Dordrecht-Rotterdam
36,4 km
Unser Frühstück wurde uns heute in der gemütlichen Küche unserer Wirtsleute serviert, die uns auch Gesellschaft leisteten. Nachdem uns Jan versichert hatte, dass das Wetter trotz momentanen Nebels schön würde, unterhielten wir uns über alles Mögliche – von Jans selbstgemachter Mirabellenmarmelade, deren Früchte er von einem Freund bekam, der ein Haus in der Eifel hat, bis hin zu Foie gras, die Nathalies Mutter in der Dordogne selbst herstellt. Dies brachte uns zu Martin Walker und seinen Périgord-Romanen sowie die EU, den Kapitalismus und unsere moderne Hightec-Ära. Wir hätten sicher noch eine ganze Weile weiter diskutieren können, doch wir wollten schließlich heute noch nach Rotterdam. Also verabschiedeten wir uns von diesem wunderbaren Domizil und schwangen uns auf die Räder. Gut, dass Steffen gestern Abend noch eifrig fotografiert hatte, heute morgen konnte man vor lauter Nebel max. 20 m weit sehen. Wir fuhren durch die Innenstadt zur Waterbus-Station. Hier hätten wir auch gleich bis ins Zentrum von Rotterdam fahren können, doch dann wäre uns ein wahrer Schatz Hollands entgangen. Wir nahmen den Waterbus bis Papendrecht und fuhren dort zunächst durch die Stadt. Es war gerade Markt und so herrschte geschäftliches Treiben. Ansonsten boten die Hochhäuser und Wohnblocks wenig Spektakuläres. Die Straße, an der unser Radweg verlief, war wegen Bauarbeiten gesperrt, doch zum Glück gab es eine extra Brücke über die Autobahn nur für Fahrräder .
Hier wirkte die Landschaft wie man sich Holland vorstellt. Hier und da eine Windmühle, mit Entengrütze überzogene Grachten mit Booten, niedliche kleine Dörfer mit hübschen Gärten, Weiden mit Kühen und Pferden. Die Sicht wurde allmählich besser und man konnte sogar den blauen Himmel über dem Hochnebel erahnen. Die Gegend scheint bei Radlern jeder Art sehr beliebt zu sein, denn uns kamen Gruppen von Rennradlern, ältere Paare, Familien und einzelne Radler entgegen. Offensichtlich gab es auch irgendein Laufevent, denn es begegneten uns mehrere Gruppen von Joggern, die in fast militärischer Formation liefen. Vielleicht trainierten sie auch nur.
Zwischen Alblasserdam und Kinderdijk kam der wohl schönste Abschnitt unserer Tour: Wir fuhren auf einem schmalen Radweg, rechts und links Grachten und dahinter an beiden Seiten jeweils eine ganze Reihe alter, aber sehr gut erhaltener Windmühlen. Diese waren offensichtlich alle bewohnt oder wurden als Museum o.ä. genutzt. So stellt man sich das ländliche Holland vor.
Außer uns bestaunten auch eine Menge asiatischer Touristen die Schönheit dieser Gegend.
Wir erreichten nun die Fähre nach Slikkerveer. Laut unserem Tourführer sollte hier die Straße auf die andere Seite weiterführen und nur eine Fähre abfahren, doch auch die Straßenfortsetzung war eine Fähre. Diese fuhr ständig zwischen beiden Ufern hin- und her, während von unserer Fähre nichts zu sehen war. Laut Plan sollte sie halb 12 fahren. Da bisher alle Fähren sehr pünktlich waren, wurden wir etwas unruhig und starrten gebannt auf das Wasser hinaus. Schließlich kam das Boot und wir konnten unsere Reise wie geplant fortsetzen.
Nach den vielen Kilometern der letzten Tage, hatte ich heute das Gefühl Blei in den Beinen zu haben. Es war höchste Zeit für einen Ruhetag. Zum Glück war Rotterdam nicht mehr weit. Wir mussten noch einmal den Fluss queren. Diesmal führte der Radweg entlang der hoch oben gelegenen Autobahnbrücke. Während Steffen die Aussicht genoss und noch ein paar Fotos schoss, fuhr ich schnell auf die andere Seite, irgendwie war mir das Ganze nicht geheuer. Ich wartete lieber mit festem Grund unter den Füßen. Der Radweg führte nun weiter am Wasser lang und bot viele tolle Aussichten auf die moderne Stadt. Dabei sahen wir nicht nur Hochhäuser, Schiffe und Brücken, sondern auch das Stadion von Feijennoord Rotterdam. Obwohl das Radwegenetz in holländischen Stadt außerordentlich gut ausgebaut ist, muss man sehr aufpassen, denn hier sind nicht nur wilde Radler (wie bei uns), sondern auch Mofas unterwegs.
Da sich unser Hotel nicht weit weg vom Bahnhof befand, konnten wir dem Radweg bis fast zu Ende folgen.
Für unsere letzte Übernachtung in Rotterdam gönnten wir uns noch einmal etwas Luxus. Ein paar Tage zuvor hatten wir bei booking.com einen value deal für das Hilton gefunden, wo wir nun mit unseren Rädern in voller Radlermontur vorfuhren. Nachdem wir unsere Räder im Fahrradgatter verstaut hatten, bezogen wir unser Zimmer. Nach einer kurzen Mittagsruhe machten wir uns zu einem Bummel durch die Stadt auf. Da wir uns um unser Gepäck keine Sorgen mehr zu machen brauchten, ließen wir uns von den Angeboten in den Geschäften ein wenig verführen.
So ein Shoppingtrip macht natürlich auch hungrig. In einer gemütlichen Wijnbar fanden wir zwar weder Muscheln noch Pannekoeken, dafür aber einen sehr leckeren „Salade Nicoise Nouveau“ mit frischem gerillten Thunfisch bzw. Steak mit außerordentlich leckeren Fritten.
Den Abend ließen wir in der Executive Lounge des Hotel bei einem Gläschen Wein und Snacks ausklingen.