Redcar – Ravenscar
65 km
Heute waren wir ziemlich zeitig fertig und so „ritten“ wir schon kurz nach 09.00 Uhr auf der Küstenstraße in die Morgensonne. In der Ferne: eine mächtige Steilküste mit Bergen, die wir bald sehr intensiv kennenlernen sollten. Auf der Küstenstraße ging es schonmal bergauf, dann einen geschotterten Weg an Feldern entlang. In Saltburn-by-Sea waren wir schon wieder oben, so dass wir Blick auf die Pier hatten, die anders als die in Redcar überlebt hatte. Da wir auf unserer Route viel über Land fahren würden und nicht wussten, ob wir am Sonntag noch irgendwo etwas zu Essen bekommen würden, wollten wir erstmal Proviant für unterwegs einkaufen. In der Stadt war auf der gesperrten Hauptstraße Markt. Wir schoben unsere Räder und kauften süße und herzhafte Scones und zwei kleine herzhafte Tarts. Dann rollten wir wieder runter Richtung Radweg 1 – eine ganz steile Serpentine nur um festzustellen, dass wir auf der anderen Seite wieder hoch mussten. Aber nicht auf der Straße. Stattdessen ging es auf einem gemeinsamen Fuß-/Radweg steil den Berg hinauf. Der Weg war geschottert und irgendwann konnten wir nur noch schieben. (Nicht das letzte Mal!)
Auf unser gestern noch einmal durchgeplanten Route, die auch noch in großen Bögen im Hinterland auf anderen Radwegen entlangführte, waren auch etliche Ansteige verzeichnet und so beschlossen wir umzuschwenken und lieber küstennah auf dem Radweg 1 zu bleiben. Aber auch hier ging es immer wieder bergauf, wir kletterten auf über 170 Höhenmeter. Auch wenn uns die Route auf Nebenstraßen und separaten Wegen führte, gab es doch immer wieder böse Überraschungen: zerbröselter Asphalt, der dem Weg die Anmutung eines ausgetrockneten Gebirgsbachs verlieh, Schlammstrecken und – ach ja – Anstiege. Weite schönen Ausblicke über die Küstenlandschaft waren der Lohn für die Plackerei. Hinter dem auf dem Berg gelegenen Ort Loftus (der Name passt) ging es in Wellen und einer Schussfahrt hinab in den malerischen Ort Staithes, der zwischen zwei Bergrücken eingeklemmt ist und mit seinem gut geschützten kleinen Hafen wie ein Seeräubernest wirkt. Eine Felsenwand beherbergt ein ganze Brutkolonie Möven.
In Staithes war James Cook mit 17 Jahren als Assistent in einem kleinen Laden angestellt. Daher gibt es Einiges, was nach ihm benannt ist: Gassen, Pubs, Cafés und sogar ein kleines Museum. Wir gönnten uns ein leckeres Eis – als Motivator für den Aufstieg zurück. Bis hierher hatte uns der Radweg 1 begleitet, aber auf der Brücke verliert sich sowohl nach Karte als auch Ausschilderung jegliche Spur. Wir mussten uns ab jetzt unseren Weg selber suchen. In Whitby taucht die 1 dann plötzlich wieder auf, dort würden wir wieder auf die ursprünglich geplante Route zurückkehren. Auf Nebenstraßen würden wir Whitby kaum gut erreichen, nur auf Schlängelwegen, was ein ständiges Bergauf-Bergab bedeutet und die Strecke verlängert hätte. Also ging es eigentlich nur über die stark (und schnell!) befahrene Haupstraße nach Whitby. Und auch hier wieder ewige Anstiege – wir kletterten auf über 200 m. Und runter und hoch, zur Seite, zurück. Steil ging es nach Sandsend hinunter – hier stand Auto an Auto an der Straße und die Leute waren entweder spazierend unterwegs oder kamen vom, gingen zun oder tummelten sich am Strand.
Nach weiteren Anstiegen erreichten wir Whitby. Endlich konnten wir die Fernstraße verlassen und fuhren Richtung Stadtzentrum. In der Stadt wuselte das „Belagerungsvolk“, nicht Wikinger sondern Sonntagsausflügler und Touristen. Der Badeort und ehemalige Walfanghafen wirkte so überfüllt leider überhaupt nicht malerisch. Wir sahen zu, dass wir wegkamen, natürlich wieder hochkurbeln auf unserer Alternativroute auf der anderen Seite des Esk River, der in Whitby ins Meer mündet. Eigentlich hätten wir jetzt wieder auf die 1 treffen sollen – irgendwie hatten wir den Abzweig verpasst! Ein genauer Blick auf die Karte (Handy und GPS) zeigte uns des Rätsels Lösung: Die 1 führte über uns auf der ehemaligen Eisenbahnstrecke Cinder Trail (Ascheweg) entlang. Da wir anders aus Whitby herausgefahren waren, hatten wir die Auffahrt nicht nehmen können; also Fahrräder die Treppe hochbugsieren! Jetzt rollte es, auch wenn die Fahrbahn dem Streckennamen alle Ehre machte – wie eine Aschenbahn. Es gab auch lauschige Waldstücke und, als wir an die Küste kamen, tolle Ausblicke. Der Untergrund wurde allerdings auch immer schwieriger: grober Schotter, loser Splitt und holprige Strecke wechselten sich ab. Der Radweg steigt stetig an, Robin Hood’s Bay sahen wir nur von oben. Wir hatten noch ein paar Kilometer „draufgepackt“, damit die Etappen der nächsten zwei Tage nicht mehr so lang sind. Aber dieser „letzte Kilometer“ zu unserem unterwegs noch gebuchten Hotel forderten noch einmal alle Reserven, bis wir endlich unser Hotel Raven Hall erreichten. Anders als der Name vemuten ließe, empfing uns kein Schlossherr mit spitzer Nase, eingehüllt in einen schwarzen Federnumhang, sondern ich erhielt Schlüssel und Zahlencode für den Fahrradschuppen. Wir stellten die Fahrräder unter, schnappten unser Gepäck und machten uns in dem verwinkelten Hotel auf die Suche nach unserem Zimmer. Und wirklich Meerblick! So konnten wir auch noch einmal auf die beeindruckende Strecke zurückschauen.
Nach dem Abendessen noch schreiben, und jetzt ist Schluss für heute …