DSCN1670

Bild 1 von 1

Aberdeen – Newcastle

Heute stand uns wieder das Abenteuer Zugfahrt bevor. Vom Hotel Douglas bis zum Union Square und dem Bahnhof waren es nur einige hundert Meter, und da der Verkehr auf der Market Street sehr dicht war, schoben wir unsere Räder lieber bequem die kurze Strecke.

Wir hatten noch reichlich Zeit, zumal das Gleis für unseren Zug Richtung London über Newcastle auch noch nicht angezeigt wurde. Als es dann soweit war, mussten wir feststellen dass unserer Sitzplätze im Wagen G ganz am Anfang und das Fahrrad- und Gepäckabteil am Ende des Zuges lagen. Der freundliche Zugbegleiter nahm uns diesmal sogar die Räder ab, so dass wir sie nicht selbst in die Fahrradaufhängung im Gepäckabteil bugsieren mussten. Und wir konnten auch noch einige Taschen dalassen, damit wir in Newcastle nicht so viel zu schleppen haben und schnell zu unseren Fahrrädern kommen. Der Zug war gut ausgebucht und so zerschlug sich unsere Hoffnung doch noch in der Nähe unserer Räder einen Platz zu ergattern. Bei sonnigem Wetter bot die Zugfahrt wieder spektakuläre Ausblicke, so dass wir uns ausgiebig von der schottischen Küste verabschieden und ein mögliches Wiedersehen planen konnten.Wir fuhren über die lange Eisenbahnbrücke in Dundee und natürlich über die berühmte rote Forth Bridge bei Edinburgh. Auf Höhe Berwick on Tweed passierten wir die schottisch-englische Grenze und bald näherte sich Newcastle. Da der Zug dort nur einen kurzen Aufenthalt hatte, schlängelten wir uns mit den restlichen Fahrradtaschen bis zum Wagen B vor und mussten nun nicht über den ganzen Bahnsteig rennen, um unsere Fahrräder zu holen. Unser schon lange vor Urlaubsbeginn gebuchtes Hotel lag auf der Quayside am Fluss Tyne unterhalb des Bahnhofs, so dass wir auch hier nur einen kurzen Weg hatten. Wir konnten unsere Räder mitsamt dem für Newcastle nicht benötigten Gepäck im Büro hinter der Rezeption deponieren, machten uns kurz ein wenig „stadtfein“ und genossen den sonnigen Nachmittag. Da wir keine Lust auf das recht überschaubare Newcasle Castle hatten, entschlossen wir uns spontan zu einem Besuch der Laing Art Gallery (Eintritt frei, Spenden erwünscht) und stießen auf eine recht interessante Sonderausstellung mit Aquarellen aus der Zeit des 1. und 2. Weltkrieges und der Zwischenkriegszeit. Ein Teil zeigte Werke von Künstlern, die als offizielle „Kriegskünstler“, also eine Art Kriegsreporter, tätig waren und die Anstrengungen an der „Home Front“ und auch Szenen aus dem Truppenalltag zeigten. Aber auch inoffizielle Gesichter des Krieges wurden gezeigt. Ebenso gezeigt wurden Werke der (linken) Artists International Association, die sich dem Ziel verschrieben hatte, Kunst in das Leben der einfachen Menschen zu bringen – über die sogenannten Everyman Prints, die oft direkt von der Presse der Künstler stammten und nicht über den elitären Kunsthandel, sondern in Kaufhäuser und einfachen Läden zu erschwinglichen Preisen zu haben waren.

Die Laing-Galerie verfügt über einen auserlesenen Fundus an englischer, vor allem nordenglischer, Kunst mit Werken von Gainsborough, einigen Prärafaeliten sowie des romantischen Malers John Martin, der aus Northumberland stammt. Sein Gemälde „Die Zerstörung von Sodom und Gomorrha“ ist in einer Nische mit eindrucksvollen Licht und Geräuscheffekten ausgestellt und wirkt daher noch bedrohlicher.

Ralph Henley dagegen hat seine Tyne-Region mit dem Leben der einfachen Leute wie Segeltuchmacher und Bergarbeiter dargestellt.

Eindrucksvoll sind auch die Stadtansichten von Newcastle von der mittelalterlichen Brücke bis zum Bau der Stahlgerüst-Brücke über den Tyne. Eigentlich gab es noch viel mehr zu sehen, wir hatten die Zeit bis zur Schließzeit der Galerie gut ausgenutzt. Jetzt hätten wir nichts gegen einen Kaffee und ein Stückchen Kuchen einzuwenden gehabt, aber an den kleinen Tischchen in der Sonne vor den zahlreichen Lokalitäten in der Innenstadt tranken die Leute nur Bier. So blieb uns nur ein Plätzchen vor Prét à Manger, die auch Kaffee und etwas Kuchen im Angebot haben. Ein Abstecher zu Waterstones war natürlich mit Zuwachs für unsere Bibliothek verbunden. Dann ließen wir uns noch ein wenig treiben, bevor wir ins Hotel zum Abendessen zurückkehrten. Im dortigen Restaurant fand gerade ein Schulabschlussball statt und so war an der Bar ordentlich Betrieb. Morgen erwartete uns nur eine kurze Radetappe bis zum Fährhafen, so dass wir nicht zu früh los mussten.