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12.01.2016
Christchurch
 
Nach erholsamem Schlaf und einem guten Frühstück fühlte sich der Tag heute schon viel besser an. Ein bisschen "wie in Watte" kamen wir uns allerdings noch vor. Da bot sich doch ein Fahrt mit der historischen Straßenbahn an, mit der man eine Stadtrundfahrt machen kann. Die vier alten Straßenbahnwagen verkehren mit Fahrer ("Motorman") und Schaffner auf einer einzigen Linie durch das Stadtzentrum von Christchurch und sind eigentlich nur noch Touristenattraktion. Mit dem Tagesticket kann man aber jederzeit aussteigen und an einer beliebigen Stelle wieder einsteigen.
Von einem Stadtzentrum wie man es sich gewöhnlich vorstellt, kann eigentlich seit dem Erdbeben von 2011 – hier spricht man von den "Christchurch Earthquakes" – keine Rede mehr sein. Das Erdbeben der Stärke 7,1 mit seinen Nachbeben zerstörte wichtige Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Cathedral – eine Kirche von 1864 im neogotischen englischen Stil – ist auch fünf Jahre nach der Katastrophe noch nicht wieder aufgebaut; die aufgerissene Apsis flankiert von bröckelnden Mauern bietet eine Blick in das Kirchenschiff. Stützen aus Stahlträgern halten die Rest zusammen. Auch Sir Walter Scott stürzte von seinem Sockel wie viele andere Standbilder. Nur Königin Victoria blieb standhaft und blickt weiterhin am alten Platz auf dem Victoria Square stolz in die Ferne. Die Lücken, die das Erdbeben in eine lebendige Stadt gerissen hat, sind unübersehbar. Wo einst eoin Hochhaus stand ragen nur noch  einem Betonstümpfe mit abrissener Stahlarmierung in die Höhe; die ehemalige Tiefgarage steht voller Wasser. Das eine oder andere Gebäude harrt noch seinem ungewissen Schicksal entgegen – Abriss oder Sanierung? An vielen Stellen erheben sich aber bereits riesigen Stahlträgerkonstruktionen – der Neuanfang für moderne Gebäudekomplexe, die wieder Platz bieten sollen für Büros, Läden und Restaurants. Zwischen diesen riesigen Bauplätzen gibt es immer wieder einige kurze Straßenzüge wie Regent Street mit Cafés und Läden in historischen Gebäuden, die einen kleinen Eindruck vermitteln, wie die Stadt einmal ausgesehen hat. Viele der neuen Bauten sollen dieses Jahr fertiggestellt sein. Dann wird sicher das kleine Ladenviertel aus Schiffscontainern mit dem optimistischen Namen "re:start" (Neuanfang) endgültig weichen müssen.
Wer tiefer in die Geschichte eintachen möchte, sollte unbedingt das Canterbury Museum besuchen. Hier wird nicht nur in Dioramen und mit vielen originalen Objekten der Alltag der Maori dargestellt, sondern auch die Geschichte der Besiedelung durch die anderen, späteren Einwanderer aus Europa erzählt. Von Christchurch aus warb man gezielt um Einwanderer aus England, charterte sogar eigensa ein Schiff, das Siedler in die Region Canterbury bringen sollte. Dabei achtete man auf die "richtige Mischung" – Frauen, Männer, verschiedenste Berufe. Auch den Frauen wurde auf einem Werbezettel eine bessere Zukunft als "needlewoman" und Hausfrau versprochen. Im Erdgeschoss wandelten wir durch die Kulissen einer historischen Straßenszene im Christchurch des späten 19. Jahrhunderts mit Drogerie, Fotograf usw. Aber auch die anderen Ausstellungen waren sehenswert. Die Kunst Chinas und die Leonardo-da-Vinci-Ausstellung übergingen wir allerdings. Die Vogelwelt Nueseealands war im Moment interessanter, so konnten wir dem einen oder anderen, der uns bereits begegnet war, einen Namen zuordnen. Toll auch die Ausstellung mit Skulpturen und Kunstobjekten aus Wellblech, z.B. mit den dekorativ "geklöppelten" Wandmotiven aus Wellblech oder Stahldraht. Ein Teil des Museums war den Antarktisexpeditionen gewidmet, mit Originalexponaten Expeditionen von Scott, Amundsen, Shackleton und späterer Generationen von Polarforschern. Nach einem Blick aus dem Museumscafé in den benachbarten Botanischen Garten entschlossen wir uns, nun die sommerlichen Temperaturen und den Sonnenschein draußen zu genießen. Um dem ausgedehnten Spaziergang gewachsen zu sein, strärkten wir uns zunächst in einem Tapas-Restaurant mit einem Salat. Die spanisch-deutsche Kellnerin war bereits fast ein Jahr in Neuseeland mit Work&Travel unterwegs und erzählte sie würde außer ihrer Familie zurzeit nichts nach Europa ziehen, vielleicht kommt jetzt noch eine Zeit in Asien. Wir machten uns auf den Weg die Welt der Pflanzen. Der Botanische Garten erstreckte sich entlang des Flusses Avon, auf dem einige mit Kajaks unterwegs waren oder sich – bequemer – entlang staken ließen. Neben dem unvermeidlichen Rosen- und Staudengarten faszinierten der sumpf- und teichähnliche Water Garden und der New Zealand Garden mit typischen Vertretern der hiesi gen Flora, wie Pinien, Farne, Kauri, Eukalyptus. 
