Crescent City – Trinidad (96,03 km)
Ein Glück, dass wir uns einen Tag zum Ausruhen gegönnt haben, denn heute war wieder unsere ganze Kraft gefordert. Bevor wir jedoch den ersten Anstieg (von 0 auf über 350 m) in Angriff nehmen konnten, erwartete uns eine besondere Überraschung. Kurz hinter Crescent City standen 3 Wapitis („elk“) auf dem Radweg und eine ganze Reihe mehr auf der anderen Straßenseite. Was tun? Sie starrten uns an, wir starrten zurück und blieben erstmal stehen. Hat so ein Wapiti Respekt vor einem Fahrrad? Keine Ahnung, aber ausprobieren wollten wir es auch nicht. Inzwischen hatte sich auf der Straße eine Autoschlange gebildet. Die Wapitis sahen sich seelenruhig um, drei von ihnen trollten sich rechts in die Büsche, die anderen gingen auf die andere Straßenseite zurück und wir konnten unseren Weg fortsetzen. Langsam aber stetig, kräftig in die Pedalen tretend, kämpften wir gegen den Berg. Auf halber Höhe befand sich nochmal ein Aussichtspunkt. So konnten wir noch einen letzten Blick auf Crescent City und den Hafen werfen. Inzwischen war uns ziemlich warm geworden – also Ärmel und Hosenbeine ab, eincremen und weiter ging es. Jeder Berg hat seinen Gipfel und dann geht’s wieder runter. Bei der Abfahrt mussten wir allerdings feststellen, dass es ganz schön kalt war, also Stopp und Ärmel und Beine wieder dran.
Inzwischen hatten wir auch den Del Norte Redwoods State Park erreicht und sahen nun zum ersten Mal diese gigantischen Bäume. Staunend stellten wir uns daneben – was sind wir doch für Zwerge. Je weiter wir in den Park vordrangen, desto dichter wurde der Wald. Neben den Redwoods gab es auch eine Menge anderer Bäume, der Boden ist mit Farnen und anderen Pflanzen überwuchert, zwischendurch blüht hier und da noch ein Rhododendron, wenn auch die meisten von ihnen schon verblüht sind – da sind wir wohl ca. 2 Wochen zu spät.
Der Highway 101 heißt hier Redwood Highway, und nach dem State Park führte er uns nach Klamath, einem kleinen Ort inmitten der Hoopa Valley Indian Reservation der Yurok. Es gab – wie für Indianerreservate üblich, eine Tankstelle, Restaurants und ein Casino, aber auch ein College mit dem Namen des Stammes „Yurok Tribe“.
Nach einigen Kilometern und einem weiteren ordentlichen Anstieg bogen wir in den Newton B. Drury Parkway ein, der uns durch den Prairie Creek Redwoods State Park führte. Wir fuhren staunend durch diesen traumhaften Wald. Es gab zahlreiche Wanderwege, doch wir blieben auf der Straße und machten nur einen kurzen Abstecher zum Big Tree – mit 92,6 m Höhe und 6,6 m Stammdurchmesser ein wirklich riesiger Baum.
Inzwischen waren wir schon 60 km gefahren, da wurde es Zeit, dass wir nach Orick kamen, wo wir endlich unsere Energiespeicher mit einem ordentlichen Mittagessen (Salat, gebratenes Huhn, Pommes und Bohnengemüse) wieder aufladen konnten.
Nun hatten wir Redwoods erstmal hinter uns gelassen und fuhren über Wiesen und durch Wälder erstmal wieder an die Küste. Dabei sahen wir ein Paar Roosevelt Elche im Gras liegen – also hatten die Warnschilder durchaus ihre Berechtigung.
Wir kamen noch an mehreren Lagunen vorbei und hörten sogar Robben oder Seelöwen bellen, sahen sie aber nicht.
Eigentlich wollten wir im Patricks Point State Park zelten, doch leider machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung, denn es fing an zu regnen.
Also entschlossen wir uns, noch ein Stückchen weiter – nach Trinidad – zu fahren, um in einem Motel zu übernachten. Nach mehreren erfolglosen Anläufen – schon voll oder zu teuer – kamen wir schließlich in der Ocean Lodge unter. Im ganz nett eingerichteten Zimmer hingen sogar unsere Porträts über dem Bett, allerdings im Indianerkostüm.
Und zum Abschluss des Abends noch mehr „Folklore“: Wir gingen noch kurz in die Lokalität am Motel – eine Art Imbiss mit dem üblichen Angebot wie Burger, Sandwiches, Salat und Chili, daneben eine Cocktail-Lounge. Beides wurde getrennt bewirtschaftet, wir konnten uns den Cheeseburger und das Chili aber an der Bar servieren lassen. Die Bedienung, Melissa, war gut drauf, ab und zu musste sie aber mal hinter der Theke hervorspringen um auf dem großen Fernseher die letzten Minuten des Basketballspiels Boston gegen Miami zu verfolgen. Sie „beriet“ uns hervorragend in Sachen Bier, vor allem empfahl sie uns ein Bier aus der Gegend, quasi aus ihrem Hinterhof. Etliche der Biersorten, gab sie freimütig zu, hatte sie auch schon im Selbstversuch getestet. Alle übrigen Gäste der Bar waren offensichtlich Einheimische aus Trinidad, von der älteren Hausfrau bis zum Jukebox-Junkie, der gefühlvoll jeden von ihm ausgesuchten Titel tänzerisch interpretierte. Insofern verwundert der Spruch nicht, den man auf T-Shirt oder Aufkleber in der Bar kaufen konnte – der Mann beim Check-In im Motel trug auch so eins:
TRINIDAD: A drinking village with a fishing problem.