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Burnside Cottage – Bettyhill

76,68 km

Nach einem guten und gehaltvollen Frühstück – schließlich stand heute eine längere Etappe von fast 80 km an – verabschiedeten wir uns von unser freundlichen Gastbgeberin, natürlich hatten wir uns beim Früstück noch angenehm unterhalten, vor allem über Stadtverkehr und Radfahren. Sie war so begeistert wieviel man bei so einer Radtour essen kann und von unseren Erzählungen, dass sie und ihr Mann ernsthaft überlegen sich Fahrräder zuzulegen.

Die Route führte zunächst auf Nebenstraßen übers relativ platte Land. Nur kurz hatten wir Ausblick auf die steile Küste der Landzunge Dunnet Head. Bald führte die Straße wieder hinunter Richtung Küste nach Castlehill. Querab war das Castlehill Heritage Centre ausgeschildert. Wir blieben aber auf der Route und kamen so zum eigentlichen „Heritage“ (historische Stätte), nämlich zum alten Hafen von Castlehill. Die Pier aus flachen Steinplatten war noch gut erhalten, die offensichtlich ehemaligen steinernen Hafen- und Lagerbäude – ein relativ ausgedehnter Komplex – waren leider baufällig und weiträumig abgesperrt. Castletown und die gesamte Umgebung ruht nämlich auf rotem Sandstein, der sehr gut in Steinplatten spaltbar ist – sogenannte „Flagstones“ oder nordisch „flaga“. Gebildet hat sich dieses Sedimentgestein am Grunde des Orcadischen Meeres, das (wie der Name verrät) bis nach Orkney reichte. Auch dort hatten wir an der Küste zum Teil natürliche wie aus Steinplatten gelegte Terassen sehen können. In und um Castlehill/Castletown wurden diese aber in großem Stil industriell abgebaut und direkt aus dem Hafen in alle Welt verschifft. Viele Häuser und Straßen wurden mit diesen Platten gebaut. Auch auf der Royal Mall in Edinburgh liegen Natursteinplatten aus Castlehill. Erst Anfang des 20. Jh. konnte sich diese Industrie nicht gegen den billigeren Beton behaupten. Heute gibt es noch einen aktiven Steinbruch. Aber ähnliche Platten findet man überall auch als Feldbegrenzung.

Jetzt ging es noch einmal kurz durch Castletown und dann wieder auf kleinen Nebenstraßen Richtung Thurso, nur ab und zu war in der Ferne die Küste zu sehen. Thurso verlockte nicht unbedingt zu einem Stadtbummel, auch wenn es sich um eine Gründung aus der Wikingerzeit handelt. Wir passierten einige Straßenzüge mit niedrigen historischen Häusern in steinernem Grau. Die für uns wichtige Attraktion verspassten wir allerdings, weil sie nicht an der Strecke lag: einen Supermarkt. So mussten wir die Reserven für den Snack unterwegs in einem Tankstellen-Shop auffüllen – Wasser, belegte Brötchen und Scones. Wieder außerhalb der Stadt waren mitten in der grünen Wiesen Reste eines Steinbruchs für Flagstones zu erkennen. Dann wieder viel Grün und als nächster Blickfang die Ruine einer kleinen alten Kirche ohne weiteren Hinweis auf das Wann, Wer oder Warum. Hinten am Horizont drehten sich langsam riesige Windräder. Jetzt ging es immer wieder mal wellig auf und ab. Auf einer gemütlichen gestifteten „Gedächtnisbank“ vor der Friedhofsmauer machten wir ein kleines Picknick, da es bis zur nächsten Tee-und-Kuchen-Gelegenheit noch einige Kilometer waren. Das Wetter, bis dahin relativ günstig mit wenig Wind, etwas Sonne und nur gelegentlich leichtem Niesel, wurde schlechter: Am Himmel zogen dunkle Wolken entlang und der einsetzende Regen hörte irgendwie nicht auf. Wir flüchteten uns ins erstbeste Bistro/Café in Melvich. Nach einem Kännchen Tee und zwei Minicakes – einschließlich Quartiersuche für morgen – hatte sich der Regen etwas gelegt und hörte sogar auf. Wir wiegten uns in Sicherheit und zogen erstmal keine Regenhosen und -jacken an, was wir kurz darauf bereuen sollten. Wir waren inszwischen auf einer gut ausgebauten, mit EU-Mitteln geförderten, Straße unterwegs als sich hinter Strathay die Wolken auftaten und uns und die Straße unter Wasser setzten. Unsere Trecking-Hosen, die sonst für kleine Schauer ideal sind weil sie zwischendurch schnell wieder trocknen, waren klatschnass. Wir warteten ein wenig das gröbste unter einem Baum ab und setzten dann die Fahrt bei Regen fort bis wir ein rettendes Buswartehäuschen erreichten. Da uns noch mindestens in langer Anstieg in ungeschütztem Gelände und die eine oder andere Abfahrt bevorstand, wollten wir nicht die nassen Hosen anbehalten und zogen Regenhosen und Gamaschen für die Schuhe an. In unserer „Umkleidekabine“ warteten wir noch ein wenig das Gröbste ab und machten uns an den Aufstieg. Natürlich ließ jetzt, da wir vorbereitet waren, der Regen nach und hörte schließlich ganz auf. Es zeigte sich die Sonne und auch zum Teil blauer Himmel. Nachdem wir doch einige Höhenmeter überwunden hatten, öffnete sich vor uns ein Panoramablick auf das schottische Hochland: in der Ferne war eine ganze Bergkette zu sehen und unter uns schlängelte sich die Straße ins Tal. Ein toller Anblick, eine tolle Abfahrt – aber bevor wir unseren Zielort

Bettyhill und das gleichnamige Hotel erreichten, mussten wir wieder hoch- und runter- und wieder hochkraxeln. Der Blick auf Farr Bay wurde vom Ausblick von unserem Hotel auf die Torrisdale Bay übertroffen. Selbst beim Abendessen im Restaurant konnten wir von unserem Fenstertisch das Wechselspiel von Sonne, Wolken, Wasser und Licht beobachten. Nach einem kleinen „Sonnenbad“ vor dem Hotel gingen wir in unser Zimmer, um uns für den nächsten Tourtag zu wappnen und auszuruhen.