Boston Tag 1

Unser erster Tag in Boston begann mit der Suche nach einem Frühstücksrestaurant, denn diesmal war das Frühstück nicht im Übernachtungspreis inbegriffen. Aber in einer Stadt wie Boston war das kein Problem. Unweit von unserem Hotel war das „Sunny girl“ ein kleines niedliches Café mit gutem Frühstücksangebot und Sitzplätzen draußen. Das schöne Wetter wollen wir schließlich maximal ausnutzen. Gestärkt mit einem Lachs- bzw. Gemüsesandwich begaben wir uns zum Visitor Center. Der Weg führte durch ein hübsches historisches Viertel mit zahlreichen italienischen Restaurants, schließlich haben italienische und irische Einwanderer einen großen Anteil an der Entwicklung der Stadt.

Der Weg führte uns am New England Holocaust Memorial vorbei zur City Hall Plaza, einem großzügig gestalteten Platz, der uns vor allem durch seinen tollen Spielplatz auffiel.

Als nächstes kamen wir zu einem Denkmal, das an den Geburtsort des Telefons erinnerte. Am 2. Juni 1875 haben Alexander Graham Bell und Thomas A. Watson im 5. Stock des früher hier befindlichen Gebäudes zum ersten Mal Ton per Draht übertragen.

Etwas zufällig sind wir dann noch in das historische Viertel Beacon Hill geraten, durch den der Afro-American Heritage Trail verläuft. Über den Park Boston Commons haben wir dann das Visitor Center erreicht. Sollten wir uns einen Tagespass oder einen City- oder Explorer-Pass kaufen, lohnt es sich? Was wollen wir überhaupt an den beiden Tagen machen? Trotz (oder wegen) der sehr guten Beratung entschieden wir uns erstmal für eine 24-h-Stunden-Karte des ÖPNV für ganze 11 $ pro Person. Unser nächstes Ziel war das Isabella Stewart Gardner Museum, ein Tip meiner lieben Cousine (danke Katja!). Das Museum befindet sich in einem ziemlich unscheinbaren Gebäude. Als wir gegen 12.20 ankamen, war der früheste Einlass 13.00 Uhr. Naja macht nichts, wir gingen erstmal ins Café, Kuchen geht immer. Die Namensgeberin war Sammlerin aus Leidenschaft. Sie galt als Enfant terrible der Bostoner Gesellschaft. Als reiche Witwe verfügte sie über die Mittel, Kunstschätze aus der ganzen Welt zu erwerben. Dabei sammelte sie „querbeet“ nicht nur Gemälde, auch ein Glasfenster der Kathedrale von Soissons, riesige Gobelins, Möbel, Musikinstrumente, Mosaike, Skulpturen, eine liegende Statue eines Ritters aus dem Mittelalter, geschnitzte Decken, Kirchengestühl, Werke von Botticelli, Whistler, Manet, Turner, Rubens, Briefe und Autographe oder auch Fotos von allem was Rang und Namen hatte (Voltaire, O. Wilde, W. Whitman, S. Bernhard, Rousseau, A. Dumas….) und alles unsortiert und ohne Beschriftung (Informationen kann man sich über QR-Code oder Audioguide besorgen). Die verschiedensten Kunstwerke arrangierte sie in thematischen Räumen und Sälen: die spanische Kapelle, der Palast, der Veroneser und der Venezianische Raum usw. Man ist fasziniert und überwältigt zugleich, und dann ist da noch der Innenhof. Die Fassaden sind im venezianischen Stil gestaltet und der Garten ist einfach unbeschreiblich schön, z. Zt. blühen Rittersporn, Hortensien und Fingerhut. Es war auf jeden Fall ein tolles Erlebnis. Im modernen Flügel befinden sich der Museumsshop, die Bibliothek, ein toller Kinosaal und Räume für Sonderausstellungen. Zur Zeit sieht man „Water of the Abyss“ von Fabiola Jean-Louis, Resident Artist des Museums. In tollen Kreationen aus Papiermaché und Muscheln, Glas, Perlen etc. setzt sie sich mit ihrem kulturellen Erbe als Haitianerin auseinander.

Nach soviel Kunst wollten wir noch etwas von dem schönen Wetter genießen. Ich hatte eine Broschüre über den Presidential Walk in Quincy gefunden. Da ich vor Jahren die Biographien von John und Abigail Adams (2. Präsident und Mitautor der Unabhängigkeitserklärung) gelesen hatte, hätte ich gerne ihre Geburtsorte und Wirkungsstätten besucht. Doch leider öffnen die historischen Gebäude erst Ende Mai. Mit dem Spaziergang konnten wir wenigstens etwas Flair aus dieser Zeit erspüren. Wir nutzten unsere Tageskarte, um mit der Metro nach Quincy Adams zu fahren. Den Beginn des Spaziergangs bildete Abigail Adams Cairn, ein Steinhügel auf einem Berg, von dem aus Abigail Adams zusammen mit dem damals siebenjährigen John Quincy (später 6. Präsident der Vereinigten Staaten) in der ferne die Rauchwolken von der Schlacht bei Bunker Hill sah und den Kanonendonner hörte. Abigail schrieb damals in ihr Tagebuch „der entscheidende Tag ist gekommen, an dem sich das Schicksal Amerikas entscheidet“. Wir folgten der Route und kamen zu den Geburtshäusern von John Adams und John Quincy Adams, die fast nebeneinander stehen. An einer Straßenkreuzung, die offensichtlich schon zu John Adams Zeiten existierte steht der Liberty Tree, der daran erinnert, dass sich hier die Verfechter eines neuen unabhängigen Amerikas trafen. Die Church of the Presidents war leider schon geschlossen. Hier befinden sich die Gräber des 2. und 6. Präsidenten der USA und ihrer Ehefrauen. Auf dem gegenüberliegenden Hancock-Friedhof stehen noch zahlreiche Grabsteine, die an die Familien Adams und Hancock sowie andere einflussreiche historische Persönlichkeiten aus der Region erinnern. Das Rathaus daneben ist in griechischen Stil aus Quincy-Granit erbaut und beeindruckt in seiner Monumentalität. Gegenüber befindet sich ein Denkmal für Abigail Adams, auf den Granitblöcken daneben sind zwei Zitate aus Briefen an John Adams zu lesen, in denen sie ihren Mann ermahnt, bei der Verfassung für den neuen Staat, die Frauen nicht zu vergessen und Ehemännern nicht die endlose Macht über die Frauen zu geben, wie es ihre Vorfahren taten. Danach erreichten wir die Adams Academy, die von John Adams initiert wurde, um Jungen auf den Besuch der Universität vorzubereiten. Sie wurde an dem Ort errichtet, wo John Hancock geboren wurde, um dem Mitautor der Unabhängigkeitserklärung ein Denkmal zu setzen. Den Abschluss unseres Spaziergangs bildete das „Old House of Peacefield“, das John und Abigail nach ihrer Rückkehr aus Europa 1783 erworben hatten und in dem noch vier Generationen der Familie lebten. Leider war nur der Garten zu besichtigen. Nun hatten wir wirklich genug erlebt für einen Tag. Wir gingen zur Metrostation und fuhren zurück in die Stadt. Gestern hatten wir Joe’s Waterfront Restaurant entdeckt und dachten, es wäre ein guter Ort zum Abendessen. Sagen wir mal: naja. Das Essen war ganz gut, der Service mäßig trotz der flotten Sprüche des Kellners. So verzichteten wir auch auf das Dessert und holten uns stattdessen noch was leckeres in einem verwinkelten aber gut sortierten Lebensmittelladen, um es im Hotel zu genießen.