Eureka – Myers Flat (101,24 km)
Nach dem gestrigen Regen wagten sich heute zu unserer großen Freude wieder ein paar Sonnenstrahlen hinter den Wolken hervor. Also zögerten wir nicht lange und schwangen uns auf unsere Räder. Wir fuhren zuerst nochmal durch das historische Viertel von Eureka, dann ging’s noch auf einem Pfad durch Marschland, aber schließlich ließ es sich nicht mehr vermeiden und wir mussten wieder auf den Highway 101 – doch zum Glück nur für knapp 10 km.
Unsere weitere Route führte uns auf Nebenstraßen – ohne nennenswerte Steigungen! – nach Ferndale, einem hübschen viktorianischen Dorf mit vielen alten, sehr schön gepflegten Häusern. Auch eine richtige Ladenstraße wie im historischen Film. Vor dem Lebensmittelladen stand ein breiter alter Ford aus den 60ern. Er trug ein altes kalifornisches Nummernschild mit der Nummer „Byl“ (dänisch für auto) – eine kleine Anspielung an die dänischen Einwanderer und Gründerväter in dieser Gegend. Schließlich hatte wir schon die Copenhagen Road passiert und stießen in Ferndal auf die „Danish Hall“. Wir ließen unseren Blick – Steffen die Kamera – ausgiebig schweifen.
Dann ging’s auf der Grizzly Bluff Road durch ein breites sonniges Tal am Eel River entlang nach Scotia. Inzwischen hatten wir knapp 60 km zurückgelegt und waren entsprechend hungrig. Auf der Suche nach etwas Essbarem trafen wir noch auf einen anderen Radler. Er hatte die Strecke in Seattle mit seinem Sohn begonnen, doch dieser hatte sich am Knie verletzt und konnte leider nicht weiterfahren. Er erzählte uns noch, dass er im vergangenen Jahr in Freiburg war, wo sein Sohn an der Uni studierte, und auch Berlin und München besucht hatte. Wir tauschten noch ein paar Radlererfahrungen aus und verabschiedeten uns.
Steffen und ich hatten inzwischen einen Pub erspäht, wo wir ein leckeres Mittagessen (Southwestern Steak Salad) zu uns nahmen. Frisch gestärkt, fuhren wir nun zur Avenue of the Giants.
Auch diesmal waren wir wieder von den gigantischen Redwoods tief beeindruckt. Durch riesige Redwood-Bäume und Riesen-Mammutbäume schlängelte sich die von Menschen gemachte winzige Straße. Foto oder Film können nicht im Entferntesten einen Eindruck davon vermitteln, wie klein man sich hier fühlt. Und Dank vieler Ankäufe mit Spendengeldern bleiben auch große Teile der alten Redwood-Bestände erhalten. Damit wird die Lang- und Zählebigkeit dieser majestätischen Gewächse belohnt. Der „unsterbliche“ Baum, an dem wir vorbeikamen, hatte einen Blitzeinschlag, die Holzfälleraxt und die Flut von 1964 überlebt und ist über 1000 Jahr alt.
Die Avenue of the Giants nahm kein Ende, ab und zu, wenn sie nahe an die 101 herankam, war etwas Lärm von der Fernstraße zu hören. Immer mal wieder bot sich auch ein blick auf den Eel River – von den Ausmaßen des zurzeit bei weitem nicht ausgefüllten Flussbetts konnte man sich eine Vorstellung machen, welche gewaltigen Wassermassen er im Frühjahr führen mag.
Blieb noch die Frage, wo wir in der Nacht unser müdes Haupt hin betten würden, schließlich hatten wir ja schon über 80 km in den Beinen. Auf einem Campingplatz mitten im Wald ? Wollten wir uns in Anbetracht des vielerorts zitierten Wildknigge, d.h. wie man Bären, Wapiti-Hirschen und Berglöwen richtig begegnet, wirklich darauf einlassen? Einen Platz mitten im Wald ließen wir wegen unserer Bedenken links liegen. Wir radelten also bis Myers Flat. Mitten im Nichts sozusagen war der Übernachtungsobulus im einzigen Hotel am Platz eine echte Gewissensfrage, selbst eine Übernachtung in einem guten Hotel in San Francisco war günstiger zu haben. Zum Glück fanden wir noch einen Zeltplatz nahe an bewohntem Gelände am Fluss. Der Platzwart, der selbst vor Ort wohnte, versicherte er hätte in den letzten 3 Monaten keine „Wildlife“-Probleme gehabt, viel zu belebt die Gegend. Also schlugen wir unser Zelt an einem freien, sonnigen Platz auf. Während Birgit das Zelt aufbaute, schwang sich Steffen noch einmal aufs Rad und holte aus dem Lebensmittelladen an der Hauptstraße etwas zum Abendbrot und Frühstück, da unsere Vorräte, vor allem Brot, so gut wir aufgebraucht waren.
Zum gemütlichen Abschluss des Abends gehörte noch ein Bierchen der „Eel River Brewery“, ein Heimspiel also. Prost, Eel River, da drüben!