Waldoboro – Brunswick (74,4 km)
Heute morgen bereiteten wir uns im herrschaftlichen Haus selbst ein Frühstück zu, mit allem was da war: Erdbeeren, Himbeeren, Joghurt, Bagel, Cream Cheese, Müsli, Kaffee, Marmeladen, ja selbst ein weichgekochtes Frühstücksei als willkommene Abwechslung zu den im Hotel üblichen Aggregatzuständen (allerdings fanden wir keine Eierbecher…). Während Birgit den Abwasch erledigte, fuhr ich die Räder aus dem „Salon“ heraus (wo sie geruht hatten) und belud sie vor der Herberge. Ein klitzekleiner Sonnenschimmer ließ Hoffnung aufkommen, dass wir es heute vielleicht ohne Regen ins Ziel schaffen könnten.
Das ausgiebige fühstück brauchten wir gleich Richtung Ortsausgang. Es ging wieder ordentlich bergan. Wir überquerten den Medomak River und fuhren oder kletterten weiter Richtung Newcastle. Immer mal wieder gab es nette Ausblicke auf einen Fluss, See oder „Teich“ (Pond). Da hieß aber meist auch zur Brücke hinab und danach wieder hinauf. Hinter Nobleboro führte die Route ein Stück parallel zu einer Eisenbahnstrecke entlang und hier wichen wir auch einmal von der ausgeschilderten und geplanten Route ab, ersparten uns einen Aufstieg und fuhren stattdessen an der Salt Bay entlang bis wir später wieder auf die Route trafen.
Immer wieder Anstiege und Abfahrten. Jetzt kreuzten wir den Sheepscot River im beschaulichen gleichnamigen Örtchen mit schönen historischen Gebäuden.
In Wiscasset, dem Hafen- und Werftstädtchen am gleichen Fluss, wichen wir wieder von der Route ab, um eine Mittagspause zu machen. Ein kleiner Laden hatte auf, es gab überbackene Sandwiches oder Fisch- bzw. Muschelsuppe, wobei wir uns für letztere entschieden. Der kleine Abstecher führte uns an historischen Gebäuden vorbei, wie dem Nickels-Sortwell House von 1807 und einem auf einem Hügel thronenden sehr auffälligen Haus mit großer Glasfront, ebenfalls aus dem Jahre 1807. Nach dem 2. Besitzer Captain Tucker aus einer Reederfamilie wurde das Haus Tucker Castle genannt, vielleicht auch wegen des turmartigen Aufbaus. Daneben in einem historischen Straßenzug ebenfalls ein imposantes Gebäude, das Wood-Foote House. Der Wohstand, von dem diese historischen Gebäude zeugten, rührte aus der lebhaften Geschichte von Wiscasset als Seehafen und Werftstandort her. Für Trubel sorgen jetzt eher die Segelevents und Segeltouristen.
Nach etlichen Höhenmetern mussten wir noch einmal eine Pause einlegen; also Picknickdecke raus und mal eine entspanntere andere Haltung eingenommen – dank eines Moosteppichs auf der Wiese lagen wir weich und genossen Tomaten, Mandarinen und Bananen.
Auf dem Weg nach Bath mussten wir noch eine Hürde nehmen, die lange Brücke über den Kennebec River. Eigentlich waren es ja drei Brücken: die große Straßenbrücke über die auch der Fernverkehr donnerte, die alte Straßenbrücke mit Hebeteil und darunter die Eisenbahn.
Es gab einen abgetrennten Rad- und Fußweg auf der linken Seite. Wir mussten dazu durch die Fahrrad-/Fußgängerunterführung und auf der anderen Seite den Bürgersteig nehmen. Birgit wollte so schnell wie möglich die Brücke hinter sich lassen; ich wollte ja noch fotografieren. Da sah ich auf der Fahrbahn mitten im Fernverkehr einen Radfahrer, ebenfalls bepackt mit Fahrradtaschen, der sogar anhielt und mit etwas zurief (wo es hingehen sollte oder so). Über den Straßenlärm und die Entfernung hinweg war allerdings keine Unterhaltung möglich…
Auf der anderen Seite angekommen unterquerten wir die Brücke und fuhren weiter auf der Route. Da begegneten wir dem Radler von vorhin. Er hatte auch rote Ortliebtaschen und auf seiner Lenkertasche eine Tourenkarte der Adventure Cycling Association. Wir stellten uns vor und tauschten uns aus. Rick war auf dem Weg entlang des Northern Tier und wollte bis rüber an die Westküste nach Washington State. Als seine Ruhestandsbelohnung hatte er vor ein paar Jahren Amerika von Ost nach West durchquert, auch hin und wieder auf dem Lewis&Clark-Trail. 54 Jahre verheiratet und davon 53 Jahre mit seiner Frau geradelt – das ist mal ein Ziel. Allerdings möchte seine Frau nicht mehr campen, auch wenn sie dies selbst mit kleinen Kindern gern getan haben. Also hat sich Rick allein auf den Weg gemacht, während sich seine Frau zuhause im Garten und mit Handarbeiten beschäftigt.
Tja, Birgit „musste“ aber nun weiter mit, wir drehten noch eine kurze Runde durch die Hauptstraße von Bath mit historischen Gebäuden und weiter ging’s Richtung Brunswick. Wir mussten ja noch über das Etappenziel hinaus zu unserem Hotel am Stadtrand (näher zur morgigen Etappe). Die Fahrt nach und durch Brunswick, wo sich etliche Fernstraßen trafen oder kreuzten, hatten wir uns aber schlimmer vorgestellt. Hier gab es einen separaten Fuß- und Radweg, der über die Fernstraßen hinweg und entlang des Androscoggin River in die Stadt führte, z.T. mit parkähnlichen Abschnitten wo auch Spaziergänger unterwegs waren. Wir fuhren und schoben auch ein Stück im Stadtzentrum entlang, bis wir größtenteils auf Nebenstraßen wieder die US 1 erreichten, an der unser Hotel lag.
Der Angestellte an der Rezeption – wegen meines Fahrrad-Outfits – sagte gleich, dass sie keine extra Fahrradräume hätten, wir das Fahrrad aber ruhig aufs Zimmer nehmen könnten. Er tauschte auch nochmal die Zimmer, so dass wir direkt vom Parkplatz ebenerdig unser Zimmer erreichten und unsere Räder (mit Gepäck!) erstmal ins Zimmer fahren konnten.
Wir hatten noch nichts zu Abend gegessen und so machten wir uns frisch umgezogen auf den Weg zur Thai Villa um die Ecke. Hier konnte man aber nicht mehr vor Ort essen, und so bestellten wir uns etwas zum Mitnehmen. In der Wartezeit holten wir uns an der danebenliegenden „Tanke“ noch ein Kaltgetränk (1 Pabst Blue Ribbon gegründet 1844 und einen Downeast Cider). Nach dem Abendessen im Hotel entstanden diese Zeilen…