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04.05.2017

Downtown Los Angeles

Heute morgen mussten wir uns nicht um Bus- oder Metrofahrpläne kümmern. Der Bus für die Stadtrundfahrt sollte uns am Hotel abholen. Wir mussten nur die Haltestelle finden. Diese war in der Broschüre zwar gut beschrieben, aber so ganz trauten wir dem nicht. Als wir so überlegten, ob wir auch wirklich am richtigen Ort waren, stellten wir fest, dass wir direkt unter dem Schild standen. Der Bus ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Fahrt zum Hollywood Boulevard, dem Abfahrtsort aller Stadtrundfahrtrouten dauerte ca. 1 Stunde.

Los Angeles ist eine riesige Stadt, die sich über mehr als 1200 Quadratkilometer erstreckt. Die Metropolregion hat inzwischen fast 15 Mio. Einwohner. In den 30er Jahren verfügte die Stadt über ein hervorragendes Straßenbahnnetz, das jedoch mit dem Boom des Automobils abgebaut wurde. Nach dem Krieg wurde die Stadt für den Autoverkehr umgestaltet. Heute durchzieht ein Netz von Freeways (Autobahnen) und 6- bis 8spurigen Highways die Stadt. Doch Stau ist allgegenwärtig. Die Metrorail (eine Kombination aus S- und U-Bahn) wird gerade ausgebaut. Bisher gibt es nicht mal einen Bahnanschluss an den Flughafen.

Wir staunten nicht schlecht, als wir auf dem Weg nach Hollywood mitten im Stadtgebiet von L.A. plötzlich an einem Gelände vorbeifuhren, auf dem Erdöl gefördert wurde. Kalifornien ist übrigens nach Texas, Alaska und Oklahoma der viertgrößte Erdölproduzent der Vereinigten Staaten.

Am Hollywood Boulevard angekommen, stiegen wir in den Bus der Purple Line um, der uns für 2,5 h durch Downtown Los Angeles fahren sollte. Zunächst einmal ging es durch Koreatown. Ursprünglich wurde dieser Stadtteil vor allem von Immigranten mit koreanischen Wurzeln bewohnt, doch heute bietet er Vertretern verschiedenster Nationalitäten eine Heimat. Die Gebäude- und Straßenschilder sind alle in Koreanisch und Englisch. Wir fuhren am Music Center vorbei. Neben dem futuristischen Bau der Walt Disney Concert Hall, der übrigens von Frank Gehry entworfen und 2003 eröffnet worden ist, befinden sich dort eine Reihe von Theatern und die Oper sowie das Museum of Contemporary Art. Weiter ging es an verschiedenen öffentlichen Gebäuden, wie dem Rathaus vorbei. Dieses wurde 1928 gebaut. Dabei wurde Sand aus jedem der kalifornischen Counties und Wasser aus allen 21 kalifornischen Missionen verwendet. Obwohl der Turm schon lange nicht mehr das höchste Gebäude von Downtown ist, ist er doch ein Wahrzeichen und vor allem ein beliebter Schauplatz für Film und Fernsehen. Die Route führte uns weiter durch Chinatown, das mit seinem East Gate und den pagodenartigen Dächern schon ziemlich exotisch wirkt. Die Geschäfte hier bieten von exquisitem Jadeschmuck bis zu billigem Krimskrams alles Mögliche an. In den Restaurants gibt es authentische chinesische Spezialitäten.

Wir stiegen an der Olvera Street/Pueblo aus, um diesen ältesten Teil der Stadt, der 1781 vom spanischen Gouverneur gegründet wurde, zu Fuß zu erkunden. Die alten Häuser sind heute entweder Museen, Restaurants oder Geschäfte. Die Olvera Street ist ein einziger großer Markt, wo mexikanische Kleidung, Schuhe, Musikinstrumente sowie Lebensmittel und Spezialitäten angeboten werden. Die Museen sind gratis und erzählen die Geschichte der Gebäude und ihrer Bewohner. In den 30er Jahren war die Gegend ein beliebter Treffpunkt für Filmstars und andere Prominente. 1932 schuf David Alfaro Siqueiros, ein mexikanischer Maler, hier sein Fresco Tropical America, das noch heute zu sehen ist und in einer extra Ausstellung genauer vorgestellt wird. Thematisiert wird das Schicksal der mexikanischen Arbeiter und einfachen Leute. So ist es kein Zufall, dass das Fresco in den 50er Jahren und danach als "kommunistisches Werk" erst teilweise und später ganz übermalt wurde und erst später wiederentdeckt und freigelegt wurde.

