Calbe (Saale) – Magdeburg (64,23 km)
Nach einem guten Frühstück sattelten wir wieder unsere Räder und ritten Richtung Fähre, die uns über die Saale brachte. Am anderen Ufer ging es weiter mit Holperstraße und irgendwann über Wege mit Betonspurplatten, kein schöner Abschied, wenn man bedenkt dass dies die letzten Kilometer auf dem Saaleradweg sein sollten. Und noch eine Saalefähre (Groß Rosenburg), genau wie die Elbefähre Barby, ebenfalls eine Gierfähre, die sich allein durch geschicktes Ausnutzen der Flussströmung ohne jede Motorkraft vorwärtsbewegt. Nur zum Verkürzen oder Nachlassen der Gierseile gibt es Winden mit Elektromotorunterstützung.
Die Stadt Barby grüßte vor allem mit dem mächtigen weißen Turm von St. Marien – eine alte Kirche, die, wenn man der lateinischen Inschrift über dem Türsturz glauben darf, 1683 restauriert worden ist. Die hölzernen Tafeln der eingezogenen Kassettendecke sowie die Laibungen von Chorgestühl und Balustrade waren bunt mit stilisierten Blumenmotiven bemalt. Die Kirche war mit einer sehr schönen Orgel ausgestattet, mit Eintreten in die Kirche erklang Klavier- und Orgelmusik. Zwei an der Wand aufgerichtete Grab- bzw. Gedenkplatten stammten aus dem 16. Jahrhundert, ein weiteres Anzeichen für das Alter der Kirche. Gedenktafeln neueren Datums erinnerten an die Kriegsgefallenen „aus dem Kirchenspiel“, die 1870/71 und 1815 umgekommen sind. Auch einem 1905 in Deutsch-Südwest-Afrika gefallenen Gemeindemitglied war eine Tafel gewidmet.
Wir verließen den ansonsten eher unscheinbaren Ort in Richtung Saalemündung. Dazu ließen wir die Elbfähre erst einmal unbeachtet links liegen und radelten die letzen 800 m zum Ziel.
Aber: kein Zieltransparent, keine Blaskapelle, nichts dergleichen! Dennoch hatten wir nun offiziell unsere Reise von der Quelle bis zur Mündung vollendet, wo die Saale nach einigem Schlängeln in ziemlich spitzem Winkel in die Elbe mündet.
Das obligatorische historisch-fotografische Zeitdokument „Wir und die Saalemündung“ und zurück zur Fähre, wo die „Eingeborenen“ die grüngelbe Riesenameise mit nur einem Fühler (ich in Fahrradjacke mit Helmspiegel) interessiert betrachteten. An Bord der Elbfähre wurde auf einer Tafel noch einmal das Prinzip der Gierfähre (eine holländische Erfindung) erklärt.
Ab jetzt ging es weiter auf dem Elberadweg, den wir vor Jahren auch schon einmal mit unseren Kindern geradelt waren. Die sehr reizvolle offene und flache Landschaft entlang der Elbe hatte aber seinen Preis: Kräftiger Gegenwind war nun, bist auf wenige Ausnahmen, unser ständiger Begleiter, allerdings auch viele Wildvögel wie Roter Milan, brütende Schwäne, Störche und kleinere Vögel.
In Dornburg (Elbe!) stießen wir auf ein Barockschloss, das aber leider Baustellen und daher nicht zu besichtigen war. Es handelte sich quasi um eine nie richtig fertiggestellte „Investruine“ des Fürstenhauses Anhalt-Zerbst. Hier soll eine weltpolitisch äußerst bedeutsame Dame aus diesem Adelshaus einen Teil ihrer Kindheit verbracht haben: Katharina die Große. In ihren Erinnerungen hat sie zumindest von diesen Aufenthalten geschwärmt. Und nun steht dieses recht große Schloss teilsaniert doch recht verloren in der Elbelandschaft herum.
Auf unserem weiteren Weg durchquerten wir ein Auenwaldgebiet mit einem duftenden Blumenteppich aus Buschwindröschen, Storchenschnabel und Veilchen.
Dann, ebenfalls ein alter Bekannter – der Planetenpfad entlang des Elbdamms. Maßstabsgerecht radelten wir unser Sonnensystem ab, z.B. Jupiter – Oberflächentemperatur –148 °C – kein Ort für Radtouren.
Und dann, noch ein Riesensprung – diesmal in der Zeit: ein Steinzeitdorf bei Randau. Die reetgedeckten Langhäuser waren die ersten Behausungen der sesshaft gewordenen Viehzüchter und Ackerbauern. Im Vergleich zum Nomadenzelt aus Tierhäuten boten diese Behausungen viel Platz für Mensch und Tier – eigene Viehställe gab es damals noch nicht.
Auf dem Gelände, das von einem Verein betreut, von Spenden lebt und von Ehrenamtlichen und Saisonkräften am Leben erhalten wird, sind auch ein frühmittelalterliches Grubenhaus und eine Töpferwerkstatt zu sehen. In die Häuser konnten wir nicht hineinschauen, aber wir lernten ihre „Bewohner“ in ihrem „Winterlager“ kennen – lebensgroße Puppen in der typischen Fellbekleidung jener Zeit. Dieses Erlebnis wie auch den Zutritt zum Gelände ermöglichten uns die drei Helfer des Betreibervereins , die gerade den Park für den eigentlichen Saisonstart vorbereiteten. Das war uns natürlich eine Spende wert.
Auf inzwischen vertrauten Wegen erreichten wir das Ziel – die „Pension Doro+ Jürgen“ in Magdeburg.