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Kungsbacka – Kärradal

73,85 km

Glücklicherweise hatte der Regen aufgehört, als wir gegen halb neun das Hotel verließen. Bei unserem Spaziergang gestern abend hatten wir bereits den Wegweiser Richtung Varberg gesehen, so mussten wir nicht lange suchen und konnten unsere Tour direkt fortsetzen. Die Strecke aus Kungsbacka heraus war wieder sehr gut ausgeschildert und verlief auf abgetrennten Radwegen zunächst neben stark befahrenen Hauptstraßen. Außerhalb der Stadt ging es auf kleinen Straßen ziemlich hoch und runter. Auch wenn die Erhebungen nicht sehr hoch sind, kostet das ständige Auf und Ab doch ziemlich viel Kraft. So genug geklagt. Die erste Sehenswürdigkeit war die Kirche von Hanhals bzw. der etwas dahinter stehende Holzturm noch aus der Zeit vor der Gründung Schwedens. Hinein konnten wir zwar nicht, aber sie sah auch von außen beeindruckend aus. Unser nächstes Ziel war Schloss Tjolöholm. Es lag zwar nicht direkt auf der Strecke, aber der Abstecher hat sich gelohnt. Das von einem Spross der in Göteborg ansässigen schottischen Kaufmannsfamilie Dickson um die Jahrhundertwende erbaute Schloss steht auf einem Hügel und bietet eine herrliche Aussicht auf den Kungbackafjord. Es gibt einen sehr schönen Schlossgarten und eine riesige Parkanlage mit langen Spazierwegen. Leider öffnete das Schloss erst 11 Uhr, so dass wir es nicht besichtigen konnten (oder wollten). Die vorhandenen Hinweisschilder reichten uns aus. So erfuhren wir, dass der Bauherr bereits 1898 kurz nach Baubeginn an einer Blutvergiftung starb. Seine Witwe ließ den Bau vollenden. Sie war insgesamt sehr wohltätig eingestellt und ließ für die Familien der auf dem Gut beschäftigten Arbeiter eine Siedlung und sogar einen Versammlungsraum errichten. Zur Motivation gab es Preise für den schönsten Garten und das sauberste Haus. Wurde ein Kind geboren, zahlte sie 5 Kronen auf ein Konto für das Kind an. Es gab eine Bibliothek und Schulunterricht für die Kinder. Ihren Besuch führte sie voller Stolz durch die kleine Siedlung. Leider war auch ihr kein langes Leben vergönnt, bei einer Schiffsreise zu ihrem Bruder, der in Ceylon mit Tee handelte, erkrankte sie an Ruhr und verstarb.

Nach diesem Abstecher kehrten wir auf den Kattegatleden zurück und folgten nun wieder der abwechslungsreichen Route. Es ging durch Wälder, über Felder, vorbei an malerischen Buchten mit kleinen und großen Ferien- und Wohnhäusern. In Frillesas legten wir in einer Pizzeria einen Boxenstopp ein und füllten unsere Energiespeicher mit einer großen leckeren Pizza, Salat und einem Getränk wieder auf. So konnten wir die zweite Hälfe unseres Tagespensums in Angriff nehmen. Neben der herrlichen Landschaft führte unser Weg allerdings auch an einem Kernkraftwerk vorbei, dem größten in Schweden. Die davon wegführenden Hochspannungsleitungen kreuzten wir mehrfach, auf unseren Energiehaushalt hatte das aber keinen Einfluss. Es gab auch ein großes Infocenter für Besucher, aber wir hatten kein Interesse. Stattdessen beobachteten wir fasziniert die ein Stück weiter am Wasser gelegenen Brutgebiete für allerlei Vögel. Als nächstes führte unser Weg nach Bua und seinen kleinen Fischerhafen. Leider waren die angepriesenen Cafés und Eisstände alle geschlossen. Kurz hinter dem Ort lag das riesige Holzwerk Södra, bei dem alle paar Minuten riesige mit Holz beladene Sattelschlepper einfuhren. Wir sahen zu, wie sie zunächst auf eine Waage und dann einige von ihnen durch ein Art offen Garage fuhren, vielleicht zur Behandlung des Rundholzes gegen Schädlinge oder so. Wir begegneten auch immer wieder Firmenmitarbeitern auf dem Rad, offensichtlich hatten sie bereits Feierabend und waren auf dem Nachhauseweg.

Wir hatten nun schon einiges über 60 Kilometer in den Beinen und meine Kräfte ließen langsam nach. Da das Wetter inzwischen wirklich toll war, entschlossen wir uns den nächsten Campingplatz anzufahren und heute mal unser tolles Zelt zu nutzen. So sitzen wir jetzt auf dem First Camp Zeltplatz von Kärradal und haben gerade ein „frugales“ Abendessen mit Knäckebrot, Wurst und Käse sowie Gemüse genossen. Gleich werden wir nochmal zum Strand hinunter gehen und dann ein verdientes Feierabendbier genießen.