Nach diesem ausgiebigen Spaziergang bestiegen wir an der nächsten Haltestelle wieder die Straßenbahn und fuhren zurück zur Regent Street und bekamen gerade noch Kaffee und Kuchen – obwohl es erst kurz vor vier war, schlossen die Cafés bereits so langsam. Dann erkundeten wir die re:start Mall. Im Trekking-Laden gab es leider keine Gaskartuschen mehr, wir sollten es bei Jagd- und Anglerbedarf versuchen; dort waren wir auch später erfolgreich – Tee konnten wir uns also kochen. Weniger erfolgreich waren wir bei dem Versuch eine SIM-Karte für Anrufe nach Deutschland und in Neuseeland zu erstehen. Einen Telekommunkations- oder Elektronikladen sucht man zurzeit im Stadtzentrum vergebens. Da müsste man ins nächstgelegene Einkaufszentrum fahren. Also blieben nur die Lebensmittelläden, die SIM-Karten anbieten. Trotz großer Vodafone-Werbung wusste der Verkäufer nichts von dem von VodafoneNZ beworbenen Paket für 29 NZ$, das auch internationale Gespräche in ausgewählte europäische Länder erlauben sollte. Die Spark-SIM-Karten im nächsten Laden waren nur für Gespräche in Neuseeland. Mit der festen Absicht, uns doch noch einmal zu informieren (in der Unterkunft hatten wir ja WiFi und Internet) beließen wir es bei Obst,Wasser, Keksen als Unterawegs-Ration für die morgige Tour und zogen zu Fuß zurück zu unserem B&B. Während Birgit nach die Erlebnisse der Vortage aufschrieb, bereitete ich die Räder für die morgige Tour vor. Auch wenn wir erst eine Strecke per Bus fahren wollten, mussten wir es ja mit Gepäck erst einmal bis zur Bushaltestelle schaffen. Leider hatten die Räder doch etwas gelitten, diesmal allerdings nicht an den eigens geschützten empfindlichen Stellen. Birgits Gepäckträger saß nun leider etwas weiter links – verbogen aber zum Glück noch nutzbar. Die Magnetscheibe, die das Rad im gefalteten Zustand zusammenhielt, war abgerissen. Mein Rad hatte aus unerfindlichen Gründen einen Platten. Also erstmal Fahrräder entfalten, auf alle Reifen wieder ordentlich Luft bringen, den einen Schlauch wechseln und alles weitere noch einaml prüfen. Und dann wollten wir je schließlich noch Abendessen gehen. Achja, und wir mussten ja noch den Bus buchen. Die zwei Flexipass-Buspässe musste ich online separat für Birgit und mich buchen. Allerdings brauchte ich für das Busticket nach Fairlie, von wo aus wo wir morgen starten wollten, unbedingt eine neuseeländische Telefonnummer. Also blieb uns doch nichts anderes übrig als noch einmal zu dem Metromarkt zu gehen (bis 22.00 Uhr geöffnet) und eine SIM-Karte für NZ zu kaufen. Aber erst essen, denn wie das Sprichwort schon sagt: "andere Länder, an4dere Öffnungszeiten"…  Wir hatten ein wenig Glüpck, beim RSA (der Returned Services Association – der Veteranenorganisation) im Restaurant mit dem seltsamen Namen "Trenches" (Schützengraben), vor deren Eingang Gedenksäulen an die Schlachten erinnerten, in denen viele neuseeländische Soldaten des ANZAC ihr Leben gelassen haben. Die Bedienung entschuldigte nur sich, dass schon Küchenschluss sei und es nur noch Bar Snacks gebe. Zum Glück handelte es sich nicht nur um Chips oder Erdnüsse, sondern fritierte Cajun-Chicken-Streifen und Shrimps mit Salat.
Der freundliche Verkäufer im Metromarkt war noch immer da und so kauften wir eine SIM mit Spark-Prepaid-Paket. Zur Sicherheit probierten wir sie gleich aus – alles gut, der Verkäufer rief mich sogar extra mit seinem Handy an, um sicherzugehen. Wieder im B&B konnten wir allerdings keine 2 Plätz mehr im Bus nach Fairlie buchen. Aber auch alle anderen Alternativverbindungen (Dunedin oder Clyde) waren angeblich ausverkauft. Also freundeten wir uns wohl oder übel mit der Idee an, noch einen Tag in Christchurch zu bleiben oder einen Ausflug von dort zu machen. Damit die Buchung auch klappt, wollte ich gleich früh vor dem Frühstück zum Busbahnhof, wo ein Intercity Booking Agent sitzen sollte. Es bleibt also spannend…