Wir nahmen den nächsten Bus, um unsere Tour fortzusetzen, die uns über Little Tokyo zum Grand Central Market führte. Dabei kamen wir auch am Japanisch-Amerikanischen Museum vorbei, das sich der durchaus kontroversen Geschichte zwischen den Beziehungen beider Völker widmet. Übrigens an den Schulen werden in Los Angeles inzwischen zweihundert Sprachen gesprochen. Das ist nochmal eine ganz andere Dimension von Multikulti. Wir stiegen am Grand Central Market wieder aus. Zunächst kamen wir zum "Angel's Flight", einer Standseilbahn, die von der South Hill Street zur California Plaza führt, einst die "kürzeste Eisenbahn". Leider ist sie nicht mehr in Betrieb – ein Relikt wir die Skulptur zur Erinnerung an den kalifornischen Kondor, den es auch nicht mehr gibt. Wir schlenderten durch die Markthalle und wählten unser Mittagessen an einem japanischen Stand aus. In der Markhalle kamen wir unter anderem auch an einem Stand "Echte Berliner Currywurst" mit Fotos aus Berlin vorbei. Steffen wollte es genauer wissen und wie sich herausstellte, sind die Eigentümer des Stands wirklich Deutsche, wenn auch die Bedienung aus Neuseeland stammt.

Eines der schönsten Gebäude in ganz L.A. ist wahrscheinlich das Bradbury Building. Von außen ist es eher unscheinbar, doch das Atrium mit seinen viktorianischen Arkaden und gußeisernen Geländern ist atemberaubend schön. Da das Gebäude Büros beherbergt, in denen gearbeitet wird, sind nur das Erdgeschoss und der Treppenaufgang für die Öffentlichkeit zugänglich. Schade, ich wäre gern mit dem Fahrstuhl gefahren. Überhaupt gibt es hier in Downtown eine Menge interessanter und sehr schöner Gebäude, so z.B. das Oviatt Building im Art déco oder die öffentliche Bücherei mit ihrer Rotunde und den beeindruckenden Deckengemälden. Natürlich waren viele dieser Gebäude in verschiedenen Hollywoodfilmen zu sehen. In einem der Theater in Downtown hatte Judy Garland ihren Durchbruch. Der Pershing Square war 1866 der erste öffentliche Park der Stadt und wird heute gern als das "Wohnzimmer" von Downtown L.A. bezeichnet. Als wir da waren, fanden gerade Präsentationen von Schülern und Initiativen zum Thema Lebensmittelverschwendung und gesunde Ernährung ("kein Sondermüll zum Éssen") statt – ein aktuelles Thema angesichts der durch die Trump-Regierung vollzogenen Lockerung der gesetzlichen Vorgaben für gesundes Schulessen. In einem kleinen französischen Straßencafé gönnten wir uns noch was Süßes und einen Kaffee. Dann setzten wir unseren Spaziergang mit einem kleinen Shopping-Abstecher bei Macy's fort und danach ging es auch schon wieder zum Bus. Dieser fuhr uns noch durch den Jewelry District, wo sich ein Juwelier an den anderen reiht und Schmuck nicht nur verkauft, sondern auch entworfen und hergestellt wird. Daran schloss sich der Fashion District an, laut Reiseführer der Ort, um Mode einzukaufen. Weiter ging es zum Convention Center. Daneben befindet sich das Staples Center, eine riesige Mehrzweckhalle, vor allem aber Heimstatt verschiedener Sportvereine. 2009 fand hier die Trauerfeier für Michael Jackson statt. Auch die Grammy Awards werden hier vergeben. Danach fuhr der Bus wieder zum Hollywood Boulevard, wo wir in den Shuttlebus zum Hotel umstiegen. Dort gönnten wir uns im Restaurant zum Abschied noch einmal leckeren Fisch und einen Wein aus Santa Barbara.