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Avignon
Heute hatten wir einen "Ruhetag" in Avignon eingelegt. Ruhetag heißt: kein Fahrrad, stattdessen sind wir zu Fuß unterwegs. Von unserem Hotel ging es erst einmal durch die noch sehr imposant vorhandene Stadtmauer hindurch zum Tourismusbüro, wo wir Eintrittskarten für den Papstpalast und die abendliche Lichtshow "Vibrations" im Ehrenhof des Papstpalastes zum günstigen Paketpreis kauften. Weiter quer durch die Altstadt, die von vielen kleinen Gassen und breiteren Geschäftstraßen durchzogen ist.
Der Papstpalast ist der dominierende Bau, der uns auch schon bei der
Anreise vom anderen Rhoneufer aufgefallen war. Durch die dicken Mauern gelangt man auf einen weitläufigen Ehrenhof. Zum Rundgang durch den Palast wird dem Besucher ein "Histopad" mitgegeben – Audioguide, Landkarte und "Zeitreisemittel" zugleich. Zunächst werden der aktuelle Standort und der Weg des Rundgangs angezeigt. Gelangt man in einen Raum mit "Time Portal", dann beginnt mit dem Abscannen des jeweiligen Symbols auf einem Stein die Zeitreise: beim Schwenken des Tablets wird der Zustand des Raumes zur damaligen Zeit detailgetreu dargestellt, je nachdem auf welche Wand oder welche Ecke es gerichtet wird. Kleine Türchen oder Symbole öffnen den Weg zu weiteren Informationen, zum Beispiel über die Wandmalereien. Aber auch ohne diese technische Spielerei ist beeindruckend, wie der frühere Sitz des Bischofs von Avignon zum Palast für sieben Päpste ausgebaut wurde. Auch wenn kaum originale Ausstattungen oder typische Möblierungen zu sehen sind, geben die hohen Wände, die großen hohe Säle einen Eindruck, wie mächtig und prächtig der Palast auch auf die Besucher von damals gewirkt haben mag. Interessant auch die Informationen, wie das Ganze wirtschaftlich funktionierte: Unter der Aufsicht des Kämmerers arbeitete eine ganze Schar höherer und niederer Beamter (hier wohl ein kleiner Übersetzungsfehler im Audioguide: Offfiziere und Unteroffiziere) an der Verwaltung der Steuern. Im "Tresor", dem sichersten Raum tief im Palastinneren mit engen Fenstern und nur einem einzigen Zugang, wurden Schätze und Wertgegenstände sowie Besitzurkunden gelagert, manche sogar in versteckten Kammern unter den Fußboden.
Aber Moment mal, Päpste in Avignon und nicht in Rom? Begonnen hatte dies mit der Wahl des Erzbischofs von Bordeaux zu Papst Clemens V. im Jahre 1305. Auch wenn die Päpste seinerzeit Wanderpäpste waren, war deren angestammter Sitz doch in Rom. Clemens V. wollte jedoch nicht nach Rom umziehen. Und sechs weitere (einschließlich zweier Gegenpäpste im Gegensatz zu in Rom gewählten Päpsten) taten es ihm gleich, auch wenn es selbst zwischendurch immer wieder Versuche gab, den Papstsitz zurückzuverlegen. Avignon gehörte aber nicht zu Frankreich oder Italien, die Grafschaft Venaissin gehörte der Kirche. Erst später, mit der französischen Revolution wurde Avignon "einverleibt".
In direkter Nachbarschaft liegt die Kathedrale Notre-Dame-des-Doms, die in Teilen sogar älter als der Papstpalast ist. Oberhalb liegt ein kleiner Park, der auf eine Terasse führt, von der man einen weiten Blick auf die Rhonelandschaft hat. Und von hier ist es auch nicht weit bis hinunter zur Brücke Pont Saint Bénézet, die als Brücke von Avignon durch das französische Kinderlied "Sur le pont d'Avignon, on y danse…" (Auf der Brücke … tanzen wir). Wobei die Brücke zum Tanzen eigentlich viel zu schmal ist. Bei den damals üblichen Sarabanden und lebhaften Schreit- und Springtänzen wäre so mancher ins Wasser gefallen. Getanzt wurde damals eher am Ufer unter der Brücke. Für den Warenverkehr nach Avignon hatte die Brücke nur wenig Bedeutung, aber die Päpste nutzten sie um bequem zu ihrer Sommerresidenz in Villeneuve-lès-Avignon zu gelangen, wenn sie der lauten, verruchten Stadt Avignon entflohen. In der Kapelle auf der Brücke hielten sie dann einen kleinen Gottestdienst ab.
Höhepunkt unserer Zeitreise durch Avignon war das Lichtspektakel "Vibrations" im Papstpalast: fröhliche animierte Bilder der lavendelgeschmückten Provence wechselt3en sich ab mit Visionen aus den dunkelsten Zeiten des Mittelalters, Blumenteppichen und Motiven und Musik aus den Zwanzigern, quasi zum Mitwippen. Eine tolle Show, die wir gut genießen konnten, weil der Hof genug Platz bot um selbst am Boden sitzend das Spektakel zu verfolgen.