Devils Lake State Park – Newport – (49,28 km)

Ich sitze hier am Tisch und blicke über die Terrasse hinaus auf den Ozean – dem Klischee nach genau die Atmosphäre, die Autoren immer suchen um ihrer Kreativität auf die Sprünge zu helfen.

Ungewöhnlich ist vielleicht nur, dass auf der Terrasse zwei Fahrräder stehen, angeschlossen am Geländer. Und dass ausgebreitet auf Geländer und Fahrrädern ein Zelt trocknet, neben drei Langarm -Fahrradtrikots. Wir sind in Newport, unweit des Historical District im Motel „The Whaler“ (Der Walfänger).

Alles fing damit an, dass wir heute früh gegen 06.15 Uhr von einem Geräusch geweckt wurden, das uns gar nicht gefiel: Der Regen klopfte leise auf unser Zelt.

Also noch einmal umgedreht, aber auch später sah das Wetter nicht besser aus. Also frühstückten wir bei immer mal wieder einsetzendem Nieselregen, packten zusammen und machten uns auf den Weg.

Irgendwann zogen wir die Regenjacken aber doch aus, dann wieder mal an, bis das Wetter sich stabilisiert hatte.

Die Route ging dicht an der Küste entlang und bot den Blick auf durch die Ebbe trockengelegte Buchten, über rötliche Sandsteinfelsen bis hin zur rauen Steilküste. Wir passierten Depoe Bay, das Städtchen, das sich „Whale Watching Capital of Oregon“ nennt. Kurz vor einer imposanten Brücke über die Einfahrt zum „kleinsten Hafen der Welt“ war auf einer Tafel die Bilanz der gesichteten

Wale zu lesen: gestern 3, heute 3.

Wir haben keine entdeckt, wohl aber Robben, die Birgit mit „Robbensammlerblick“ vom Fahrrad aus im Tal erspähte! Nach Beobachtung (der 42fach Zoom des Fotoapparats ersetzte das Fernglas) und „Familienfoto“ (der Robben) bogen wir nach einigen Meilen von der US 101 auf eine ruhigere Nebenstraße ab. Wieder eine tolle Brücke, wieder herrliche Ausblicke. Von oben sahen wir zwei kleinere Boot in langsamer Fahrt – offensichtlich auf der Suche nach Walen. Da wir von oben einen ganz guten Überblick hatten, schauten wir uns das ganze eine Weile an. Birgit vermeinte eine kleine Fontäne gesehen zu haben, es kann aber auch ein normaler Brecher gewesen sein. Whale Watching (Walbeobachtung) ist wahrscheinlich doch eine Übertreibung – Whale Spotting (Wale entdecken) ist wohl eher zutreffend.

Auf unserer kleinen Nebenstrecke stießen wir auf ein Schild „Flying Dutchman Winery“. Ei n Weingut also. Hm, wir hatten schon vom Weinbau in Oregon gehört und gelesen, und gestern eine kleine, aber nicht repräsentative Kostprobe genossen. Aber eine richtige Vorstellung und Informationen aus erster Hand hatten wir noch nicht. Wieder ein kleiner Umweg, der sich am Ende doch gelohnt hat. Wir waren gerade die einzigen Kunden und so hatte die Frau im Laden etwas Zeit für uns, obwohl wir natürlich gleich auf den bedauerlichen Umstand verwiesen hatten, dass wir aufgrund unseres Fortbewegungsmittels leider nichts kaufen und mitnehmen könnten. Sie bot uns dennoch an, zwei Weinsorten unserer Wahl zu probieren. Birgit und ich nahmen jeder nur kurz eine Nase und zwei drei Schlückchen Syrah und Sauvignon Franc – beides sehr leckere Rotweine. Oregon – für uns ein Geheimtipp in Sachen Wein. Oregon ist eines der drei großen Weinbaugebiete in den USA neben Kalifornien, Washington State, ach und New York State. Leider sind viele Weingüter in Oregon, auch der Flying Dutchmen, zu klein, als dass sie ihre Weine international vermarkten könnten. Daher findet man auch eher kalifornische Massenware in Europa. Aber Gallo mache auch sehr gute Weine, erklärte die Weinfachfrau. Auf unsere neugierigen Fragen gab sie gern Antwort, gab uns zum Abschluss eine Broschüre mit und empfahl uns das nächste Mal mit dem Mietwagen vorbeizukommen.

