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10.04.2017
Half Moon Bay – New Brighton State Beach (98,2 km)
Was für ein Tag! Zwar war es heute morgen als wir so gegen halb 8 aus dem Zelt krabbelten noch etwas bewölkt. Doch das sollte sich bald ändern. Wir bauten schnell das Zelt ab, verstauten unsere Sachen und schwangen uns auf die Räder. Frühstücken wollten wir im Ort. Wir fanden ein hübsches kleines Café, wo wir uns jeder einen Bagel und eine Tasse Kaffee genehmigten. Kurz nach halb zehn waren wir dann startklar.
Aus Half Moon Bay heraus gab es sogar einen Radweg – welch ein Luxus! Und auch später war die Straße so breit, dass wir fast die ganze Zeit über einen Radstreifen zur Verfügung hatten. Es dauerte nicht lange, da kam auch schon der erste Anstieg, es ging zwar ganz schön weit nach oben, aber glücklicherweise nicht so steil. Als wir zwischendurch an einem Aussichtspunkt kurz halten machten, sagte eine Amerikanerin bedauernd, dass sie leider keinen Truck habe, sonst würde sie uns bis nach oben mitnehmen. Doch das wäre mit unserer Radlerehre ohnehin nicht zu machen, also fuhren wir schnaufend weiter und wurden dafür mit einer herrlichen Schussfahrt belohnt mit Blick auf den Ozean, die Küste und binnenwärts auf Berge und Täler. Entlang der Strecke gab es eine Menge State Beaches.
In San Gregorio nutzten wir die Gelegenheit, um unsere Energiespeicher wieder nachzuladen – mit frischen Erdbeeren und ein paar Keksen. Etwas später kam uns auf der Gegenseite ein ebenfalls bepackter Radler entgegen, anhand der Globetrotter-Radtaschen erkannten wir einander als Deutsche, obwohl Rainer schon lange nicht mehr in Deutschland lebt, sondern in Abu Dabi. Er hat gerade ein halbes Jahr frei und ist bereits von Patagonien bis Nordargentinien geradelt, nun soll es weitergehen bis Kanada. Den Big-Sur-Abschnitt hat er auf dem Freeway 101 umfahren und ist dabei einmal von der Polizei gestoppt worden, denn eigentlich ist auf Autobahnen das Radfahren verboten, aber was soll man machen. So wird uns wohl auch nichts anderes übrig bleiben, als die Umleitung zu nehmen, die entlang der 101 führt, aber nicht über sie. Soviel Nervenkitzel brauchen wir auch nicht…
Wir fuhren weiter an tollen Stränden und Parks vorbei und genossen einfach die Aussicht. Inzwischen war strahlend blauer Himmel. Von der Straße aus erblicken wir sogar einen Seelöwen, der sich gerade vom Strand wieder Richtung Meer bewegte. Unser nächster Haltepunkt war Pigeon Point. Hier gab es einen Leuchtturm, der schon lange außer Betrieb ist, doch um ihn herum befindet sich heute ein Hostel und ein toller Aussichtspunkt. Ein Parkranger erzählte etwas über die Wale, die von hier aus oft zu sehen seien, wenn sie im Frühjahr aus dem Süden nach Norden migrieren. Und tatsächlich erblickte ich auch einen Grauwal, der gerade mit seinen Rücken aus dem Wasser hervorschaute – einfach gigantisch.
Unser nächster Haltepunkt war nun die Año Nuevo State Reserve. In diesem riesigen Park sollten sich auch ein paar Strandabschnitte befinden, wo Seeelefanten bzw. elephant seals liegen und ihre Jungen aufziehen. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Also Fahrräder abgestellt und losgewandert. Der Weg durch den Park war sehr schön, wir sahen einige seltene Pflanzen und Wasservögel, von den dort ebenfalls beheimateten Fröschen und Schlangen war nichts zu sehen. Der Weg zu den Seeelefanten zog sich ganz schön hin, doch der Anblick dort, war die Mühe auf jeden Fall wert. Es lagen große und kleine, junge und alte Seeelefanten herum oder schwammen und tollten im Wasser. Wir sahen dem Treiben eine ganze Weile zu, doch unser Weg war noch weit, also mussten wir den Rückweg antreten. Am Parkausgang legten wir noch ein kleines Picknick ein, schließlich hatten wir heute noch nichts weiter gegessen.
