Bay View State Park – Port Townsend (74,36 km)
Gegen 9 sind wir abmarschbereit. Die Sonne scheint, ein leichter Wind bläst. Irgend jemand hat in der gesamten Bucht das Wasser abgelassen. Zuerst führt uns unser Weg über den Padilla Bay Shore Trail. Da lauert auch schon die erste Herausforderung: die Absperrung ist so eng, dass wir mit den beladenen Rädern nicht durchkommen. Das Vorderrad geht gerade noch, das Hinterrad muss drüber gehoben werden. Doch dann erwartet uns ein schöner Weg: bei Ebbe fahren wir dicht am Ufer lang und sehen kleine Bäche und Tümpel mit diversen Wasservögeln. Da erblicken wir in der Ferne auch schon eine hohe Brücke, über die wir wenig später fahren werden. Da haben wir aber den idyllischen Trail längst verlassen und fahren auf dem Seitenstreifen des Highway. Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, wenn riesige Trucks an einem vorüberfahren. Kurz hinter der Brücke beginnt das Reservat der Swinomish-Indianer. Wir sehen einige Casinos und einen Laden, der allerlei indianisches Kunsthandwerk anbietet. Nach einem kurzen Halt geht’s weiter. Die Strecke hat es in sich. Zum Glück werden wir bei jeder Steigung, die wir uns hochquälen durch herrliche Aussichten und schöne Abfahrten entschädigt. Ein Highlight ist auf jeden Fall die Brücke über den Deception Pass. Wir schieben unsere Räder auf dem Fußweg, um die tollen Ausblicke ungestört vom Verkehr genießen zu können. Welch eine Augenweide! Weniger der Fußgänger, der uns auf dem schmalen abgetrennten Fußweg entgegen kommt. Wir warten lieber – dick bepackte Räder und ein dicker Fußgänger passen nicht nebeneinander.
Die Eindrücke und einen Brownie und ein Pecan-Blätterteig-Gebäck verdauen wir im Bridge Cafe.
Sehr gemütlich, mit historischen Fotos ausgestaltet und Wireless Internet-Zugang. Beim Kaffee können wir also endlich die letzten zwei Tage dem Blog hinzufügen.
Dann waren wir reif für die Insel – Whidbey Island. An sich ganz lauschig und nett, allerdings ging es auch hier immer wieder bergauf und bergab. Und die hier gelegene Whidbey Island Naval Air Station störte in Gestalt von an- und abfliegenden F-18 die Ruhe. Aber auch hier von einer Anhöhe zeigte sich in der Ferne der schneebedeckte Mount Baker.
Natürlich, in alter Tradition, wieder mal ein Golf Course, den wir diesmal allerdings nicht durchqueren mussten sondern links liegen lassen konnten.
Nach vielen schöne durch Muskelkraft „erkauften“ Ausblicken erreichten wir Coupeville – ein Städtchen mit denkmalgeschützten alten Häusern. Am bemerkenswertesten für uns natürlich die Eisdiele, ganz bescheiden betitelt mit „Iskreme World HQ“. Allerdings war das Eis auch Weltklasse und trotzdem bezahlbar.
Motiviert machten wir uns auf den Weg zur Fähre. Die vorherige sahen wir gerade noch ablegen, die nächste ging um sechs. Wir hatten also noch Zeit, beim Studium der ausgehängten Karte wurde Birgit angesprochen, eine Frau erzählte von ihrer 4-monatigen Radtour in Deutschland, auf der sie 3000 Meilen zurückgelegt hatten – an Mosel, Rhein und im Schwarzwald. Aber das sei schon mehr als 20 Jahre her und damals war sie auch noch schlanker und fitter. Eine Bekannte, erzählte sie noch, würde die Strecke Vancouver-San Francisco jedes Jahr in 17 Tagen abradeln. Natürlich ohne Sightseeing und mit den gleichen festen Unterkünften.
17 Tage werden wir wohl nicht einhalten. Aber selbst die Fähre nach Port Townsend fuhr nur Radfahrtempo (um die 22 km/h).
Da wir in Port Townsend essen wollten und es von dort noch einige Meilen zum Zeltplatz waren, suchten wir angesichts der späten Stunde lieber ein Hotel. Das schöne renovierte viktorianische Palace Hotel verlor allerdings gegen das günstigere Tides Inn mit Frühstück (complimentary) und Internet. Nach einem Bison-Burger und Cod-Burger mit frischem Salat, Bier bzw. Cider radelten wird dann noch zum Hotel. Hier wurde alles was Strom braucht noch einmal richtig aufgeladen, damit es morgen wieder richtig weitergehen kann.