Hamburg-Altona – Brunsbüttel (75 km)

 

Heute morgen war die Fahrradcrew komplett. Ich hatte es glücklich noch bis 00.40 Uhr vor Beginn des Bahnstreiks nach Altona geschafft. Nach dem gemeinsamen Frühstück im Hotel konnte es losgehen: Fahrräder beladen und losgerollt zum Bahnhof Altona um die Ecke. Trotz Streik fuhr die S-Bahn alle 20 Minuten – wir konnten uns also die Wegstrecke an der Elbe bis Wedel sparen. Wir mussten nur noch auf den Bahnsteig kommen, was mit dem einzig verfügbaren kurzen Lift (ich nenne ihn Fahrradpresse) sehr kompliziert und langwierig war. Wir waren auch nicht die einzigen, die auf ihn angewiesen waren. In der S-Bahn gut verteilt (Fahrrad- oder Traglastabteile gibt es nicht) fuhren wir bis Wedel und ließen uns am Willkommhöft erst einmal begrüßen. Da wir aber auf dem Landweg angereist waren und trotz voll beladener Räder wahrscheinlich nicht die nötigen Bruttoregistertonnen auf die Waage brachten, wurden unsere Hymnen nicht gespielt.

Von hier ging es erst einmal ein Stück die Elbe entlang bis der Weg ins Inland abknickt

Ab jetzt hatten wir die Wahl – hinter dem Deich auf einer gut rollenden Strecke oder auf den Deich. Ein bisschen verwirrte uns die Ausschilderung; die Pfeile mit Fahrrad- und Fußgängersymbol schienen uns den Deichweg nahezulegen. Aber auch die vielen Schafe auf den satten Wiesen rechts und links des Weges scheinen verwirrt. Oft traten sie – eben noch friedlich am Rande hingelümmelt – die „Flucht“ vor uns quer über den Weg an, statt einfach auf ihrer Seite zu bleiben. Hinter dem Deich schob sich der Umriss eines riesigen Containerschiffs „durch die Wiese“. Und dann eine bsöe Überraschung: Den Weg versperrte ein Gitterzaun, dahinter Baumaschinen und Arbeiter, die auf eine über die Deichkrone gelegte Folie neue Erde aufbrachten. Links vom Deich wäre noch ein Durchkommen gewesen, aber nein, die Schafe durften durch, wir Menschen nicht. Also zurück und die Umleitung gefahren, die erst nach weitem Bogen wieder den Deich erreichte.

Durch ausgedehnte sattgrüne Weiden ereichten wir das erste von zwei Sperrwerken (Pittau), das den abzweigenden Wasserarm und das Hinterland vor Hochwasser schützt. Zum Glück brauchten wir den ausgeschilderten Schließ- und Öffnungszeiten keine Beachtung zu schenken, das Sperrwerk war geschlossen und wir konnten es einfach überqueren. Nun noch das Krückau-Sperrwerk überquert und wir konnten uns den leckeren Kuchen, den wir bei einem Dorfbäcker/-café unterwegs gekauft hatten, auf einer Bank mit Fernblick schmecken lassen. Was wir da in der Ferne hinter der Elbe sehen konnten, behagte uns abe gar nicht: dicke dunkle Wolken, die breite Regenschleier über das Land zogen. Zum Glück bekamen wir nur den Wind zu spüren, die Wolken zogen seitlich auf der bereits zurückgelegten Strecke an uns vorbei.

Weiter auf der Strecke führte den Wege nun direkt am Ufer entlang, mit unverstelltem Blick auf die mächtige Elbe und die großen Schiffe. Wir erreichten den Binnenhafen von Glückstadt – ebenso ein Regenguss, vor dem wir unter einem Carport kurzzeitig Schutz suchten.

Nach einer Runde durch die Stadt – über den Marktplatz und durch die Einkaufstraße – verließtn wir die Stadt. Inzwischen schien sogar die Sonne; ich führte das natürlich auf meinen Einkauf im Fahrradladen in Glückstadt zurück: zwei Regenüberzüge für unsere Fahrradhelme.

Wir passierten das Örtchen und das Atomkraftwerk Brokdorf, vor dessen Toren an einem Wasserlauf eine Schwanenfamilie mit drei Jungen ruhte. Ein ungewöhnlicher Ort, aber vielleicht war das Wasser wegen der Kühlabwässer ja hier etwas wärmer.

Für uns wurde es jetz aber ungemütlich: wir hatten reichlich Gegenwind. In einem weiten Bogen holten wir aus, bis wir wieder auf einem Altenativweg direkt am Elbweg das Gelände unterhalb des Atomkraftwerks Brunsbüttel durchquerten. Eigentlich waren wir ja schon auf dem Gelände, aber die Durchfahrt war für Radfahrer ausgebaut und freigegeben. Nur ein kleiner Schreck – das Tor am
Ende des Geländes war zu, aber nicht abgeschlossen und so konnten wir das AKW hinter uns lassen. Vorbei am Elbehafen mit einer Sporteinlage (Hebefigur mit Fahrrad), weil das letzte Tor am Hafengelände nämlich verschlossen war und wir so einen Weidezaun herunterbiegen und die Fahrräder rüberheben mussten.

Wir fuhren vor bis zur Spitze, die den Eingang in den Nord-Ostsee-Kanal markierte. Hinter dem ersten kleineren Kanal mit Schleusen sahen wir den Schornstein und die oberen Aufbauten eines großen Kreuzfahrtschiffes langsam vorübergleiten. Ein offenbar einheimischer Freund des ­Maritimen, gut ausgerüstet mit Abfahrtsplan, klärte uns auf, dass dieses Schiff eigentlich schon um 14.30 Uhr hätte passieren müssen und dass gegen 21.00 Uhr ein anderes hier einlaufen müsste. Eine Schleuse sei außer Betrieb, da letzte Woche ein Schiff gegen das Tor gedonnert sei. Wirt dankten für die sachkundige Auskunft und fuhren weiter zur Fähre nach Brunsbüttel, die von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung betrieben wird und kostenlos ist. Unsere erste Anlaufstelle als Unterkunft, das Schleusen-Hotel, war leider belegt. Nach emsigen Telefonaten der Dame an der Rezeption hatten wir ein Nachtlager: ein Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer in einer Ferienwohnung, aber ohne Frühstück. Zum Abendessen gingen wir noch einmal ein paar Schritte zurück zur Hauptstraße. Ees war windig und kalt und so entschieden wir uns ziemlich schnell für ein griechisches Restaurant mit Uozo und Fruchtlikör zum Abschluss einer anstrengenden ersten Etappe.