New Bedford – Swansea (60,5 km)

Wenn die folgenden Zeilen etwas holprig wirken sollten, dann liegt das am wackligen Tischchen in unserer heutigen Unterkunft, der einzigen die passend in der Nähe unserer Route lag. Da kann man nicht sehr wählerisch sein. Aber der Reihe nach.

Nach dem üblichen Selbstbedienungsfrühstück mit Bagel, Cream Cheese und Jelly – alternativ süßklebrige Muffins – und Fruchtjoghurt und einem Mix aus Decaf und einem Schlückchen nicht koffeinfreiem Kaffee (letzterer war gerade leer) konnten wir zumindest erst einmal starten. D.h. nachdem ich unsere Räder aus dem Lagerraum im Untergeschoss hochgetragen hatte – der einzige Lift war überlastet. Es ging noch einmal die schöne Haupstraße hinunter Richtung Hafen, wo wir wieder auf der Route landeten. New Bedford ist auf jeden Fall ein schönes Städtchen mit Geschichte. 1830 – 1860 war die Stadt die bedeutendste Walfangstadt der Welt. Der Brauereiausschank „Moby Dick Brewery“ heißt nicht umsonst so; Herman Melville hat im gleichnamigen Roman die Häuser der reichen Geschäftsleute wie auch die Spelunken für die Besatzungen der „Whaler“ (Walfänger) eingehend beschrieben. Auch auf unserem Weg entlang am Hafen war die eine oder andere historische Information zu finden. Hier lief 1779 die USS Constitution vom Stapel, die heute in Boston vor Anker liegt. Ein altes Segelschiff ist aber auch hier zu sehen: die Ernestina Morissey, die zunächst als Fischereischiff und dann zwischen 1926 und 1946 für Zoos und Forschungsinstitute in der Arktis unterwegs war, bevor sie zwischen den Kapverden und den USA pendelte und Reisende wie Einwanderer ans Ziel brachte.

Unsere Route führte jetzt am Ufer entlang, erst ebenerdig, dann längere Zeit oben auf dem Hurrikan-Schutzdamm, dessen Bau nach dem heftigen Sturm von 1954 in Angriff genommen wurde.

Wie man sich heute die Kraft des Windes zunutze macht, davon zeugen die beeindruckenden Bauteile für Offshore Windanlagen, die uns schon gestern bei unserer Ankunft aufgefallen waren. Jetzt fuhren wir direkt vorbei auf dem Weg zur Landspitze Clark’s Point. Dann plötzlich ein keltisches Steinkreuz flankiert von der amerikanischen und der irischen Flagge. Diese Gedenkstätte erinnert nicht nur an den irischen Schutzheiligen St. Patrick, sondern auch an eine besonders heikle Mission des Walfangschiffs Catalpa, das 1878 in Australien 6 irische politische Gefangene rettete.

Eigentlich hätten sich tolle Fernsichten auf das Meer geboten, allein es herrschte Nebel, der uns schon seit dem Hotel feucht und kalt begleitete. An der Spitze der Halbinsel lag Fort Taber und der Leuchtturm von Clark’s Point, der erst 1869 auf dem Fort „landete“, seit 1797 gab es ihn in verschiedenen Ausführungen.

Trotz – oder gerade wegen (?) – des nebligen Wetters waren etliche Angler unterwegs, die irgenwied „im Trüben“ fischten. Jetzt ging es auf der Straße weiter. Eigentlich wäre bald Zeit für eine kurze Kaffeepause, aber im einzigen Lebensmittelladen an unserer Route in Westport gabe zwar Donuts und anderes Gebäck und Kaffee, aber leider keine Örtlichkeit für dringende Bedürfnisse. Dank der Westport Free Library konnten wir entspannt weiterfahren. Über und unter etlichen Spaghettikreuzungen entlang erreichten wir den Quequechan Rail Trail auf einer ehemaligen Eisenbahnstrecke. Der namengebende Fluss weitete sich zu einem See, der mit Teichrosen bedeckt war. Wir waren in Fall River angekommen und wollten in Richtung Taunton River. Irgendwie hatten wir aber den Abzweig verpasst und die geplante Route führte und wieder hoch in die Stadt. So sahen wir zufällig noch einige ältere Gebäude, bevor unseren Fehler korrigierten und auf den Heritage Park und den Battleship Cove zusteuerten, wo unterhalb der imposanten Autobahnbrücke einige Kriegsschiffe aus dem 2. Weltkrieg vor Anker lagen: u.a. die USS Massachusetts, ein U-Boot, der Zerstörer „Joseph P. Kennedy, Jr.“, benannt nach JFK’s ältestem Bruder, sowie Patrouillenboote und ein Landungsboot. Am Eingang fand gerade die Anmeldung zur „maritimen Übernachtung“ statt, wozu sich etliche Väter und Kinder mit Schlafsäcken und Taschen bepackt versammelt hatten. Unsere Kinder „mussten“ seinerzeit noch in der Bibliothek übernachten und nicht im Alteisen…

Inzwischen waren wir schon weit über unsere Mittagspause hinweg und so kehrten wir im Seafood-Restaurant The Cove ein. Da uns inzwischen die Sonne immer weider begleitet hatte, nahmen wir auf der Terasse mit Blick auf den Fluss und die Memorial Bridge Platz. Chowder, Hauptgericht und ein Dessert „to share“ mussten es jetzt schon sein. Zwischendurch tröpfelte es ein wenig, aber als wir den Sonnenschirm aufgespannt hatten, brach die Sonne durch – der Zauber hatte gewirkt!

Eine Bewährungsprobe hatten wir noch vor uns: Wir mussten noch einmal über eine große Brücke über den Taunton River. Aber hier gab es zum Glück einen gut abgetrennten Rad-/Fußweg.

Auf Straßen ging es jetzt bis Swansea – ein Schild kündigte den historischen Ortskern an. Bemerkenswert war ein großes Gebäude, das mich irgendwie an einen Mississippi-Dampfer erinnerte – und das Rathaus wie ein falsch zusammengebauter Lego-Bausatz einer alten Trutzburg…

Auf dem Teich war der Namensgeber anwesend …

An der Swansea-Mall mussten wir zumindest noch etwas für Abendbrot und Frühstück einkaufen, denn rund um unser Motel gab es nichts. Leider gab es nur einen Target-Supermarkt, der nur ein begrenztes Lebensmittelangebot hat, zumindest in Bezug auf Frischwaren.

Aber zumindest konnten wir Ananasstücke, Erdbeeren und Tomaten mitnehmen, bei Brot lief es dann auf einen 5er-Pack Bagel hinaus. Dazu noch Käse, Cream Cheese, eine Marmelade, O-Saft, Milch, ein Holunder-Tonic und natürlich Wasservorräte. Bei letzterem gab es viele künstlich mit Elektrolyten angereicherte Sorten, also dann doch zwei 1,5 l Flaschen mit Wasser von den Fiji-Inseln… Das Zusammensuchen hatte ganz schön gedauert, so waren wir nicht so früh am Motel wie erhofft. Das für uns reservierte Zimmer in der 1. Etage konnten wir doch noch tauschen, so konnten wir auch unsere Räder einfach aufs Zimmer nehmen. So schlafen also Stahlross und Reiterin und Reiter im gleichen Raum und erholen sich für morgen.