Portland – Ogunquit (86,7 km)
Endlich schien mal wieder die Sonne. Da fiel der Abschied von Portland schon ein bißchen schwer. Nach einem guten Frühstück (Omelette mit Gemüse, Toast und frisches Obst) packten wir unsere Sachen zusammen und holten unsere Räder wieder aus dem Parkhaus. Der East Coast Greenway bietet zwei Routen aus Portland, eine mit der Fähre und eine über die große Casco Bay Bridge, über die wir auch gestern bei der Stadtrundfahrt gefahren sind. Eigentlich nicht meine Wahl, doch die Fähre entpuppte sich als Wassertaxi, das man telefonisch bestellen muss und mindestens 40 Dollar kostet. Außerdem wussten wir nicht, wann wir dort sein würden. Also doch die Brücke. Aber es war gar nicht so schlimm wie gedacht, denn es gibt einen Fahrradstreifen und die Autofahrer waren auch hier wieder sehr rücksichtsvoll. Gleich hinter der Brücke ging es auf einen extra Radweg, den Greenbelt Walkway, der uns durch einen zauberhaften Wald aus der Stadt herausführte. Dann ging es kurz wieder über wenig befahrene Vorortstraßen bis wir kurz vor Scarborough (da wurden Erinnerungen an unsere Radtour im letzten Jahr wach, auch wenn beide Ort außer dem Namen und die Seenähe nichts gemeinsam haben) auf den Eastern Trail stießen. Hier konnten wir das Radfahren mal wieder richtig genießen, ein Radweg ohne Verkehr durch wunderbare Landschaft. Es ist erstaunlich wie schnell nun alles grün wird, am Wegesrand blüten Veilchen und weiße Blümchen, die ein wenig an Maiglöckchen erinnern, Vögel zwitscherten und Frösche quakten. Im Marschland sahen wir zahlreiche Wasservögel. Wir waren nicht die einzigen auf dem Weg; Spaziergänger mit und ohne Hund, Mütter mit Kinderwagen, Radfahrer, offensichtlich ist der off-road-Teil des Trails sehr beliebt. Es fuhr sich gut, die Leute waren freundlich, man grüßt sich und wünscht sich einen guten Tag. Es gab sogar eine extra Radfahrer- und Fußgängerbrücke über die Autobahn. Kurz dahinter machten wir einen kurzen Abstecher zum Supermarkt, um Sachen für ein Picknick einzukaufen, außerdem mussten wir unsere Wasservorräte auffüllen. Wir freuten uns auf unser Picknick, aber es war wie verhext, während vorher überall Bänke standen, gab es plötzlich fast keine mehr (die einzige am Wegesrand war besetzt). Dann ging es erstmal wieder auf der Straße entlang. Aber Geduld wird am Ende doch belohnt, als der Eastern Trail hinter dem Medical Center bei Biddeford wieder durch den Wald führte, fanden wir endlich unsere Bank und konnten uns mit leckerem Salat, Baguette, Käse und Salami stärken. Wir saßen zwar ein bißchen wie auf dem Präsentierteller, denn viele Mitarbeiter des Medical Centers nutzen den Weg offensichtlich für ihren Mittagspausenspaziergang, aber das störte uns nicht weiter. Frisch gestärkt und ausgeruht, setzten wir unseren Weg fort. Wir hatten zum ersten Mal keine Unterkunft vorgebucht, weil wir noch nicht wussten, wie weit wir kommen würden. Unsere Routenplanung war durch den Ruhetag in Portland etwas durcheinander gekommen und gegen Ende des nächsten Abschnitts sah es mit Unterkunftsmöglichkeiten sehr mau aus. Wir fuhren erstmal noch ein ganzes Stück weiter, nun allerdings leider wieder auf der Straße und mit langgezogenen Anstiegen, die Kraft kosteten. So gegen drei war es Zeit für eine weitere Pause. Bei einem leckeren Himbeer-Schoko-Joghurt, entschieden wir uns, unsere Route zu verlassen und wieder an die Küste zu fahren, wo es mit Unterkunftsmöglichkeiten ganz gut aussah. Steffen kann ja mit seiner amerikanischen SIM-Karte und Datenvolumen jederzeit auf das Internet zugreifen. So fanden wir im Admiral’s Inn in Ogunquit ein Zimmer mit Frühstück zu einem günstigen Preis. Wenn man weiß, wo man schlafen kann, fährt es sich gleich besser, und so erreichten wir gegen halb 6 unsere Unterkunft. Während Steffen den Check-in erledigte und ich mit den Rädern draußen stand, kam ein älterer Herr vorbei. Als ich ihm sagte, dass wir von der kanadischen Grenze bis hierher mit den Rädern gefahren sind, sagte er nur „God bless you, my child“.
Nachdem wir Räder und Gepäck in unserem Zimmer verstaut und uns frisch gemacht hatten, spazierten wir noch einmal los in Richtung Strand. Es gibt einen schönen Spazierweg entlang der Küste, vorbei am Lobster Point Lighthouse (das eher Miniaturformat hat). Wir genossen die Seeluft und den Blick auf die Küste. Am Ende des Wegs gingen wir zu Barnacle Billy’s ein einfaches, aber sehr nettes Restaurant. In großen sprudelnden Becken im Restaurant wurden Hummer und Muscheln bereit gehalten – ab und zu schaute mal ein Fühler heraus. Das Angebot (außer Hummer) war zwar schon etwas reduziert, aber ein Krabbenfleischbrötchen und eine Schale Muscheln sowie ein Stück Chocolate Fudge Cake mit extra Portion Fudge machten uns mehr als satt. Da tat der längere Rückweg zurück zu unserer Unterkunft vorbei an weiteren (offensichtlich vornehmeren) Restaurants ganz gut.