Fairfield – Rye (58 km)
Nachdem wir gestern den anstrengenden Teil der Strecke durch Bridgeport hinter uns gelassen haben, sollte es heute eigentlich ruhiger vorangehen. Erst einmal stärkten wir uns beim „complimentary breakfast“, das wie üblich eigentlich kein Kompliment verdient, sondern näher an komplementär (complementary), also ergänzend … zu einem richtigen Frühstück liegt. Es gab aber diesmal sogar 3 Sorten Bagel, der Kaffee und O-Saft waren OK und es gab Obst. Also erstmal was für einen Start in den Tag. Natürlich flimmerte im Frühstücksraum der Fernseher, und als wir dort in den Schlagzeilen etwas von einer Schießerei gestern abend in Bridgeport, dann in Milford lasen und es noch um einen Prozess zu einer Schießerei in Fairfield ging, dachten wir „nichts wie weg hier“.
Ein Stückchen weiter die Old Post Road entlang und wir kamen in den beschaulicheren, alten Teil von Fairfield und weiter durch Southport.
Aber auch die kleinen Straßen wurden immer voller, wahrscheinlich schon der Verkehr zum langen Wochenende – Montag ist hier Feiertag.
Durch Norwalk mussten wir und durchkämpfen, bis wir mal auf Nebenstraßen kamen.
Im kleinen Örtchen Rowayton war Farmers Market – da gibt es vielleicht auch etwas Leckeres zu esssen, dachten wir. Also stellten wir unsere Räder ab und schlenderten über die Wege und Wiesen. An einem Stand gab es Gebäck aber auch Herzhaftes; der Mann am Stand begrüßte uns mit Blick auf unser Radler-Outfit mit: „Hier gibt es die Kohlenhydrat-Auffülltherapie“. Wir nahmen ein Focaccia mit Pilzen und dazu noch einen Muffin und einen Scone. Kaffee gab es an einem anderen Stand. Offensichtlich kannte man sich – die Leute begrüßten sich und hielten ein Schwätzchen, Kinder spielten, und aus einer Box kam unaufdringlich Musik.
Der Mann, der anbot Messer zu schärfen fragte, was wir denn hier machen. Er hatte offensichtlich unsere Räder nicht gesehen, und mit der Sportbrille mit den Spiegeln dran, sehen wir wirklich etwas merkwürdig aus. Wir plauderten ein wenig über unsere Route und das Wetter, das auch heute wieder zu Wünschen übrig lässt. Er hätte gerne für uns Messer geschärft, aber die Messer, die geschärft werden müssten, sind in Potsdam.
Es war immer noch ordentlich kühl und es fing sogar an zu tröpfeln. Wir machten uns auf den Weg. Leider wurden weder das Wetter noch die Strecke besser … Zusäzlich zu etlichem Auf und Ab ging die Strecke des East Coast Greenway gar nicht richtig ins Grüne, nur wenige Male führte die Route an das Wasser.
Dann auch noch durch Stamford durch mit großen Kreuzungen, wo wir uns zum Teil in die Mittelspur zum Linksabbiegen einordnen mussten. Das ewige Halten und dann wieder Vorfahren und dann schnell über die Kreuzung war sehr kräftezehrend und stressig. Dann ereilte uns auch noch ein richtig fetter Schauer, so dass wir erstmal „bei der Kirche unterkrochen“ – wir stellten uns beim Gemeindehaus neben einer großen eingerüsteten Kirche unter, dort gab es sogar Bänke.
Ungeachtet des miesen Wetters werkelten etliche Bauarbeiter hoch auf dem Gerüst weiter und riefen sich Anweisungen auf Spanisch zu. Auch unterwegs waren etliche Gärtner, wohl auch Mexikaner, fleißig mit Rasenmähen und Landschaftspflege beschäftigt. Wenn all diese Menschen nicht (mehr) da wären, würde Amerika zuwuchern, die Kirchen würden bröckeln und es wäre vielleicht nichts mehr zu essen im Angebot … (Aber das ist ja nicht nur ein amerikanisches Problem).
Der Regen ließ nach, der Verkehr leider nicht. Die Route schlängelte sich jetzt um die Interstate 95 und die Eisenbahn herum, immer wieder mit Kreuzungen, Ampeln und Abzweigungen und vielen Autos. An einem Überweg hielten wir noch rechtzeitig für zwei Fußgänger an, auch wenn wir gerade den Schwung gebraucht hätten. Als wir ein paar hundert Meter weiter kurz auf einem Parkplatz unter der Autobahnbrücke hielten, damit ich die Batterien im GPS-Gerät wechseln konnte, kam die Fußgängerin im gelben Regenparka noch einmal über die Straße, entschuldigte sich dass sie vor uns noch schnell über die Straße sind und war begeistert: „Real Cyclists!“
Auch wenn es heute „nur“ 58 km waren – wir sind froh, dass wir jetzt im Hotel gelandet sind und diesen anstrengenden Abschnitt hinter uns gebracht haben.