Potsdam – Hann. Münden
8,13 km per Rad (Rest Bahn + Stadtspaziergang)
Erster Tag unseres Radurlaubs! Die Beanspruchung hielt sich in Grenzen, wenn man von der Anstrengung absieht, die Fahrräder samt Gepäck in den Zug zu wuchten und auch mal einen defekten Aufzug zu „überbrücken“. Letzteres war nur 1x in Magdeburg der Fall.
Nach einem gemütlichen, „wochenendwertigem“ Frühstück waren wir bis Potsdam Hauptbahnhof geradelt – mit reichlich Zeitpuffer, so dass wir auch in Ruhe die Aufzüge nutzen konnten.
Trotz Berufsverkehrszeit war der RE ab Potsdam nicht so voll, auch wenn einige Radfahrer unterwegs waren. Ab Magdeburg gab es dann aber nur kurze Abellio-Züge, auch weiter ab Sangerhausen, dann noch kürzer. Platz fanden wir dennoch genug. Eigentlich wollten wir uns am Umsteigebahnhof Sangerhausen noch die Stadt ansehen und 2 Stunden später den nächsten durchgehenden Zug nehmen, aber es fing heftig an zu regnen und so nahmen wir doch den direkten Anschlusszug am Bahnsteig gegenüber.
In Hann. Münden waren es nur wenige Minuten bis zum Hotel „Zur Fulda“ direkt in der Altstadt. Zum Glück hatten wir schon vorgebucht – an vielen Hotels prangte ein „belegt“-Schild. Wir bezogen ein Zimmer in der 2. Etage „über den Dächern von Hann.Münden“. Das Zimmer war schön modernisiert, aber noch konnten wir es nicht genießen. Mit der frühen Anreise hatten wir etwas Zeit gewonnen, so dass wir es noch zur Stadtführung ab Rathaus um 14.30 Uhr schafften. In kleiner Gruppe von 6 Personen und Stadtführerin steuerten wir ausgewählte sehenswerte Ecken der Stadt an. Mehr als 700 erhaltene Fachwerkhäuser entlang der Straßenzüge der Altstadt machen den hauptsächlichen Reiz des Städtchens aus. Die reizvolle und verkehrsgünstige Lage an den drei Flüssen Fulda, Werra und Weser trägt ebenso dazu bei, zumal sie auch der Grund für den Reichtum und die damit einhergehende prachtvolle Entwicklung der Stadt gewesen ist. Hier kreuzten sich Warentransporte, mussten wegen des Stapelrechts der Stadt hier aus- und umgeladen, und zudem den Kaufleuten der Stadt günstig zum Kauf (und Weiterverkauf) angeboten werden. Im 16.Jahrhundert blühte die Renaissance-Architektur – davon zeugen die erhaltenen Fachwerkhäuser, von denen viele wohlhabenden Kaufmannsfamillien gehörten. Stilisierte Motive mit Tauwerk, Booten oder sogar Narwal-Symbolik nehmen Bezug auf diese Handelstätigkeit.
Neben dem einen oder anderen Hochwasser legte sich aber noch ein weiterer Schatten über die Stadtgeschichte: Im dreißigjährigen Krieg verübte der durchziehende katholische Feldmarschall Tilly mit seinen Truppen ein Blutbad, als er Platz und Unterkunft für seine Truppen schaffen ließ, indem er die Einwohner grausam aus ihren Häusern vertrieb.
Mit Hann. Münden ist noch eine andere Berühmtheit verbunden; hier starb der berühmte Doktor Eisenbart, ein wohl zu Unrecht als Quacksalber verschrieener „Bader“, der einem 150 Jahre später entstandenen Spottlied zufolge „Blinde gehend und Lahme sehend machte“. Er soll erfolgreich Knochenbrüche und den grauen Star kuriert haben, allerdings stets in Begleitung einer Schar Gaukler, die bei seiner Tournee Publikum anlockten aber möglicherweise eher durch lautstarkes Spektakel die Schmerzen der operierten Patienten übertönen sollten.
Beider berühmter Personen gedachten wir: Wir stiegen auf die Tillyschanze auf der hessischen Seite und genossen den Ausblick auf die Stadt, und wir tranken auf dem Rathausmarkt ein Eisenbart-Bräu zum deftigen Essen aus dem Rats-Brauhaus.
Gut gestärkt spazierten wir durch die Altstadtgassen zurück zu unserem Hotel, ohne jedoch die kleinen Steinplastiken in Form von Pflastersteinen aus dem Expo-2000-Projekt zum Thema „Wasser“ (Fisch, Toilette, Wellen, …) eines weiteren Blicks zu würdigen…