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Kirkwall – Gill

49,83 km

Gut, dass wir ein so vorzügliches Frühstück genossen hatten, denn um Kirkwall Richtung Süden zu verlassen, musste man erstmal ordentlich bergan fahren und dass bei leichtem Regen und Wind direkt von vorn. Ich glaube ja, die Inseln hier im Norden wollen nicht, dass wir sie verlassen, darum lassen sie uns den Wind entgegen blasen, wenn wir weiter wollen. Wir kamen am Flughafen von Kirkwall vorbei (ebenso klein und niedlich wie der auf den Shetlands) und fuhren quer durch East Mainland. Der Regen hörte auf und immer öfter kam mal die Sonne durch, auch wenn der Wind nicht nachließ. Aber lieber bei Sonne gegen den Wind fahren als bei Regen.

Um von East Mainland nach Burray und weiter nach South Ronaldsay zu kommen, muss man über die vier Churchill-Barrieren fahren. Diese wurden während des II. Weltkriegs angelegt, um Scapa Flow, den Hafen der britischen Seekriegsflotte vor eindringenden feindlichen U-Booten zu schützen. Bereits während des 1. Weltkriegs hatte man hier Blockadeschiffe versenkt, doch diese waren inzwischen zum Teil zerstört oder auch weggetrieben worden. 1939 drang ein deutsches U-Boot nach Scapa Flow ein und versenkte die HMS Royal Oak durch Torpedobeschuss. Über 800 britische Seeleute verloren ihr Leben. Das Wrack des Schiffes am Grunde von Scapa Flow wurde offiziell zum Seemannsgrab erklärt und jedes Jahr wechseln in einer Gedenkzeremonie Taucher der Royal Navy die weiße Fahne am Bug aus. Als Churchill, damals noch Marineminister, hierher kam, um die Verteidigungsanlagen zu besichtigen, bestand er darauf, Scapa Flow abzuriegeln. So wurden innerhalb von vier Jahren in enormer Anstrengung die vier Barrieren errichtet. Dafür musste nicht nur Material für die Barrieren herbeigeschafft werden, sonder auch entsprechende Infrastruktur (von Straßen und Schienen für den Transport der Materialienbis hin zu Trinkwasser und Unterkünften für die Arbeiter) geschaffen werden. Obwohl der Bau der Barrieren oberste Priorität hatte, gab es bei weitem nicht genug Arbeitskräfte. Schließlich wurden italienische Kriegsgefangene, die man in Tobruk und Benghasi gefangen genommen hatte, nach Orkney gebracht, um an den Barrieren zu arbeiten.

Das Leben im Kriegsgefangenenlager 60 war sicher nicht einfach. Zur spirituellen Erbauung, wurde den Gefangenen gestattet, sich mit den wenigen Materialien, die sie finden konnten, eine Kapelle zu bauen. Diese steht heute noch und dient auch als Mahnung und zum Gedenken an die Kriegsgefangenen. Unter ihnen gab es einige ausgezeichnete Handwerker und so entstand ein Gebäude von beeindruckender Schönheit. Die Wände sind so bemalt, dass man den Eindruck erhält als wären sie aus Sandstein. Der Initiator der Kapelle war nach dem Krieg noch mehrmals hier und brachte Spenden italienischer Bürger in Form von Kreuzen und Holztafeln mit. Inzwischen hat seine Tochter den Vorsitz über den Verein zur Erhalt der Kapelle. Nach dieser beeindruckend-bedrückenden Erfahrung ging es weiter Richtung Süden über die drei weiteren Churchill-Barrieren, für die übrigens insgesamt über 1 Million Kubikmeter Baumaterial verwendet wurde.

Für uns ging es weiter bergauf und bergab, mit herrlichen Ausblicken auf Scapa Flow und die Inseln, zum Teil mit beeindruckenden Steilküsten. In St. Margarete’s Hope, dem Hauptort der Insel South Ronaldsay, fanden wir ein nettes Restaurant für ein leichtes Mittagessen. Nun waren es nur noch 11 km bis zur Fähre, doch trotzdem ereilte uns noch ein kurzer Regenschauer.

An der Fähre angekommen, gingen wir erstmal in den Warteraum, um die Zeit zum Schreiben zu nutzen. Schließlich waren es noch zweieinhalb Stunden bis zur Abfahrt der Fähre. Einem kräftigen Schauer konnten wir so entgehen. Danach schien wieder die Sonne und wir erkundeten ein wenig die Gegend, denn hier begann ein Küstenwanderweg entlang der Steilküste. Wir stiegen hinauf und sahen die Felsen, in deren Nischen zahlreiche Seevögel brüteten. Leider waren die hier auch lebenden Robben gerade nicht zu Hause.

Obwohl die Fähre schon ziemlich zeitig da war, konnten wir erst eine halbe Stunde vor Abfahrt einsteigen. Wir mussten unsere Sachen von den Rädern nehmen, da die Räder die Leiter hoch auf das Oberdeck gebracht werden mussten, denn dort würden wir auch wieder aussteigen. Außer uns fuhren noch zwei Busladungen Touristen mit der Fähre, die offensichtlich die Orkneytour gemacht hatten. Wir haben die Busse mit den Werbeaufschriften an den vergangenen beiden Tag oft gesehen. Die Überfahrt war zwar etwas unruhig, aber nach reichlich 40 Minuten erreichten wir John o’Groats, den nördlichsten Ort von Festlandschottland. Heute ist es ein Touristenort mit zahlreichen Souveniergeschäften. Außerdem ist es der Endpunkt des Wanderwegs von Lands End (Cornwall). Wir fuhren von hier aus weiter auf dem Radweg zu unserem Quartier, dem Burnside Cottage bei

Gill. Es waren zwar nur knapp 10 km, aber auch diesmal mussten wir wieder gegen Wind kämpfen und 10 Minuten vor dem Ziel wurden wir nochmal richtig nass geregnet bevor die Sonne wieder rauskam. Unsere Unterkunft ist sehr hübsch und wir bekamen sogar noch etwas Leckeres zu essen: Suppe, Spaghetti und zum Nachtisch Kuchen.