Plymouth – Oaks Bluff @ Martha’s Vineyard (65, 6 km + 13,7 Fähre)
Nachdem gestern Abend die Wetterprognosen noch sehr widersprüchlich waren, hatten wir uns noch nicht entschieden, ob wir bei schlechtem Wetter direkt nach New Bedford oder bei hoffentlich niederschlagsfreiem Wetter auf eine der zwei Inseln – Nantucket oder Martha’s Vineyard – fahren wollten. Erst einmal mussten wir etwas solides frühstücken gehen, da das Hotel bot kein Frühstück anbot. Also stapften wir durch den heftigen Regen, der gerade eingesetzt hatte zum empfohlenen Sandwichladen. Das meiste war Außer-Haus-Verkauf trotz weniger Sitzplätze bekamen wir zwei. Ein dickes gefülltes Omelett mit Toast, einer Scheibe Melone und Kaffee und wir waren gerüstet. Wir entschieden uns nach Studium der neuesten Wetterprognosen für Martha’s Vineyard. Erstens sollte es dort wärmer und trockener sein und zweitens schien dies die interessantere Insel zu sein. Noch schnell ein Hotel im Ankunftsort der Fähre gebucht und zurück zum Hotel, wo ich die von Birgit über komoot geplante Route zur Fähre in Woods Hole noch herunterlud und auf die GPS-Geräte überspielte. Bis wir startklar waren hatte der Regen auch schon nachgelassen, also wenigstens keine Regenklamotten. Einen „Besuch“ statteten wir den Pilgerern noch ab: wir besichtigten die erste und älteste Kirche von Plymouth und schauten auch mal auf den historischen Friedhof, wo einige prominente Vertreter begraben sind. Die originalen Holzgrabmale sind natürlich nicht mehr erhalten, der älteste noch erhaltene Grabstein stammt aus dem Jahre 1681.
Die Route führte nun leider auf Straßen entlang, auch die kleineren waren rege befahren, was sehr anstrengend war, obwohl sich die meisten überholenden Autofahrer an die Abstandsregel 4 foot (ca. 1,20 m) hielten. Es gab auch immer wieder Anstiege. Aber die größte Herausforderung war die Brücke über den Cape Cod Canal. Es gab zwar einen extra Fußweg, der auch breit genug war, allerdings auf der linken Seite und so fuhren wir im Angesicht der uns entgegendonnernden Blechkarawane über die Brücke und auf der anderen Seite wieder drunter hindurch. Nachdem wir den „Einstieg“ gefunden hatten, ging es jetzt entspannt auf einem aphaltierten Rad- und Fußweg immer am Kanal entlang. auf der anderen Seite verlief der East Coast Greeway, wir waren auf dem Cape Cod Canal Bikeway gelandet. Aber auch die nächste Brücke wäre nicht harmloser gewesen, dahinter war schon die hochgefahrene Eisenbahnbrücke zu sehen, hier schwenkte der Radweg ab und wir kamen auf den Bourne Rail Trail, zunächst entlang der Eisenbahn. Beim Überqueren der Bahnstrecke sahen wir einen Personenzug (d,h. eigenlich hatten wir die Lok schon viel früher gehört statt gesehen), der wartete, dass die Brücke herabgelassen wurde.
Nun ging es immer auf der Shore Road entlang, mit einem kleinen Stop in einem gut besuchten aber nicht noblen Seafood Restaurant „Lobster Trap“. Dies war gleichzeitig auch ein Fischladen mit großen Becken voller lebender großer „blauer“ und kleinerer „grüner“ Hummer. Wir nahmen nur eine Kleinigketit (Salat und Fischsuppe) aber dazu noch ein Stück Torte. So „aufgetankt“ konnten wir weiter. Es war aber wieder ziemlich anstrengendes Fahren auf der Straße. Wenigstens war es inzwischen durchwachsen sonnig. Aber jetzt ging es auf den Shining Sea Bikeway, der uns bis zum Fährhafen in Woods Hole führte, früher war dies die Eisenbahnstrecke hierhin.
Zuvor hatten wir Flüsse überquert, Seen und Feuchtgebiete passiert, einschließlich der Sippewisett-Salzmarschen, einem meditativen Ort für den Stamm der Wampanook, weil für sie hier der Geist der Ahnen an der Stelle wo Land und Wasser zusammenkommen spürbar wird. (Häuptling Flying Eagle Earl Mills Sr.). Wir hätten auch gern weiter unseren Blick über diese fazinierende Landschaft schweifen lassen, auch in der Hoffnung den einen oder anderen Vogel zu erblicken, aber wir mussten weiter zur Fähre.
In Falmouth endete die Bahnstrecke, die uns teilweise begleitet hatte. Ein älterer spazierender Herr interessierte sich für unsere vollgepackten Räder und ob wir denn den Radweg genossen hätten. Auf meine Begeisterung und den Hinweis, dass da am Anfang noch ein Stück mit Schienen umgewandelt werden könnte (wit hatten auch Schilder mit der Forderung „Take up the rails and build the trail!“ gesehen), erklärte er, dass darüber noch gestritten werde. Vor allem musste die Bundesregierung dafür gewonnen werden, weil ein Abzweig von dieser alten Strecke als Anschlussgleis für ein Militärgelände dient (auch wenn nur der Müll per Bahn abtransportiert wird). Er erzählte noch, dass seine Eltern beide aus Deutschland stammten – aus Nürnberg und aus der Nähe von Dortmund und wünschte uns weiter viel Spaß.
Und das hatten wir: jetzt ging es sogar ein Stück direkt am Meeresstrand entlang.
Vorbei an parkenden Autos und einem Shuttlebus der Steamship Authority, die die Fährlinie von hier nach Martha’s Vineyard bedient.
Wir waren die einzigen Radfahrer und rollten nach dem Gepäckwagen auf die Fähre. Vertäut werden mussten die Räder nicht, wir sollten sie bloß gut schräg an die Wand lehnen, damit sie beim Wendemanöver nicht umfallen. Die ruhige, sonnige Überfahrt genossen auf dem Oberdeck, ab und zu kam ein wenig gespenstischer Nebel auf. Im Zielhafen Oak Bluffs rollten wir als letze von Bord.
Unser Hotel war aber nur wenige Meter vom Hafen entfernt, verteilt über mehrere historische Gebäude, die auch geschnitzte Elemente und Verzierungen im hier eigentümlichen „Zuckerbäckerstil“ trugen. Nach Ebendessen im Lokal mit eigenem Braukessel im Innenraum drehten wir noch eine kleine Runde und kehrten ins Hotel zurück.