Lerwick (Ruhetag) – Kirkwall (Fähre)
Nach den gestrigen Strapazen ließen wir es heute ruhig angehen. Wir schliefen etwas länger und gingen dann gemütlich zum Frühstück. Ein Blick aus dem Fenster brachte ungläubiges Staunen, in der kleinen Bucht lag ein riesiges Kreuzfahrtschiff, dem, wie wir bald erfahren sollten, ein zweites folgte. Wir sahen fasziniert zu, wie kleinere Boote zwischen dem riesigen Monster und dem Ufer hin- und herpendelten. Es versprach voll zu werden in der kleinen Stadt. Nach dem Frühstück packten wir unsere inzwischen gut getrockneten Sachen zusammen. Netterweise konnten wir unsere Fahrradtaschen im Büro des Hotels und die Räder weiter an ihrem Platz lassen, während wir die Stadt erkundeten. Inzwischen war sogar die Sonne herausgekommen und alles sah noch viel schöner aus. Wir gingen zuerst zum Fort Charlotte, einer während des zweiten Kriegs gegen die Holländer 1666 gebauten Festung. Von der Kanonenplattform bot sich ein toller Ausblick auf den Hafen und die Bucht, leider etwas getrübt durch die riesigen Kreuzfahrtschiffe. Im Gegensatz zu gestern konnten wir auch den Leuchtturm und die umliegenden Hügel gut sehen. Unser nächstes Ziel war das Shetland Museum. Eigentlich sollte man den Sonnenschein ja ausnutzen und lieber draußen bleiben, aber es war unsere letzte Möglichkeit uns noch etwas mehr mit dem Leben und der Geschichte der Shetlands vertraut zu machen. Das Museum lohnt wirklich einen Besuch. Es ist sogar kostenlos, wobei eine Spende sehr gern gesehen ist. Neben einer kleinen Galerie, in der lokale Künstler ihre Werke präsentieren können, reichte das Spektrum von der geologischen Entwicklung, über erste Besiedlungen der Eisenzeit, die Pikten, Wikinger bis zum heutigen Leben. Auch die zunehmende strategische Bedeutung der Shetlands in Zeiten von Kriegen, von den „press gangs“ für die Marine im Kampf gegen Napoleon bis hin zum zweiten Weltkrieg werden thematisiert. Neu für uns war, dass einige Orte der Hanse intensiv Handel mit den Shetlands trieben; der Handel mit den deutschen Kaufleuten kam erst 1700 zum Erliegen. Im Museum wir viel über das Leben der einfachen Leute berichtet, von denen manche ihr Glück im Süden oder Übersee suchten und manchmal auch fanden. Das Leben der Oberschicht unterschied sich kaum von dem in anderen Teilen des Königreichs, nur das sie ihre Luxusgüter nicht einfach kaufen, sondern erst mit der Fähre anliefern lassen mussten. Ein paar Vitrinen sind der Wollverarbeitung und besonders dem Stricken gewidmet mit tollen Exponaten, die von feinen Spitzentüchern bis hin zu dicken Pullovern reichten. Für die Erschließung der Ölvorräte in der Nordsee spielten die Shetlands eine große Rolle. In Sullum Voe wurde ein Ölhafen errichtet. Dank geschickter Verhandlungen profitierten die Shetlands gut von der Ölförderung. Für jedes Barrel ging ein kleiner Prozentsatz an die Inseln mit dem kommunale Projekte gefördert wurden. Auch der Einzug moderner Technik, Sport und Bildung und natürlich die Fischerei wurden thematisiert. Alles in allem erhält man einen sehr umfassenden Einblick. Wir hätten auch wesentlich mehr als nur zwei Stunden hier verbringen können, aber wir wollten doch noch etwas von der Stadt sehen und das schöne Wetter genießen.
Als wir gestern in die Stadt hineinfuhren, waren wir am Broch of Clickmin vorbeigekommen, einer sehr beeindruckenden Anlage aus der Bronzezeit. Diese wollten wir uns auf jeden Fall noch ansehen. Dafür lohnte sich der ca. 1,5 km lange Spaziergang. Die kreisrunde Anlage war sehr gut erhalten, man konnte sogar in den Innenraum hinein, auch wenn man dafür fast auf allen vieren gehen musste, weil der Eingang so niedrig war. So richtig klar sind sich die Experten nicht, wofür diese Anlage genutzt wurde. Man könnte im Innenraum Verhandlungen oder rituelle Handlungen durchgeführt haben. Der Rückweg zur Stadt führte über einen gut ausgebauten Weg direkt am Wasser entlang, das heute in allen erdenklichen Blautönen schimmerte.
Nach dieser Wanderung hatten wir uns eine heiße Schokolade und ein Stückchen Kuchen wohlverdient. Dann bummelten wir noch etwas durch die Stadt, ein Besuch im Bookshop durfte nicht fehlen. Gegen halb vier holten wir unsere Sachen aus dem Hotel und fuhren zur Fähre.
Die Sonne hatte sich inzwischen wieder hinter den Wolken versteckt und der böige Wind sorgte dafür, dass die Überfahrt diesmal nicht so ruhig verlief. Wir hatten uns für die sechsstündige Überfahrt zwei Sessel reserviert und konnten so die Zeit für ein Nickerchen und die Chronistenpflichten nutzen. Und auch diesmal aßen wir hier ein ganz leckeres Abendbrot. Auch der etwas unruhigere Seegang konnte uns den Appetit nicht verderben. Von unseren gemütlichen Sitzen blicken wir auf die wogende See und inzwischen hat sich am Horizont ein kleiner Spalt aufgetan, durch den ein wenig Blau und die Sonne hervorschimmern. Bis zur Ankunft in Kirkwall sind es noch zwei Stunden, der Weg vom Fährhafen zum Hotel ist aber kurz.