kunststoff, die Küche zum Diner gab es gar nicht und im Bürgersteig gab es quadratische Platten an deren Stelle ein Kübel mit einem Straßenbaum eingesetzt werden konnte. Alle "Accessoires", die der Straße einen bestimmten Charakter geben sollen, müssen extra bezahlt werden. Zu den 15.000 $ Miete pro Taq kämen so z.B. noch 500 $ pro Baum. Der Baum bekommt also eine bessere Tagesgage als ich, bemerkte Mark. Um nicht für teures Geld irgendwelche Außensets anzumieten, werden natürlich alle Möglichkeiten auf dem eigenen Gelände genutzt. So musste die Sitzecke hinter der studioeigenen Notfallambulanz für eine Szene in "Topgun" herhalten, das Foyer des Paramount Theater wurde zur Hotellobby umfunktioniert usw. Um die Studios auszulasten vermietet Paramount natürlich auch seine Hallen für Fernseh- und Serienproduktionen. So wanderten wir durch die Sets der Talkshows "Doctors" und "Dr. Phil" und konnten uns ausgiebig im "Strandaus" der Netflix-Serie "Grace & Frankie" umsehen. Am Schluss der Tour hatten wir noch Zeit, um im Lager noch einige "Props" (Requisiten) zu bewundern. Die Beamschleuse aus StarTrek hätte ich ja gern genutzt, um uns später schnell wieder zu unserem Hotel am Flughafen zu beamen. Aber leider war hier unsere Tour zu Ende. Wir verließen das Studiogelände, vorbei an einer Warteschlange von jugendlichen "Extras" (Statisten).

Wir wollten zurück zum Walk of Fame und zum Hollywood Boulevard aber es dauerte ewig bis der richtige Bus kam. Endlich angekommen, entschlossen wir uns spontan, Tickets für die Starline-Stadtrundfahrt zu kaufen, die mit drei Linien unterschiedliche Bereiche des Großraums Los Angeles abdeckt, wobei man an den jeweiligen Stopps beliebig aus- und einsteigen kann. Auch wenn wir uns einiges schon gestern zu Fuß angesehen hatten – Beverly Hills und Rodeo Drive – nahmen wir die rote Linie, die uns auch entlang des Sunset-Boulevards und Sunset Strip als Heimstatt der Musikszene, in der Prohibitionszeit Heimstatt der Speakeasy-Kneipen, und durch Fairfax als Jüdisches Viertel und Beverly Hills führte. Natürlich spielten die Drehorte von "Pretty Woman" (Beverly Wilshire Hotel) und "Beverly Hills Cop" (Rathaus und Beverly Hills Police Department" eine Rolle. Und es gab einen Seitenblick in die feineren Wohngegenden der geschwungenen Alleen in Beverly Hills. Es wurde auch immer wieder betont, dass auch die Promis hier und da einkaufen oder essen gehen – uns ist aber keiner vor den Bus gelaufen. An einem Grillhühnchen-Imbiss stand auch nicht mehr der junge hoffnungsvolle Schauspieler im Werbekostüm als Huhn verkleidet – Brad Pitt spielt inzwischen andere, besser bezahlte Rollen. Umso erstaunlicher war es, dass am Endpunkt unserer Tour auf dem Hollywood Boulevard Jack Sparrow stand und für eine paar Dollar für Touristenfotos posierte. Um Johnny Depps Finanzen scheint es wolh nicht so gut zu stehen – dass er das nötig hat …

Jetzt hätten wir schon die StarTrek-Technologie gebraucht, aber so blieb uns für den Heimweg nur Bus, Metro und wieder Bus. Ein ausgiebiges Abendessen brauchten wir so spät nicht mehr, also gönnten wir uns jeder ein "'Regular Sub" (halbes Baguette) und einen Saft.