Zum Glück fuhr sich die Strecke wirklich gut und der Rückenwind machte auch die Anstiege erträglich. Wir trafen noch auf einen weiteren Fernradler – James aus Vancouver, der schon eine ganze Weile unterwegs war und in 2 Wochen in L.A. Freunde treffen will. Mit weniger Gepäck und wesentlich jünger als wir, schaffte er die Strecke natürtlich in wesentlich kürzerer Zeit, aber wir wollen ja auch unterwegs was anschauen. Staunend blickten wir noch auf die Kitesurfer, die sich in den Wellen tummelten und entdeckten auch einen Paraglider, der gerade von der Steilküste abgesprungen war. Bei diesem Wind musste man schon Profi sein.
Mit Rückenwind-Unterstützung ging es weiter nach Santa Cruz, ein paar Meilen vor der Stadt begann ein Radweg, der zwar anders verlief als auf unserer Karte, aber dafür schön an der Küste entlang. An den Stränden der Stadt herrschte reges Treiben. Neben den üblichen Wellenreitern und Surfern in Neoprenanzügen, gab es sogar ein paar Mutige, die sich in Badehose ins Wasser wagten. Wir kamen am Surfer-Museum vorbei und zahlreichen Gedenksteinen, die Surfern gewidmet waren, die in den Wellen den Tod fanden. Am Fisherman's Wharf gab es auch hier zahlreiche Cafés und Restaurants – Zeit für's Abendbrot, denn auch heute wollten wir zelten und da ist es besser, man kommt satt und zufrieden an. Wir fanden ein Grillrestaurant mit Blick aufs Wasser. Steffen entschied sich diesmal für ein Steak und ich Seebarsch – alles sehr lecker, und hinterher gab's noch ein Dessert (Mud Pie und Banana Cream Pie). Die Portionen waren riesig und zumindest für mich nicht zu schaffen. Zwischen durch kamen wir noch mit einer Familie aus Seattle ins Gespräch, die auch gerne Rad fuhren. Der Mann erzählte uns, dass er früher mal von Seattle aus quer durch Amerika bis Massachussettes geradelt ist und da er kein Geld hatte, bei der Polizei gefragt hat, wo er denn übernachten könne. Meist wurde ihm erlaubt im Stadtpark zu schlafen. Nur wenn er vorher nicht gefragt hatte und dort schlief wurde er dann weggejagt. Es ist schon spannend, wen man so trifft und was man so erfährt.
Mit gut gefüllten Bäuchen ging es weiter, zunächst an einem Vergnügungspark vorbei, dann durch ein paar nette Vororte. Es dämmerte nun schon. Während wir so fuhren, wurde uns klar, dass wir uns entfernungsmäßig ganz schön verschätzt hatten. Bis zum Zeltplatz waren es schon noch ein paar Meilen. Und wie es dann oft so ist, wenn man schon kaputt ist, geht das letzte Stück nochmal ordentlich bergan.
Wir erreichten den New Brighton State bei völliger Dunkelheit. Und da so ein Zeltplatz nicht gerade hell erleuchtet ist, dauerte es nochmal eine Weile bis wir den Hiker-Biker-Platz erreicht hatten. Nun schnell die Taschenlampen rausgekramt und das Zelt aufgebaut. Zeltaufbau im Licht der Taschenlampe bzw. um genauer zu sein, der Stirnlampe ist eine Erfahrung, die man nicht unbedingt wiederholen muss. Doch schließlich war es geschafft, und wir konnten todmüde in die Schlafsäcke kriechen.