Zurück auf der Hauptstrecke näherten wir uns stetig, wenngleich von Gegenwind und Steigungen gebremst, Newport.

Vorher noch die Gewissensfrage: Abstecher zum Leuchtturm (Yaquina Head Lighthouse)?

Gut dass wir uns dafür entschieden hatten. Auf den Felsen, die dem Kap mit dem Leuchtturm vorgelagert sind, tummelten sich Unmengen von Seevögeln. Und ein „Flugbetrieb“ – wie auf einem Riesen-Flugzeugträger. Dieses Gebiet mit dem Tidenbereichen gehört zu einem Naturpark, für den motorisierte „Eintritt“ zahlen mussten, wir mit unserem Muskelantrieb durften so passieren.

Und ein Blick über die „Reling“ hatte sich wieder gelohnt: große und kleine, dicke und dünnere Robben lagen faul auf den Felsen und ließen sich ab und zu von einer Wellen leicht schaukeln.

Und so sind wir im “Whaler“ gelandet.

Nachdem wir uns fein gemacht hatten, erkundeten wir erst den Ortsteil Nye Beach, der einige alte Häuser aufzuweisen hat, sehr schöne aber auch das eine oder andere renovierungsbedürftige.

An einem Eisladen kamen wir nicht vorbei, wir kämpften aber dann auch mit unseren Portionen weil „Scoop“ (wir hatten jeder 2) absolut nicht mit den Eiskugeln zu Hause vergleichbar sind (hier waren die zwei Scoop gefühlte sechs Kugeln Eis.

Aber wir hatten ja noch ein Stückchen bis zur Historic Bayfront – dem alten Hafenviertel.

Hier gab es aber nicht nur Touristenattraktionen, Restaurants, Kneipen, Cafés, etliche Läden mit
Souvenirs, Handarbeiten und Kitsch. Hier lag noch die größte Fischereiflotte Oregons mit vielen kleineren und größeren Booten, vielfach als Familienbetrieb, die Shrimps, Krabben, Thunfisch, Lachs, Heilbutt, Kabeljau, Wittling und „Rockfish“ (Stachelkopf) fangen und in Newport an die Fischverarbeiter weiterverkaufen, selber frisch verkaufen oder sogar selbst zu Konserven verarbeiten. (Diese Informationen einschließlich der jeweiligen Fangmethoden kann man – mit Blick auf die Boote – an der Pier auf Tafeln nachlesen.

Wir hatten nämlich 45 Minuten Wartezeit auf einen Sitztplatz im Restaurant Local Ocean Seafood“ zu überbrücken. Die Wartezeit ist zumindest ein Indiz für die Beliebtheit des Lokals, das uns ja auch von Einheimischen empfohlen worden war. Aber Schlange stehen muss man nicht unbedingt. Praktischerweise gibt man seinen Vornamen und die Personenzahl an, erfährt die Wartezeit und wird dann aufgerufen.

Aber das Warten hatte sich gelohnt: Zu einem Gläschen Weißwein aus Oregon Thunfischspieße auf leckerem Asia-Gemüse bzw. Fish & Chips mit dem „Fang des Tages“ – Rockfish. (Aber hier waren Fisch und Fritten nicht in Öl ertränkt.)

Dann noch der ausgedehnte Spaziergang zurück zum Hotel; ein ehrfürchtiger Blick auf die Yaquina Bay Bridge, über die wir morgen früh radeln müssen, und noch kurz vorbei an einem alten Leuchtturm, weniger ein Turm als ein Haus, weshalb der englische Begriff Lighthouse hier eher passt.

Noch ein Blick von der Terrasse, Gute Nacht Pazifik!